Abstandstempomaten im Test Bitte Abstand halten

Abstandstempmat Foto: Hans-Dieter Seufert 16 Bilder

Vorausschauende Tempomaten sollten zur Standardausrüstung des Firmenwagens gehören. Wie gut sie funktionieren, haben wir in fünf Mittelklasse-Modellen getestet.

Adaptive Tempomaten machen den Fahrer zwar nicht überflüssig, sie sollen ihn jedoch entlasten. Radarsensoren an der Front messen Geschwindigkeit und Abstand des Vordermanns und passen das eigene Tempo daran an. Schon deshalb sollten Flottenmanager Ab­stands­tempo­ma­ten genauso wie andere Fahr­assis­tenz­systeme standardmäßig bei neuen Firmenwagen mitbestellen.

Bei allen getesteten Systemen kommt noch eine Kamera ins Spiel, die nach Fahrbahn-markierungen Ausschau hält und das Auto mit Lenkeingriffen in der Spur hält. Einige der elektronischen Helfer orientieren sich für die Spurführung auch am Vordermann, was das Folgefahren selbst bei schlecht erkennbaren Fahrbahnmarkierungen ermöglicht.

Allerdings reicht die Lenkunterstützung bisher nur für weite Kurvenradien, weshalb die Hände immer am Lenkrad bleiben müssen. Dies ist auch rechtlich vorgeschrieben: Der Mensch trägt die volle Verantwortung. Lässt er das Lenkrad für ein paar Sekunden los, ermahnt ihn das System und schaltet sich kurz danach ab.

Hinsichtlich Entwicklungsstand und Funktionsumfang unter­scheiden sich die getesteten Assistenten und machen so den Fortschritt erkennbar. Während einfache Systeme besonders zaghaft lenken oder sich nur in bestimmten Verkehrssitua­tionen aktivieren lassen (Stau, Autobahn), nehmen aktuelle Assistenten dem Fahrer schon häufig Arbeit ab.
Doch wie gut funktionieren die derzeit angebotenen Systeme? Arbeiten sie zuverlässig und entlasten sie den Fahrer wirklich? Um dies herauszufinden, haben wir uns fünf Autos der Kompakt- und Mittelklasse herausgegriffen, die auch als Geschäftswagen häufig eingesetzt werden. Sie verfügen über unterschiedlich komplexe Systeme. Da sie in einer anderen Preisklasse spielen, wurden luxuriöse Assistenz-Profis wie die Mercedes E-Klasse oder der BMW 7er nicht berücksichtigt.

Audi A4

Der A4 bietet den größten Funktionsumfang aller Kandidaten im Test: So versorgt das Navigationssystem den Tempomaten mit Topografiedaten, damit er beispielsweise vor Kurven oder Kreuzungen selbstständig das Tempo drosseln kann. Zudem übernimmt das ACC Tempolimits aus den Kartendaten und der kameraba­sierten Schildererkennung. Die funktioniert jedoch nicht immer zuverlässig: Regelmäßig reagiert der A4 auf durchgestrichene Tempolimit-Schilder oder solche, die für eine ­benachbarte Spur bestimmt sind. Darüber hinaus orientiert sich sein Spurhalter teils zu stark am Vordermann und ignoriert die Fahrbahnmarkierungen. Insgesamt durchfährt der Audi Kurven angenehm gemütlich und legt damit einen entspannten Fahrstil an den Tag. Auch in der Stadt glänzt der A4 mit einer ruckarmen, harmonischen Fahrweise und reagiert vergleichsweise häufig auf stehende Autos, hinter denen er selbstständig abbremst. Ebenfalls positiv: Die ganze Systemintelligenz ist im Assistenz­paket Tour für 1.378 Euro enthalten.

BMW X1

Der X1 kam Ende 2015 auf den Markt, ist also das jüngste der getesteten Modelle. Den Fortschritt ist in Form einer deutlichen Entlastung spürbar, wenn auch nur im unteren Geschwindigkeitsbereich. So übernimmt das ACC (Adap­tive Cruise Control) die Abstands- und Tempo­regelung nur bis 140 km/h, die aktive Spurführung funktioniert gar nur im Stau auf ­Autobahnen und Schnellstraßen bis 60 km/h. Bei höherem Tempo vibriert es beim Überfahren von Straßen­mar­kierungen lediglich im Lenkrad.

Wer sich aber durch den Stop-and-go-Verkehr quält, wird es dennoch schätzen, dass sich sein X1 an den Vordermann heftet und mitschwimmt. Rein rechtlich muss der Fahrer die Kontrolle wahren, dank des kapazitiven Berührungssensors genügt es jedoch, eine Hand locker am Lenkrad zu lassen.

Angesichts dessen ist es schade, dass das System nur auf Autobahnen und Schnellstraßen funktioniert. Zudem sollte sich der Fahrer nicht zu sehr auf die Hilfe seines 1.176 Euro teuren Assistenten verlassen: Knapp vor dem Fahrzeug einscherende Spur­wechsler werden oft sehr spät erkannt. Zudem überholt der BMW langsamere Autos, die auf der linken Spur fahren.

Mercedes C-Klasse

Das Fahrassistent-Paket unter anderem mit Abstandstempomat, Totwinkelwarner, Spurhaltehelfer sowie Lenk-Assistent kostet für die C-Klasse 2.100 Euro. Die Dis­tro­nic bremst äußerst komfortabel bis zum Stillstand, darüber hinaus wirken die Lenkeingriffe sehr harmonisch. Vorteil des Mercedes: Er erkennt auf der Autobahn Fahrzeuge, die auf der linken Spur langsamer unterwegs sind, und überholt sie nicht rechts.

Daher entlastet auch der Mercedes seinen Fahrer spürbar, wenngleich die Technik nicht allen Situationen gewachsen ist: Wie bei den meisten Mitbewerbern versagt das Radar hin und wieder bei der Annäherung an stehende Fahrzeuge, auch beim knappen Einscheren anderer Verkehrsteilnehmer muss der Fahrer stets auf der Hut sein. Darüber hinaus erfordert die Bedienung etwas Eingewöhnungszeit, da der Tempomathebel versteckt hinter dem Lenkrad sitzt

FA Testergebnis

Volvo V60

Bei seinem Debüt im Jahre 2010 gehörten die Fahrhilfen des V60 zum Modernsten, was der Markt zu bieten hatte. In Sachen Abstandsregelung kann das im Fah­rer­assis­tenz-Paket für 1.806  Euro angebotene System immer noch gut mithalten: So überzeugt der Radar-Tempomat mit seinen feinen, ruckfreien Regeleingriffen und einer Bremsfunktion, die den V60 bis zum Stillstand verzögert. Geht es innerhalb von drei Sekunden weiter, fährt der Volvo automatisch los, bei längeren Stopps genügt es, das Gaspedal kurz anzutippen. Ebenfalls positiv: die logische Bedienung über große, verwechslungssichere Tasten auf dem Lenkrad sowie die Anzeigen auf dem Digitaltacho.

Wie stark die Entwicklung in den letzten Jahren fortgeschritten ist, wird dann jedoch beim Spurhalter spürbar, der viel zu sanft ins Lenkrad greift und es nur selten schafft, den Wagen in der Spur zu halten. Zudem funktioniert die Lenkhilfe nur zwischen 65 und 200 km/h und ist damit ausgerechnet im Stau keine Hilfe. Wie bei anderen Fahrzeugen auch, reagierte das Abstandsradar auf stehende Autos oft überhaupt nicht, weshalb sich die Entlastung des Fahrers unter dem Strich in Grenzen hielt.

VW Passat

Auch der Passat begeistert mit seiner hohen Regelgüte. So kann der Beifahrer oft nicht einmal sagen, ob Mensch oder Maschine das Tempo bestimmt. Das ACC hält bis 210 km/h den Abstand zum Vordermann und kostet im jetzt beginnenden Modelljahr 2017 nur noch 378  statt 815 Euro. Wer in den Genuss des Spurhalters kommen möchte, muss diesen in einem 958 ­Euro teuren Paket hinzuordern. Dennoch eine gute Wahl, denn auch die Spurführung überzeugt, indem sie den Passat meist souverän und mittig auf der Bahn hält und sich sowohl in der Stadt als auch außerorts aktivieren lässt. Ebenfalls prima: Je nach Fahrmodus (Comfort beziehungsweise Sport) fallen die Eingriffe sanfter oder stärker aus.

Doch auch der Passat sorgt hin und wieder für Adrenalinschübe. So reicht die Bremswirkung bei hohem Autobahntempo nicht immer aus, wenn der Vordermann stark verzögert. In solchen Fällen wird der Fahrer per Warnmeldung zum Eingreifen aufgefordert. Und obwohl der VW einscherende Autos oft noch rechtzeitig erkannte, musste der Fahrer hin und wieder selbst bremsen

So haben wir getestet - Stadt und Autobahn

Die Assistenzsysteme der Mittelklasse wurden mehrere Tage in der Stadt sowie auf Autobahnen getestet. Und zwar zu unterschiedlichen Zeiten, um verschiedene Verkehrsbedingungen bis hin zum Stau mitzuerleben. Dabei protokollierte der Beifahrer das Verhalten der Sensorik, etwa wie zuverlässig die Spur gehalten oder wie vorausschauend gebremst und beschleunigt wurde. Das Testergebnis setzt sich aus dem Funktions­umfang, der Bedienung und der subjektiven Bewertung der Regelgüte zusammen.