Alternative Treibstoffe Mit Erdgas aus der CO2-Falle

VW Touran Foto: Hardy Mutschler

Die Energiefrage treibt die Fahrzeugindustrie um. Wie sind wir in 40 Jahren unterwegs, wenn Autos nur noch 20 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen dürfen? Die meisten Hersteller dürften dies mit "elektrisch" beantworten. Doch nicht alle beschreiten den gleichen Weg zur klimafreundlichen Mobilität. Der VW-Konzern etwa setzt kurz- und mittelfristig verstärkt auf Erdgas als sauberen Kraftstoff. "Die Speichertechniken von Erdgas und von Wasserstoff in elektrisch betriebenen Brennstoffzellenautos ähneln sich, man kann bei der Entwicklung Synergien nutzen", sagt Gasspeicher-Spezialist Dr. Jens Arik Almkermann. "Deshalb ist die Technologie so wichtig für uns. Außerdem haben Ottomotoren mit CNG-Antrieb ein riesiges Potenzial, den CO2-Ausstoß schnell und effektiv zu senken."

900 Erdgastankstellen in Deutschland

Dabei war es in letzter Zeit stiller geworden um CNG. Man kann darüber streiten, ob gut 900 Erdgas-Tankkarten genügen, um Deutschland flächendeckend zu versorgen. Trotzdem soll 2013 das Jahr des Erdgasautos werden. Mercedes und Fiat bringen neue Modelle, vor allem aber der VW-Konzern startet eine Produktoffen­sive. Den Beginn macht der gasbetriebene VW Up, im Sommer folgt der Golf. Selbst Seat, Skoda und Audi wollen mit Gas Gas geben. 

Die Ingolstädter wollen sogar eigenes Gas produzieren. In Werlte im Emsland baut Audi die weltweit erste industrielle Anlage, die aus CO2 und Strom synthetisches Methan herstellt. Was so einfach klingt, könnte eine kleine Revolution auf dem Energiemarkt auslösen, denn die Anlage nutzt dafür saubere Windenergie. 

Daran mangelt es im Norden Deutschlands nicht. Im Gegenteil, häufig stehen die riesigen Rotoren still, weil der Strom gerade nicht benötigt wird oder die Netze ihn nicht aufnehmen können. Kritiker führen zwar an, dass bei der Gewinnung von sogenanntem Windgas 50 Prozent der Energie verloren geht. Doch der Wind weht, ob man ihn nun nutzt oder nicht. 

Die Erdgasreserven reichen, um Deutschland zwei Monate lang zu versorgen

In großen Mengen hergestellt, könnte Windgas theoretisch gar die Versorgung Deutschlands mit grüner Energie gewährleisten. Denn das Gas ließe sich im bestehenden, 440.000 Kilometer langen Erdgasnetz und seinen riesigen Kavernen lagern. Das gebunkerte Gas hätte eine Kapazität von 220 Terrawattstunden (TWh). Genug, um Deutschland zwei Monate lang mit Energie zu versorgen. 

Zum Vergleich: Müsste Deutschland auf die Energie sämtlicher Pumpspeicher und Batterien zurückgreifen, gingen spätestens nach einer Stunde die Lichter aus. Auch die Idee vom Elektroauto als Stromzwischenspeicher bleibt nur eine Utopie. Selbst 45 Millionen Stromer wären nur für 0,45 TWh oder den Strombedarf von sechs Stunden gut.

Das in Werlte benötigte CO2 fällt in einer benachbarten Biogasanlage als Abfallprodukt an. Anstatt einfach die Atmosphäre zu belasten, verbindet es sich beim Nachbarn Audi klimaneutral mit Wasserstoff zu Methan. 1.000 Tonnen Methan will Audi pro Jahr produzieren und dabei 2.800 Tonnen CO2 binden. Den Job müsste sonst die Natur übernehmen. 224.000 Buchen beispielsweise wären dafür nötig. 

Audi-Kunden sollen mit dem A3 klimaneutral fahren können

Mit dem Gas könnten 1.500 des ab Ende 2013 erhältlichen Audi A3 Sportback TCNG je 15.000 Kilometer weit klimaneutral fahren. Denn Audi speist das synthetische Gas ins öffentliche Netz ein. In der Praxis funktioniert das wie beim Strom: Wer Ökostrom bucht, bekommt ihn auch nicht unbedingt an die Steckdose geliefert. Umsonst sollen die A3-Käufer ihr grünes Gewissen nicht bekommen. Sie müssen sich über eine Prepaid-Karte beim Tanken an den Kosten beteiligen. 

Vorerst will Audi den bei der Elektrolyse entstehenden Wasserstoff nur für die Methan-Gewinnung verwenden. Langfristig könnte die Anlage aber dreigleisig laufen. Sobald der Markt reif ist, soll Wasserstoff in eine H2-Infrastruktur für Brennstoffzellenautos von Audi fließen. Parallel könnte Werlte auch Strom für die E-Tron-Modelle der Marke produzieren.

Vorerst aber bleibt es bei Windgas. Denn damit lässt sich die CO2-Bilanz von Erdgasautos weiter verbessern. Zwar stößt ein CNG-Auto mit konventionellem Erdgas 24 Prozent weniger CO2 aus als im Benzinbetrieb. Doch auch die Erdgasreserven sind endlich. Weltweit lagern schätzungsweise 525.000 Milliarden m3 im Boden, jährlich werden 3.000 Milliarden m3 gefördert. Tendenz steigend, denn Länder wie Indien und China sind riesige Wachstumsmärkte für Gasfahrzeuge. Auch die dortigen Regierungen wissen, dass Benziner und Diesel langfristig in eine Sackgasse fahren.

Schon seit einiger Zeit mischen die Gasversorger natürlichem CNG Biomethan bei, das aus pflanzlichen Reststoffen industriell hergestellt wird. 20 Prozent Ökogasanteil verbessern die Emissionsbilanz eines Erdgasautos gegenüber dem Benziner auf 39 Prozent. An 119 Tankstellen in Deutschland können Autofahrer sogar reines Biomethan tanken. Im Vergleich zum Benziner sinkt dann der CO2-Ausstoß um 80 Prozent.

Mit Erdgasautos könnten Flottenbetreiber also bereits heute einfach und schnell die Energiebilanz des Fuhrparks dramatisch verbessern. Wenn sie denn wollten. Besser gesagt: ihre Fahrer. Nur wer die ins Boot holt und überzeugt, führt CNG-Autos erfolgreich im Unternehmen ein.