Arbeitsweg Die Gefahr lauert unterwegs

Man with car breakdown erecting warning triangle Foto: Fotolia

Betriebliches Risikomanagement sollte auch den Arbeitsweg miteinbeziehen. Dafür machen sich die Verkehrssicherheitsorganisationen stark.

Jeder Fuhrparkmanager hat das Risiko seiner Mitarbeiter bei beruflichen Fahrten im Blick. Viel zu wenig Beachtung finden allerdings die Gefahren, die auch der Arbeitsweg der Mitarbeiter mit sich bringt. Immerhin legt laut Deutschem Verkehrssicherheitsrat (DVR) rund ein Viertel der 40 Millionen Erwerbstätigen in Deutschland täglich einen Arbeitsweg von mehr als 20 Kilometern zurück, knapp ein Fünftel sogar mehr als 50 Kilometer.

"Entsprechende Risikomaßnahmen sind nicht der auschlaggebende Kostenfaktor. Es sind die Unfälle und deren Folge, die Kosten verursachen", sagt Antonio Avenoso, Präsident der europäischen Organisation ETSC (European Transport Safety Council). Das ETSC-Projekt Praise (Preventing Road Accidents and Injuries for the Safety of Employees) untersucht vor allem die Sicherheits­aspekte auf dem Weg zur Arbeit und bei Autofahrten während der Arbeitszeit.

Die Zahl der Wegeunfälle ist 2015 um 2,2 Prozent gestiegen. Nach vorläufigen Ergebnissen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) ereigneten sich im vergangenen Jahr 178.009 Wegeunfälle. Der Anstieg entspricht dem allgemeinen Trend der Statistik: 2015 ist die Zahl der Unfälle insgesamt um 4,2 Prozent gestiegen. Auch in anderen Ländern sind Wegeunfälle ein Thema.

Risiko steigt auf dem Arbeitsweg

Laut Deirdre Sinnott, Senior Policy Inspector der irischen Gesundheits- und
Sicherheitsbehörde HSA, haben in Irland rund ein Drittel aller Straßenverkehrsunfälle mit Fahrzeugen einen Arbeits­bezug: entweder weil Fahren Teil der Arbeit ist oder die Fahrer auf dem Weg zur Arbeit sind. Diese hätten im Rahmen einer Studie im Vergleich zu anderen Fahrern öfter angegeben, auch das Tempolimit zu überschreiten sowie manipulativ zu fahren. Manipulativ fahren heißt: Sie bedrängen mit ihrem Fahrstil andere
Verkehrsteilnehmer.

Dementsprechend seien diese Fahrer häufiger an Beinahe-Unfällen und an tatsächlichen Kollisionen beteiligt. Um den Arbeitsweg sicherer zu machen, plädiert Sinoot für sogenannte sichere Arbeitssysteme und hat ein paar Tipps zum Fahren parat. Um das Risiko zu minimieren, lohnt zuerst ein Blick auf die Unfall­ursachen: Nach Angaben von Jacqueline Lacroix, Referatsleiterin Europa beim Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR), sind die Hauptursachen bei Straßenverkehrsunfällen im betrieblichen Kontext Übermüdung, Alkohol-, Drogen- oder Medikamenteneinnahme sowie nicht ­angepasste Geschwindigkeit. "Verstärkende Faktoren der Arbeitswelt be­einflussen das Unfallrisiko zudem", sagt Lacroix. Das wären zum Beispiel Zeitdruck, Stress und Ablenkung.

Ein Onlinetool soll Unfälle verhindern

Wissenschaftler der Friedrich-Schiller-Universität Jena haben mit dem DVR ein Onlinetool entwickelt, das sich "Gefährdungsbeurteilung und Risikobewertung organisationaler Mobilität" (Gurom) nennt und Unfälle auf Arbeitswegen sowie dienstlichen und betrieblichen Wegen verhindern soll. Dabei werden mithilfe eines Online-Fragebogens relevante Gefährdungsbereiche ermittelt und analysiert. Für jede teilnehmende Person werden dann individuelle Gefährdungsprofile erstellt, ein Unternehmensprofil macht Angaben über alle Beschäftigten in anonymisierter Form. Letzter Schritt sind dann die Maßnahmenvorschläge aus einer Interventionsdatenbank mit 1.000 Einträgen. Die Unternehmen sollten das Thema also durchaus im Fokus haben, allein schon aufgrund der gesetzlichen Fürsorgepflicht im Rahmen der EU-Richtlinie 89/391/EWG über die "Durchführung von Maßnahmen zur ­Verbesserung der Sicherheit und des ­Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit".

Weitere Argumente für ein Ausweiten des betrieblichen Risikomanagements sind laut Deirdre Sinnott auch die Kosten, vor allem die versteckten oder nicht erstatteten Kosten. Das können bei einem Leasingfahrzeug die Differenz zu dem nach dem Unfall reduzierten Restwert oder bei einem verletzten Mitarbeiter auch die Kosten für dessen Arbeitszeitverlust sein. Matthias Rumpf, Flotten­experte des Versicherers HDI Global SE, kann die unternehmensinternen Folgekosten sogar recht genau benennen: Bei einem Pkw-Haftpflichtschaden liegen sie bei rund 1.650, bei einem Lkw-Haftpflichtschaden sogar bei bis zu 3.500 Euro und beinhalten etwa Kosten durch die interne Schadensbearbeitung, Gehalts-und Lohnfortzahlungen im Krankheitsfall oder Umsatzverluste.

Der Verkehrssicherheitsrat unterstützt Unternehmen

Die direkten Unfallkosten, die das Abschleppen des kaputten Fahrzeugs, die Reparatur, die Bereitstellung eines Ersatzwagens oder ein Rechtsbeistand mit sich bringen, trägt der Versicherer. Auch der DVR will die Zahl der Unfälle reduzieren und bietet eine Bandbreite von Angeboten. Zum Beispiel eine Betriebsberatung Verkehrssicherheit und Arbeitswelt inklusive Mobilitätsberatung für die Mitarbeiter, Verkehrssicherheits-programme für spezielle Zielgruppen oder Trainings und Qualifizierungsmaßnahmen.
Auch die einzelnen Unternehmen können aktiv zur Reduzierung von Unfällen beitragen. Die Buchung eines Fahrsimulators oder der Einsatz von aktiven und passiven Systemen zur Unfallvermeidung in den Dienstfahrzeugen sind ein erster Schritt. "Das Wichtigste dabei ist aber, dass Verkehrssicherheit auch Chefsache ist", sagt Lacroix.