Autokauf übers Internet Hersteller verliert, Kunde gewinnt

Foto: Amazon

Auch wenn sich Peugeot zuletzt offenbar verzockt hat: Der Neuwagenvertrieb am Autohaus vorbei hat Konjunktur. Gewinner der Entwicklung ist der Kunde.

Ihr großes Netz von Autohäusern in ganz Deutschland ist für die Fahrzeughersteller Fluch und Segen zugleich. So ist man dank des Händlers vor Ort zwar nah am Kunden, muss dafür aber einen Gutteil der Gewinnmarge abdrücken. Immer häufiger öffnen Autobauer daher über das Internet alternative Vertriebskanäle. Das kann schief gehen, wie zuletzt das Beispiel von Peugeot gezeigt hat. Es kann aber auch zum Wettbewerbsvorteil werden. Vor allem für Newcomer.

Lynk&Co. gibt es bei uns nur übers Internet

Die chinesische Marke Lynk&Co. hat keinen einzigen Vertragshändler in Deutschland – und will den Malus in einen Vorteil ummünzen. Ab 2018 sollen die poppig gestalteten SUV der Marke hierzulande komplett über das Internet vertrieben werden. "Nach unserer Rechnung können damit die Fahrzeugkosten um bis zu 10 Prozent reduziert werden", kalkuliert Ferdinand Dudenhöffer vom Center Automotive Research (CAR) an der Universität Duisburg-Essen. Ein Kompakt-SUV für 30.000 Euro könnte mit um 3.000 Euro geringeren Vertriebskosten verkauft werden – ein Betrag, den man an den Kunden weitergeben kann.  "Eine stattliche Zahl, die dazu geeignet ist, in den nächsten Jahren im Automobilvertrieb eine Art Flächenbrand auslösen", so Dudenhöffer.

Die etablierten Hersteller gehen bislang jedoch zurückhaltend mit dem Online-Vertrieb um. Lediglich kleinere Testballons sind bereits gestartet. So hat beispielsweise Volvo ein Sondermodell des XC90 exklusiv über das Internet verkauft, Mercedes bietet eine kleine Auswahl vorkonfigurierter Modelle auch online an und Fiat stellt in Italien ausgewählte Modelle auf dem Online-Marktplatz Amazon aus. Vor der Ausweitung des Angebots schreckt die Branche aber noch zurück. Zu groß ist die Sorge, die niedergelassenen Händler zu vergrätzen und das klassische Vertriebs- und Werkstattnetz zu beschädigen.

Wie schnell der Test alternativer Vertriebswege nach hinten losgehen kann, musste zuletzt das deutsche Top-Management des französischen Autoherstellers Peugeot erkennen. Gemeinsam mit dem Mobilfunkanbieter 1&1 hatte man ein beispielloses Schnäppchenpaket geschnürt, in dem neben einem Handyvertrag auch ein Leasingauto steckte. Der Kleinwagen vom Typ 208 war für monatliche Leasingraten von 99 Euro zu haben - ohne Anzahlung oder Überführungskosten, dafür inklusive Versicherung und Steuer, was einen Rabatt von rund 40 Prozent ausmachte.  Rund 5.000 Kunden schlugen zu. Viel mehr, als man bei Peugeot erwartet hatte. Die Händlerschaft der Marke reagierte auf die Billigkonkurrenz erbost, wie zu hören war. Was genau hinter den Kulissen passiert ist, ist unklar. Klar ist aber: Die drei obersten Deutschland-Manager der Marke mussten ihren Hut nehmen. Und das Billigangebot wurde schnell eingestellt.

Neue Vertriebswege für neue Kundengruppen

Das Auskundschaften neuer Vertriebswege aber geht weiter. Auch wenn sich dadurch zunächst kaum Kosten sparen lassen, spricht man immerhin neue Kundengruppen an. Junge Autofahrer etwa, die es eher ins Internet zieht als ins klassische Autohaus. Opel beispielsweise bietet aktuell ein Sondermodell des Kleinstwagens Adam über Amazon an. Leasingkunden können die aus der TV-Show mit Heidi Klum bekannte „Germanys Next Topmodel“-Edition online reservieren und sie anschließend beim niedergelassenen Händler abholen. Für den Kunden ist das Angebot durchaus attraktiv: Bei Amazon ist der Adam nach Berechnungen des CAR rund 2.200 Euro günstiger als im Konfigurator auf der Opel-Website.

Aber nicht nur die Hersteller nutzen immer stärker das Internet. Auch die Händler selbst treten längst auch online an und bietet über sogenannte Neuwagenvermittler Autos mit hohen Rabatten an. Fiat-Modelle gibt es dort aktuell mit rund 30 Prozent Nachlass, auch einen Renault Clio, einen Hyundai i10 oder einen Opel Corsa bekommt man dort rund ein Viertel billiger als es die offizielle Preisliste vorsieht.

Dank Internet und Online-Vertrieb werden Wettbewerb und Preisdruck wohl auch künftig weiter wachsen. "Die Händlernetze der Autobauer kommen damit unter zusätzlichen Druck", prognostiziert Dudenhöffer. "Gewinner bleibt der Kunde."