Big Data Was Fuhrparkleiter beim Datenschutz beachten müssen

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Der Dienstwagen wird zum rollenden Rechnungszentrum. Doch wo endet die Privatsphäre und wann hat das Interesse des Unternehmens Vorrang? FIRMENAUTO gibt einen Überblick.

Es ist ein schmaler Grat, auf dem Fuhrparkmanager sich bewegen: Obwohl Ortungs- und Telematiksysteme die Sicherheit der Fahrer erhöhen und etliche Einsparpotenziale im Fuhrpark aufdecken, steht dem der Datenschutz gegenüber. Schließlich wird das Auto zum Datensammler. Es zeigt an, wie schnell und wohin sein Fahrer fährt, wann er Pause macht, ob und mit wem er telefoniert und wie lange er beim Kunden ist. Mittlerweile stecken in modernen Fahrzeugen laut Fraunhofer Institut 1,5 Kilometer Kabel, mehr als 50 Steuergeräte und eine Rechenleistung von 20 modernen PC. Darüber hinaus sorgen
Telematik- und Navigationssysteme, Tankkarten sowie Mobilfunkgeräte für eine weitere Datenflut, bis hin zur totalen Überwachung von Fahrer und Auto.

Mehr Sicherheit oder mehr Überwachung?

Das weckt nicht nur bei Herstellern und Versicherungen Begehrlichkeiten. So versprechen sich Fuhrparkmanager effektivere, schlankere Prozesse und mehr Sicherheit für ihre Fahrer. Zuverlässige Daten machen Reportings und Analysen aussagekräftiger. Mehr noch: Die Tracking-Funktion spürt gestohlene Fahrzeuge auf, außerdem schonen vorausschauende Wartungsprognosen und Auslastungsanalysen das Fuhrparkbudget. Die aus den Fahrzeugen in Echtzeit übertragenen Kilometerstände könnten für Vertragsanpassungen verwendet werden. Auch Benchmarks im Hinblick auf Spritverbräuche sind denkbar


Die Hürden des Gesetzes

Doch nicht alles, was möglich ist, ist auch erlaubt. "Beim Einsatz solcher Systeme im betrieblichen Alltag, insbesondere bei Firmenfahrzeugen, sind datenschutzrechtliche und arbeitsrechtliche Grenzen einzuhalten", warnt Rechtsanwältin ­Katja Löhr-Müller. Dabei geht es in erster Linie um personenbezogene Daten. "Zwar ist Datenerfassung zunächst nur gerätebezogen, doch spätestens wenn man einen Zusammenhang zwischen Fahrzeugdaten und Fahrer herstellen kann, werden daraus personenbezogene Daten. Die ­fallen dann unter den Beschäftigtendatenschutz", erklärt Löhr-Müller.

"Ortungssysteme und andere technische Geräte können den Aufenthaltsort eines Mitarbeiters erfahren und zugleich Rückschlüsse auf sein Verhalten zulassen. Solche Systeme unterliegen den Unterrichtungspflichten des Telekommunikationsgesetzes", erklärt Rechtsanwalt Andreas Waldhorn.

Datenerhebung muss verhältnismäßig sein

Der Fahrer hat grundsätzlich Anspruch zu erfahren, welche Daten, zu welchem Zweck aufgezeichnet, wie sie verwertet werden und wer Zugriff darauf hat. Wer GPS-Daten heimlich aufzeichnet und daraus ein Bewegungsprofil erstellt, macht sich strafbar. Laut Waldhorn gibt es nur wenige Ausnahmen. Etwa, wenn der Mitarbeiter im Verdacht steht, bei den Spesen zu betrügen.

Selbst wenn der Fahrer weiß, dass seine Daten erhoben werden und er dem zugestimmt hat, setzt der Gesetzgeber weitere Grenzen. "Die Datenerhebung muss sich als verhältnismäßig erweisen. Das heißt, die betrieblichen Belange müssen den Eingriff in das Persönlichkeitsrecht und das der sogenannten informationellen Selbstbestimmung überwiegen", sagt Waldhorn. Bereits 2004 hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass Mitarbeiter ein schutzwürdiges Interesse daran haben, vom Arbeitgeber nicht auf Schritt und Tritt überwacht zu werden (BAG a ABR 34/03). Dabei legt der Gesetzgeber Wert darauf, dass freiwillig eingewilligt und keine Gegenleistung vorausgesetzt wird.

Elektronische Fahrtenbücher erstellen Bewegungsprofil

"Innovative Lösungen bringen uns weiter, die größte Herausforderung ist dabei der Datenschutz", sagt Michael Velte, VMF-Vorsitzender und Geschäftsführer der Deutschen Leasing Fleet. Probleme könnte es zum Beispiel bei RFID-Systemen geben. Damit lassen sich ­lückenlose Bewegungsprofile von Mitarbeitern erstellen. Das gilt genauso für alle Geräte mit GPS-Ortungssystem, etwa elektronischen Fahrtenbüchern. Sie zeigen, wie viele Stunden ein Mitarbeiter wo verbracht hat. Eine solche Komplettüberwachung widerspricht dem oben genannten BAG-Urteil.

Telematiksysteme sind dennoch sinnvoll. Flottenmanager sollten die Datenschutzthemen aber im Unternehmen offen ansprechen. Sensibler Umgang von Fuhrparkverantwortlichen mit gesetzlich erlaubter Datenerhebung und -nutzung ist vor allem dort gefragt, wo sie ausnahmsweise gestattet sind und wo man sie gegenüber anderen Interessen abwägen muss, etwa privaten. Dabei kommt schnell die Frage auf, wo der Regelfall endet und wo die Ausnahme beginnt und wo und wann private Interessen betroffen sind. Will man Ärger vermeiden, sollte man sich vom Datenschutzbeauftragten oder Fachanwalt beraten lassen, bevor Mitarbeiterdaten gesammelt und genutzt werden.

Einsatz von Telematik im Fuhrpark

Setzt das Unternehmen Telematikgeräte ein, die den Aufenthaltsort erfassen beziehungsweise Rückschlüsse auf das Verhalten des Mitarbeiters zulassen, muss der verantwortliche Fuhrparkmanager den Arbeitnehmer informieren. Das schreiben Telekommunikationsgesetz (§ 98, Abs. 1) und Bundesdatenschutzgesetz (§ 4, Abs. 3) vor. Der Fahrer hat Anspruch darauf zu erfahren, welche Daten zu welchem Zweck aufgezeichnet werden, wie sie verwertet werden und wer Zugriff darauf hat. Wer GPS-Daten heimlich aufzeichnet und daraus ein Bewegungsprofil erstellt, macht sich strafbar.

Tipps für Fuhrparkmanager

  • Informieren Sie sich, welche Daten das Fahrzeug sammelt und wozu diese verwendet werden, bevor Sie auf Okay drücken.
  • Schließen Sie, sofern möglich, die Daten aus, die dem Unternehmen keinen direkten Vorteil bringen.
  • Informieren Sie sich, wo die Daten gespeichert werden und wer noch Zugriff darauf hat.
  • Regeln Sie eindeutig, welche Daten zum Beispiel zur Wegstreckenoptimierung erhoben werden und wie sie bei Auswertungen genutzt werden.

Blick in die Zukunft

Derzeit verfügen laut Fraunhofer IAIS weniger als zehn Prozent der Fahrzeuge über Telematik-Vorrichtungen. Doch bis 2020 sollen es bereits 90 Prozent sein. Schon heute sammeln die Fahrzeuge weltweit Millionen von Daten über Hunderte, teils internetfähige Sensoren. Die Telekom prognostiziert, dass das erhobene Datenvolumen pro Monat und Fahrzeug von heute vier Megabyte in den nächsten Jahren auf fünf Gigabyte ansteigen wird. Das entspricht einer Steigerung um 1.250 Prozent.