Vito E-Cell im Test Für geplante Einsätze

 Vito E-Cell, Zusteller Foto: Jacek Bilski 6 Bilder

Die Diskussion um Elektrofahrzeuge läuft immer wieder auf Nutzlast und Reichweite hinaus. Ein Praxistest soll zeigen, was die Technik heute schon kann. Für die Zukunft gibt es kaum Alternativen.

Eine Diskussion über Elektrotransporter bewegt sich immer auf zwei Themen zu: Reichweite und Nutzlast. Batterien leisten noch nicht genug, um die ganz großen Reichweiten zu erzielen und bringen trotzdem einiges auf die Waage – Gewicht das von der Nutzlast abgeht. Im Grunde ist eine Diskussion über Elektrotransporter ein Gespräch über Batterietechnologie und das vermutlich schon seit Ferdinand Porsche die ersten elektrischen Radnabenmotoren verbaute. Beschränkt sich der Einzeltest des Vito E-Cell damit auf Themen rund um die Batterie? Das ist denkbar, aber nicht zielführend.

Mit einer Batterieladung schafft der Vito E-Cell knapp 100 Kilometer

Um es gleich vorweg zu nehmen: Der Vito E-Cell schafft im trans aktuell-Test knapp 100 Kilometer mit einer Batterieladung und seine Nutzlast liegt irgendwo zwischen 700 und 750 Kilogramm, je nach Gewicht des Fahrers. Dem Vergleich zu einem Vito mit Dieselaggregat halten diese Werte nur schwerlich Stand. Auch beim Thema Wirtschaftlichkeit kann der E-Cell seinen fossilen Bruder nur beim Betanken ausstechen. Der Anschaffungspreis des Fahrzeugs ist wegen den Kosten für die Batterien derzeit so hoch, dass Mercedes lediglich Fahrzeugleasing anbietet. Dieses Problem kennt auch der einzige Konkurrent mit Serien-Elektrotransporter. Renault verkauft zwar den Kangoo Z.E. an Endkunden, allerdings ohne Batterie. Die muss der Kunde leasen.

Warum sollte ein Unternehmer – bei all den Nachteilen – überhaupt einen batteriebetriebenen Transporter einsetzen? Die Antwort ist einfach: Weil es auf längere Sicht wenig Alternativen zu Antrieben aus regenerativen Energien gibt. Die rasant steigenden Spritpreisen weisen den Weg in eine Zukunft, in der fossile Brennstoffe zum Luxusgut werden. Eine Möglichkeit damit umzugehen, ist die Ressourcen besser zu nutzen, beispielsweise mit effizienterer Motorentechnologie. Oder aber die Fahrzeughersteller wechseln sukzessive den Energielieferanten. Mercedes hat die Not erkannt und arbeitet – genau wie Renault – an Transportern mit zukunftsfähigen Antriebskonzepten.

Ein lokal emissionsfreie Antrieb

Der Vito E-Cell bietet einen lokal emissionsfreien Antrieb, der sich mit regenerativer Energie betreiben lässt. Vorausgesetzt der Strom aus der Steckdose ist grün. Seine Reichweite und die angegebene Nutzlast qualifizieren den Transporter nur für den täglichen Einsatz im Nahverkehr. Paketzusteller kommen mit knapp 100 Kilometern pro Tag meist aus und ihre Fracht wird selten die Marke von 700 Kilogramm überschreiten. Das mindert den Einfluss der Batterien auf die Entscheidung das Fahrzeug einzusetzen. Dafür fällt der üppige Laderaum des Vito Kastenwagen im Zustellbetrieb positiv ins Gewicht.

Die Fahrgastzelle des Elektrotransporters ist typisch Vito. Lediglich das Kombi-Instrument weicht in einigen Details von der Variante mit Verbrennungsmotor ab. Gewöhnungsbedürftig ist der Umgang mit der eingebauten Heizung. Der Fahrer muss beim E-Cell zunächst einen Zusatzheizer einschalten. Dadurch erwärmt ein Tauchsieder Wasser, das dann die Luft des Gebläses auf Temperatur bringt. Für das Gebläse selbst ist noch ein eigener Schalter zu betätigen. Der Grund für diese eigenwillige Lösung: Der Motor produziert nicht genügend Abwärme, mit der der Fahrer den Innenraum beheizen könnte.

Auf der trans aktuell-Teststrecke in Münsingen

Dafür hinterlässt die Fahrdynamik des Transporters einen guten Eindruck. Auf der trans aktuell-Teststrecke in Münsingen konnte der E-Cell mit seinen Fahreigenschaften überzeugen. Mit einem Drehmoment von rund 280 Newtonmeter ist das Fahrzeug für den Stadtverkehr gerüstet. Da sich kaum ein Fahrer mit dem Elektro-Mercedes auf die Autobahn verirren wird, stört es nicht, dass der Vito bei Tempo 90 abriegelt. Bis zu dieser Geschwindigkeit macht auch das Fahrwerk einen komfortablen Eindruck. Auf die Straßenlage hat wohl das gleichmäßig im Boden verteilte Gewicht der Batterien einen positiven Einfluss. Allerdings sollte der Fahrer nicht zu lange mit maximalem Tempo fahren, denn die dann anliegende Motorlast neigt dazu, die beiden Akkus leer zu saugen. Das kommt aber sicher selten vor, wenn der Transporteur den Einsatz seines abgasfreien Gefährts auf den Stadtverkehr beschränkt.

Der Fahrer soll den Volllastbetrieb generell vermeiden

Wobei auch innerorts das Fahren mit dem Elektrotransporter einiger Übung bedarf, um die Batterieladung so gut wie möglich zu schonen. Dafür sollte der Fahrer den Volllastbetrieb generell vermeiden. Hilfreich dabei ist die Lastanzeige, die anstelle eines Drehzahlmessers im Kombi-Instrument sitzt. Einen Ausgleich für die verbrauchte Energie liefert teilweise die Rekuperation beim Bremsen. Auch bergab lässt sich so die Batterie aufladen. Dafür muss lediglich der Fuß vom Gas.

Unabhängig vom Fahrstil muss der E-Vito in regelmäßigen Abständen an die Steckdose. Touren sollten deshalb gut geplant sein. Denn: Sind die Akkus leer, ist das Fahrzeug für gut fünf Stunden aus dem Rennen, vorausgesetzt eine Steckdose mit einer Spannung von 400 Volt ist verfügbar. Mit den haushaltsüblichen 220 Volt verdoppelt sich die Zeit nahezu. Ohne Blick auf die Energiequelle des Vito E-Cell kommt dann wohl doch keine Diskussion aus.

Ladestation für zu Hause

Wie gut sich Elektromobilität im Alltag funktioniert, hängt stark von der Infrastruktur ab. Während Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren nahezu überall an Kraftstoff kommen, müssen Fahrer tägliche Touren mit Elektrofahrzeugen gut planen. Ladestationen gibt es zwar einige in Deutschland, aber nicht alle liefern 400 Volt Spannung und die wenigsten haben den bei Fahrzeugen häufig vorkommenden Mennekes 2-Stecker. Abhilfe schaffen sollen sogenannte Homecharger, Ladestationen für zu Hause oder den Betriebshof. Die Geräte sind vergleichsweise klein, leicht zu montieren und einfach in der Handhabung. Lediglich der Preis von knapp 2.000 Euro pro Gerät schreckt ab  – angesichts der ohnehin schon hohen Anschaffungskosten für Elektrofahrzeuge.