Deutschlands beste Transporterfahrer Nichts für schwache Nerven

Deutschlands beste Transporterfahrer Foto: Karl-Heinz Augustin 11 Bilder

Wer wird Deutschlands bester Transporterfahrer? Michael Gellings ist einer von 18 Finalisten und heiß auf den Sieg.

Das Lächeln sitzt ein bisschen wackelig, immer wieder steht er auf, um für die anderen Kaffee zu holen. Nervosität oder nette Geste? "Ich bin ein bisschen aufgeregt", gibt Michael Gellings gegenüber seinen Konkurrenten und Freunden Michael Henkler und Michael Hoffmann zu. Die drei Michaels kennen sich noch von der Vorrunde am Nürburgring. "Die ersten drei sind ins Finale gekommen und wir haben den gleichen Vornamen – das war schon was", erzählt Michael Gellings grinsend. Rund 400 Kandidaten, sechs Vorentscheidungen mit jeweils drei Finalisten – macht 18 Bewerber um den Titel "Deutschlands bester Transporterfahrer".

Michael Gellings ist Fahrer beim Verein für Behindertensport Bonn/Rhein-Sieg. Der Verein bietet auch einen Fahrdienst an, der Fuhrpark beinhaltet insgesamt 30 Transporter und Pkw. Der 43-Jährige war sofort Feuer und Flamme, als er von dem Wettbewerb gehört hat: "Mir macht Transporter fahren einfach Spaß und ich wollte mich mal mit anderen vergleichen."

Hauptgewinn: Ein nagelneuer Mercedes Sprinter Kastenwagen

Außerdem winken lukrative Preise: Der Hauptgewinn ist ein nagelneuer Mercedes Sprinter Kastenwagen, für den Zweitplatzierten gibt es ein VIP-Ticket für die Deutsche Tourenwagen Meisterschaft (DTM), der Dritte kann sich auf ein Wellness-Wochenende freuen.

Nach der Begrüßung steht fest: Die drei Michaels werden am Finaltag getrennt. In drei Gruppen sind die Fahrer unterwegs, für Gellings geht es mit der Theorieprüfung los. Ronald Geyer vom Mercedes-Team Transporter Training on Tour warnt die Teilnehmer: "Wehe einer von euch googelt, dann seid ihr sofort disqualifiziert." Gellings kann darüber nur den Kopf schütteln. "Frau Google fragen wir nicht", lacht er.

Als der Startschuss fällt, macht sich geschäftige Stille im Raum breit. Die Köpfe rauchen. Denn Theorie-Test heißt: Einen Original-Fragebogen für die Führerscheinprüfung Klasse B beantworten. "Ich hab gar kein Gefühl, wie es gelaufen ist", sagt Gellings hinterher.
Die Gruppe ist sich einig, dass jetzt der spaßige Teil beginnt: Es geht hinters Lenkrad.

Adrenalin pur bei den praktischen Prüfungen

Bei der zweiten von insgesamt sechs Prüfungen fahren die Kandidaten mit 55 bis 60 Kilometern pro Stunde (km/h) auf eine Ampelanlage zu. Wenn die Fahrer noch ein oder zwei Meter von ihr entfernt sind, blinkt sie rechts oder links. Bei Michael leuchtet sie rechts, er reißt das Lenkrad der extra langen V-Klasse herum und weicht den Pylonen geschickt aus. Wer eine Pylone umfährt oder zu langsam ist, bekommt Punktabzug. "Das war Adrenalin pur", freut sich Michael. Er hat die richtige Richtung gewählt und alle Hütchen stehen lassen: Höchstpunktzahl.

Station drei testet gleich nochmal die Reaktionsfähigkeit der Finalisten. Mit 55 bis 60 km/h fahren sie auf das Hindernis, in diesem Fall Pylonen, zu und sollen ausweichen und gleichzeitig bremsen. "Ich will stehende Autos sehen", gibt Trainer Henry Hilbert vor.

Zum Glück hat jeder einen Probedurchgang, Michael ist mit seiner ersten Fahrt nicht zufrieden. "Im echten Leben gibt es keine zweite Chance", mahnt Hilbert. "Wenn ihr nicht rechtzeitig bremst, ist der andere tot."

Beim zweiten Mal läuft’s für Michael besser: Gang einlegen, beschleunigen, auf die Pylonen zufahren, bremsen, ausweichen – der Sprinter Kombi steht. Ein blauer Kegel musste zwar dran glauben, aber das gibt nur einen Punkt Abzug. "Bin zufrieden", ressümiert Michael.

Slalom-Parcour und Ladungssicherung laufen nicht so gut

Geschicklichkeit ist das Stichwort bei der vierten Disziplin "Parcour und Laden". Im Slalom geht es um Pylonen herum, wer eine umfährt, muss aussteigen und sie wieder aufstellen. Der Schnellste gewinnt. Nico beginnt und legt mit einer Minute und 25 Sekunden ordentlich vor. Da steigt der Druck. Für Michael läuft’s nicht ganz so gut. Zwei Pylonen wackeln gefährlich, eine fällt um. Abschnallen, Aussteigen, Hütchen richten, einsteigen, anschnallen – das kostet Zeit. Mit einer Minute und 38 Sekunden ist er nicht zufrieden. "Ich hätte nicht im zweiten Gang durchfahren sollen", macht Michael seinen Fehler aus. Und tatsächlich: Nachdem alle Fahrer durch sind, setzt er sich nochmal in den Vito und fährt fehlerfrei und in einer akzeptablen Zeit durch den Parcours.

Schade drum, denn Michael weiß, dass er bei der Ladungssicherung nicht punkten wird. In maximal vier Minuten müssen die Männer eine Waschmaschine und einen Karton einladen und sichern. "Das Stichwort lautet Kopflasching", hilft Trainer Ronald Geyer. Mithilfe einer mobilen Trennwand kann das Ladungsteil beim Kopflasching immer in seiner Position gehalten werden und ist dauerhaft fest mit dem Fahrzeug verbunden.

"Wer den Begriff nicht kennt, wird scheitern", erklärt Geyer. Tatsächlich schlagen sich die meisten eher mäßig. Am Ende wird es einige Kandidaten mit null Punkten geben. Michael gehört dazu und ist mit seiner Gesamtleistung immer unzufriedener.

Vorsicht beim Rangieren: Der Tennisball muss an seinem Platz bleiben

An der fünften Station wartet ein extra langer Vito mit Anhänger. Eigentlich ist Michael Anhänger-Fahren gewohnt, aber der Druck steigt, weil es die vorletzte Disziplin ist. Er startet gut, lenkt Fahrzeug und Anhänger geschmeidig rückwärts um die Kurve. Aber beim rückwärts Einparken müssen zwei Pylonen dran glauben – das gibt zwei Strafsekunden. „Klappt jetzt eigentlich gar nichts mehr?“, flucht er. Slalom mit Anhänger ist dann wieder kein Problem. Die anderen muntern ihn anschließend auf, aber Michael glaubt nicht mal mehr an den dritten Platz.

Da könne auch die letzte Station nichts mehr rausreißen. Die Aufgabe bei der Rangierübung ist besonders knifflig: Auf der Fronthaube ist eine Satellitenschüssel angebracht, in der ein Tennisball liegt. „Der darf nicht rausfallen“, ermahnt der Trainer. Michael startet als Vierter in den Parcours: Sitz, Lenkrad, Spiegel einstellen und natürlich anschnallen, dann fährt er los. „Ausgerechnet bei mir“, jammert Michael plötzlich nach den ersten Metern. Der Ball liegt nicht mehr in der Schüssel. Er muss aussteigen und den Ball wieder an seinen Platz legen – das kostet Zeit.

Innerhalb eines mit Stangen markierten Bereichs muss Michael den Citan wenden und bloß keine berühren oder umfahren, dann geht es über holprigen Untergrund ins Ziel. Michael ist der Einzige in seiner Gruppe, dem der Ball runtergefallen ist und das wurmt ihn. Er lässt den Kopf hängen. Der Tag habe gut begonnen, aber dann lief es nicht mehr.
Bei der Siegerehrung am Abend im Automuseum Dr. Carl Benz in Ladenburg dann die Überraschung: Michael ist Achter und freut sich darüber fast so sehr wie Gewinner Jan Meltsch.