Vernetzte Systeme, autonomes Fahren: Im neuen 5er steckt viel Technik vom 7er, aber so verpackt, dass sich Kunden nicht grundlegend umgewöhnen müssen.
Selten war das Feld der gehobenen Business-Limousinen so jung und innovativ besetzt. Bereits im Frühjahr 2016 legte die Mercedes E-Klasse die Messlatte extrem hoch. Volvo zog im Sommer mit dem S/V90 nach. Dazu kommen die ebenfalls noch frischen Modelle Jaguar XF und Lexus GS. Und jetzt der 5er BMW. Nach sieben Jahren wird die als Geschäftswagen so erfolgreiche Baureihe F10 im Februar 2017 abgelöst. Bis zuletzt schaffte sie es im Flottenmarkt, sich unter den drei beliebtesten Firmenwagen in dieser Klasse zu halten.
Vernetzung, Effizienz und natürlich Sportlichkeit hat BMW als tragende Themen für den neuen 5er auserkoren. Technologisch soll das Auto neue Maßstäbe setzen. So senkt Leichtbau das Gewicht um bis zu 100 Kilogramm, unter der Aluminium-Karosserie sitzt ein komplett neues Fahrwerk, auf Wunsch kombiniert mit Allradantrieb und Integral-Aktivlenkung. Serienmäßige Radar- und Ultraschallsensoren überwachen zusammen mit einer Stereokamera die Straße und im Stau kann der Fahrer dem Auto das Bremsen, Gas geben und Lenken überlassen. Adaptive LED-Scheinwerfer leuchten in Verbindung mit dem blendfreien Fernlicht die Fahrbahn bis zu 500 Meter weit taghell aus und per App lassen sich viele Funktionen des Autos per Smartphone bedienen.
Fahrzeugschlüssel mit integriertem Display
Wobei dazu nicht unbedingt ein Handy gebraucht wird. Der Schlüssel genügt. Schlüssel? Das Ding ist fast so groß wie ein Handy, so glatt wie ein Stück Seife, hat ein integriertes Display und könnte von der Optik her auch von Apple stammen. Auf dem Bildschirm erkennt der Fahrer, ob er sein Auto verriegelt hat und kann Klimaanlage oder Standheizung starten.
Tja, in Sachen Bedienung war BMW schon immer top. Auch das weiter entwickelte iDrive ist in dieser Hinsicht kaum zu schlagen. Warum? Weil man beispielsweise kaum eine Einführung benötigt. Wer sich über den zentralen Controller durch das auf dem 10,25 Zoll großen Bildschirm angezeigte Navigations-, Unterhaltungs- oder Fahrzeugeinstellungsmenü klickt, findet sich intuitiv zurecht. Frei konfigurierbare Bedienfelder in Kacheloptik zeigen die Inhalte der darunter liegenden Menüs aktualisiert an und lassen sich auf dem Touchscreen wie auf einem Tablet einfach wegwischen.
Über Sensoren verstellen Fahrer und Beifahrer die Sitze. Berührt ein Finger die seitlichen an den Sitzen angebrachten Schalter, öffnet sich im zentralen Display das Verstellmenü. Ein weiterer leichter Druck auf den Schalter löst dann die gewünschte Verstellung aus, was das Display ebenfalls anzeigt.
Auch die beliebten acht Tasten unter dem Bildschirm haben die Entwickler glücklicherweise nicht wegrationalisiert. Die kann der Fahrer individuell belegen, beispielsweise mit Heimatadresse, Lieblingssender, dem Mailprogramm oder speziellen Sitz- und Klimaeinstellungen. Dagegen schießt die vom 7er übernommene Gestensteuerung etwas übers Ziel hinaus. Eine falsche Handbewegung, schon spielt das Radio ungewollt einen anderen Sender oder dreht den Sound hoch.
Trotzdem merkt man dem Auto an, dass sich die Ingenieure und Designer um Alltagstauglichkeit bemühten. Dass man bequem sitzt und genügend Platz hat, dürfte für ein Auto dieser Klasse selbstverständlich sein. Aber dass man genügend vernünftige Ablagen vorfindet, dass man Wasserflaschen in den Türen verstauen kann, gehörte bei BMW nicht immer zum Standard.
Extrem guter Cw-Wert
Man spürt: Der neue 5er soll keine Nische besetzen wie beispielsweise ein Lexus oder Jaguar, sondern möglichst jedem Fahrer eines gehobenen Geschäftswagens passen. So verkniffen sich die Designer auch optische Experimente. Eine Multimedialandschaft im Cockpit, auf die sich der Fahrer wie in der E-Klasse von Mercedes seine Straßenkarte und die schöne bunte Online-Welt aufspielen lässt, gibt es nicht. Stattdessen blickt der Fahrer auf klassische, allerdings ebenfalls virtuell eingespielte Rundinstrumente und bezieht alle Zusatzinfos vom glasklaren, vergrößerten Head-up-Display.
Der 5er sieht innen und außen fast aus wie ein 7er, was manchem Fahrer aber gar nicht unrecht sein dürfte. Am ehesten ist der Neue von vorne erkennbar, da die Doppelrundscheinwerfer jetzt nahtlos in die typische Doppelniere übergehen. Aus allen Perspektiven wirkt der immerhin 4,93 Meter lange 5er glatt und geschmeidig, niemals wuchtig. Das ist durchaus gewollt, zumal die Ingenieure sich damit brüsten, mit einem Cw-Wert von 0,22 die windschlüpfrigste Limousine auf die Räder gestellt zu haben. Erreicht haben sie das beispielsweise über eine aktive Luftklappensteuerung für den Kühler. Nur wenn der Motor wirklich Kühlung braucht, öffnen sich Klappen in den Nierenelemente und die Lufteinlässe. Sonst bleiben sie wegen der besseren Aerodynamik geschlossen.
Das sorgt zum einen für ein extrem niedriges Geräuschniveau. Windgeräusche bleiben weitgehend draußen, ebenso die Abrollgeräusche der Reifen. Zum anderen geht der BMW mit bis zu zehn Prozent sparsameren Motoren, aber auch stärkeren an den Start. Der jetzt 265 PS starke Reihensechszylinder des 530d beispielsweise presst mächtige 620 Nm Drehmoment (plus 60 Nm) an die Antriebswelle und schiebt die leer 1.715 Kilo schwere Limousine in nur 5,7 Sekunden auf Tempo 100. Die versprochenen 4,5 Liter Verbrauch (118 g CO2) haben mit der Realität zwar wenig zu tun, aber der von uns gefahrene 530d xDrive mit Allradantrieb und der souveränen Achtgang-Automatik kam bei gemäßigtem Gasfuß auf angemessene sieben Liter.
Verbrauch ab 3,9 l/100 km
Nichts geändert hat sich am Einstiegsdiesel mit vier Zylindern. 190 PS, 238 km/h Spitze, 4,1 Liter Normverbrauch und 108 g CO2 dürften dem 520d sichere Bestellungen von Firmenkunden bringen. Flottenbetreiber sollten aber wissen, dass es ab Sommer wieder einen 520d Efficient Dynamics geben wird, dessen Verbrauch BMW bei gleicher Motorleistung mit nur 3,9 Liter (102 g CO2) angibt.
Zusätzlich bekommt der 5er neue Benzinmotoren mit vier und sechs Zylindern und 252 bis 462 PS, jeweils mit Luft nach oben und unten. So wird es mit dem 530e iPerformance schon ab März 2017 einen 252 PS starken Plug-in Hybriden mit 50 Kilometern elektrischer Reichweite geben.
Allen Modellen gemein ist der hohe Fahrkomfort, den der 5er vermittelt. Auch ohne Luftfederung gleitet die Limousine fast sänftenartig über die Straße. Sportlich dynamisch geht’s natürlich auch voran, auf Wunsch mit der Integral Aktivlenkung, deren mitlenkende Hinterachse das Heck auch bei forcierter Kurvenfahrt in der Spur hält. Für Dynamiker bietet BMW mit Adaptive Drive ein System, das adaptive Dämpfer mit der Wankstabilisierung kombiniert. Dabei halten elektronische Schwenkmotoren statt hydraulisch angesteuerter Stabilisatoren die Karosse im Lot. Sie sollen schneller ansprechen und zudem bei Geradeausfahrt einseitige Bodenunebenheiten wegbügeln.
Der 5er bleibt also weiterhin ein Fahrerauto. Automatisiertes Fahren mag auf der Agenda stehen, richtig überzeugen konnte uns das System bei der ersten Testfahrt aber nicht. Theoretisch genügt es, auf der Autobahn den Blinker zu setzen, dann sollte das Auto selbstständig die Spur wechseln. Doch so perfekt und feinfühlig wie in der E-Klasse klappte das im BMW nicht. Im Gegenteil: Mehrmals schaltete sich der Spurhalteassistent plötzlich aus. Ohne Gegenlenken hätte uns das Auto ungebremst in die Leitplanke krachen lassen. Vielleicht verlangt der BMW deshalb deutlich schneller als der Mercedes, dass der Fahrer das Lenkrad wieder greift. Dafür bremste der Abstandstempomat den Wagen perfekt ab, sobald die Kamera ein Tempolimit erkannte.
Bleibt die Frage nach dem Preis. Das günstigste Modell, der 520d mit Handschaltung, kostet rund 38.000 Euro (alle Preise netto), also 1.500 Euro mehr als bisher. Für den Einstiegsbenziner 530i samt Achtgang-Automatik verlangt BMW 41.850 Euro, für den Allradantrieb bei allen Modellen knapp 2.200 Euro. Würde die Ausstattungsliste nicht so viele verlockende Extras auflisten, könnte man es beim Firmenwagen durchaus bei der Standardkonfiguration belassen. Denn BMW gibt jedem 5er serienmäßig Klimaautomatik, das Navisystem Professional samt Online-Zugang, elektrisch verstellbare Sitze, Voll-LED-Scheinwerfer und etliches mehr mit auf den Weg. Die Mercedes E-Klasse kostet rund 2.500 Euro mehr, ein Volvo S90 gut 2.000 Euro weniger.