Fahrbericht Olé für den VW-Golf-Konkurrenten

Der neue Seat Leon nutzt die neueste VW-Technik zum günstigeren Preis. Macht ihn das zum besseren VW Golf?

Kaum rollt der Golf VII in die Ausstellungsräume der deutschen VW-Händler, schickt Seat den neuen Leon hinter. Wie der Golf baut der Spanier auf dem modularen Querbaukasten des VW-Konzerns auf und übernimmt zudem viele Bauteile vom Golf. Dass er deshalb aber nur ein günstigerer Klon des Wolfsburger sei, will man in Spanien nicht hören. “Einfach unser Markenlogo auf den Kühlergrill zu kleben würde nicht funktionieren“, sagt Chefentwickler Dr. Michael Hinz. „Der Kunde soll spüren: Das ist ein Seat.“

2.000 Euro günstiger als der Golf

800 Millionen Euro hat Seat deshalb in die Entwicklung und Produktion des Leon investiert, um dem Neuen die markentypische DNA zu verpassen. Denn wie bisher auch wollen die Spanier vor allem jüngere, sportlicher orientierte Kunden ansprechen. Mit der zweiten Generation des seit 1999 fast 1,2 Millionen Mal gebauten Leon könnte das gelingen. Sie startet ab 12.930 Euro netto, kostet damit gut 2.000 Euro weniger als der fünftürige Golf.

Der Seat wird standardmäßig als Fünftürer geliefert und ist gut fünf Zentimeter kürzer als sein Vorgänger, der Radstand aber um knapp sechs Zentimeter gewachsen. So steht der 4,26 Meter lange Kompaktwagen mit kurzen Überhängen, breiter Spur und relativ flacher Karosserie satt auf der Straße. Trotz der kleineren Karosserie sitzen die hinteren Passagiere jetzt hinten spürbar weniger beengt, haben zwei Zentimeter mehr Platz für die Beine. Auch der Kofferraum wurde größer, fasst mehr als passable 380 Liter, wobei das Gepäck über eine hohe Ladekante gewuchtet werden muss.

Erste Voll-LED-Scheinwerfer in der Kompaktklasse

Besonders auffällig sind die spitzen Scheinwerfer, die es erstmals in dieser Klasse für 1.000 Euro Aufpreis in Voll-LED-Ausführung gibt. Vorteil für den Kunden: LED-Scheinwerfer leuchten in etwa so hell wie Xenonlampen, ihr Licht ist aber weniger grell, so dass der Fahrer nicht so schnell ermüdet. Außerdem benötigen LEDs weniger Strom, was den Spritverbrauch um rund 0,2 Liter senken soll, und sie halten ein Autoleben lang. Auch die Designer mögen die neue Lichttechnik. Sie hilft ihnen, kompaktere Scheinwerfer zu entwickeln, was der Aerodynamik ebenso wie einer sportlichen Optik entgegenkommt.

Sehr agiles Fahrwerk

Im Innenraum blitzt die VW-Optik hier und da zwar hervor, doch das übersichtliche Cockpit trägt eindeutig die Handschrift der spanischen Designer. Ob dem Kunden aber der Materialmix aus teils hochwertigem Soft-Touch-Oberflächen und billigem Hartplastik gefällt, wird sich zeigen.

Das Infotainmentsystem Seat Connect mit AUX-, USB und Bluetooth-Anschluss mischt von VW bekannte Funktionen in neuem Design frisch auf. Der Clou dabei: Sobald sich die Hand dem Touchscreen nähert, schaltet das System automatisch vom Anzeige- in den Bedienmodus und vergrößert die aktivierten Elemente.

Eigens entwickelte Sitze mit gutem Seitenhalt oder das selbst abgestimmte Soundsystem  unterscheiden den Leon ebenfalls vom Golf. Und natürlich das spürbar straffer als beim Golf ausgelegte Fahrwerk. Tatsächlich lässt sich der Leon sehr flott ums Eck bewegen. Dabei wirkt er im Vergleich zum Vorgänger selbst mit den optionalen 17-Zöllern weniger hölzern als der Vorgänger und federt trotzdem komfortabel.

In Sachen Antrieb und Sicherheit bedient sich Seat ebenfalls aus dem VW-Regal. Zur Basisausstattung gehören sieben Airbags. Fernlicht- und Spurhalteassistent sind gegen Aufpreis ebenso bestellbar wie Müdigkeitswarner. Radartempomat, Tempolimiterkennung und die beim VW Golf bereits erhältlich Kollisionsbremse folgen aber erst 2013.

Neun Motorisierungen

Dass gleich zum Verkaufsstart ein breites Angebot von neun Motorisierungen mit einer Leistungsbandbreite zwischen 86 und 184 PS bestellbar ist, dürfte Seat helfen. Auch den auf 150 PS erstarkten 2.0 TDI haben die Spanier im Programm. Der sehr durchzugsstarke Diesel passt prima zum agilen Charakter des Autos. Nur wenn man ihn richtig fordert, reagiert er etwas knurrig.

Die bekannten TSI- und TDI-Motoren kommen bis auf die beiden Einstiegsversionen mit Start-Stopp. Der Normverbrauch ist bis zu 15 Prozent gesunken, was vorwiegend an der bessere Aerodynamik und dem im Vergleich zum Leon I um acht Prozent geringeren Fahrzeuggewicht liegen soll. Sparmeister ist derzeit der 105 PS starke 1.6 TDI mit einem Normverbrauch von 3,8 Litern und 99 g CO2-Ausstoß. Getoppt werden soll er mit einer aufs Spritsparen optimierten 89-Gramm-Version, die Seat im Sommer 2013 anbieten will. Dann wir es auch erstmals einen Dreitürer sportlicher gezeichneten Dreitürer geben. Das Volumenmodell fürs Flottengeschäft lässt allerdings bis Ende 2013 auf sich warten. Spätestens mit dem ST genannten Kombi dürfte der Leon dem Golf ernsthaft als Firmenwagen gefährlich werden. Wer nicht solange warten will, macht auch mit dem Fünftürer nichts falsch. Der Leon ist nicht der bessere, aber eben auch nicht der schlechtere Golf. Sondern schlicht der günstigere.

*) Bei 20.000/40.000 km pro Jahr, 60/36 Monate Laufzeit.
Quelle Betriebskosten: Dekra, Stand: November 2012