Der Ford Mondeo Turnier kommt reichlich verspätet. Dafür mit vielen Fahrassistenten, neuem Infotainmentsystem und modernem Design. Reicht das, um sich in der hart umkämpften Mittelklasse zu behaupten?
Grundsolide und wettbewerbsfähig: So könnte man das alte Mondeo-Modell kurz umschreiben. Die Ehrenrunde von über einem Jahr war dennoch nicht gewollt. Die Vorstandsbosse machten Ende 2014 das Werk im belgischen Genk dicht, wo der Mondeo bisher vom Band rollte. Der Nachfolger kommt nun aus Spanien – mit eben mehr als einem Jahr Verspätung. Ärgerlich insofern, weil man Konkurrenten wie VW Passat und Mazda 6 bei ihren Modellwechseln und Auffrischungen den Vortritt lassen musste und sich nur kurz vor Skodas neuem Superb und Toyotas neu aufgelegten Avensis einreihen konnte. Auch preislich läuft der Mondeo den Konkurrenten hinterher. Mit einem Diesel-Einstiegpreis von rund 25.000 Euro netto (1.5 TDCi) ist der Mondeo knapp 2.000 Euro teurer als Superb und Avensis und gleich teuer wie der Passat.
Ein Design für die breite Masse
Über Geschmack lässt sich ja bekanntlich streiten, doch der neue Look des Mittelklasse-Kombis scheint die breite Masse anzusprechen. Jedenfalls bestaunte nicht nur die gesamte Redaktion den Neuankömmling im Verlag. Der breite Kühler, der manchen an Aston Martin erinnert, die schmalen Scheinwerfer und die prägnanten Falzen im Blech machen Eindruck. So richtig ins Herz schlossen ihn die Kollegen, nachdem sie im Kombi Platz genommen hatten: "Mensch, der sieht ja richtig schick aus", "tolle Sitze" und "viel Platz hat er".
Der Mondeo gehört mit 4,87 Metern zu den längeren Mittelklasse-Kombis. Die kurzen Überhänge schaffen vor allem Beinfreiheit im Fond. Beim Kofferraum gelingt es Ford nicht, das Maximum an Raum herauszuholen. Obwohl der neue Mondeo im Vergleich zum Vorgänger sogar um eine Handbreit gewachsen ist, passt ins Heck des schönen Kombis weniger hinein. Bei umgelegten Sitzlehnen sind es nur noch 1.630 Liter Gepäck, statt wie beim Vorgänger 1.740 Liter. Auch bei aufrechten Lehnen geht Stauraum verloren. 525 Liter fasst er jetzt, vorher 549 Liter.
Doch Größe ist bekanntlich nicht alles. Der Ladeboden ist bei umgelegten Sitzen topfeben, die Ladekante angenehm tief. Und über die breite Chromleiste auf der Schwelle zum feinen Teppichboden kann man auch schwere Waschmaschinen wuchten, ohne Kratzer ins Blech zu hauen. Die Heckklappe öffnet elektrisch (394 Euro). Allerdings klassisch per Handgriff an der Klappe oder über den Schlüssel und nicht wie bei manchem Konkurrenten per angetäuschtem Fußtritt unter den Schweller. Doch genug am Heck herumgemacht. Klappe zu, Fahrertür auf. Hier ist der eigentliche Arbeitsplatz des Außendienstlers
Bequeme, tief positionierte Sitze
Ein- und Ausstieg erleichtert der Mondeo, indem das Lenkrad elektrisch nach oben surrt. Auch den Sitz samt Lordosestütze können wir elektrisch und passgenau auf unsere Gliedmaßen einstellen. Tief sitzend, wohlig eingebettet zwischen der angenehm hohen Mittelkonsole und der mit feinem Leder überzogenen Tür, fühlen wir uns pudelwohl. Die Höhe der Armlehne und die des Schaltknüppels sind aufeinander abgestimmt. Wie eine Art Verlängerung liegt der rechte Arm auf, während die Hand den knubbeligen Schaltknauf umschließt. Neue Gänge können wir quasi lässig aus dem Handgelenk schütteln.
Die Seitenwangen der Sitze sind mit Leder überzogen, die Sitzfläche mit weichem Stoff. Der Beifahrer genießt den gleichen Komfort. Und den gibt‘s natürlich nicht zum Nulltarif. 1.470 Euro verlangt Ford für die Bestuhlung. Wer mit einer manuellen Sitzverstellung für den Beifahrer auskommt und auf belederte Sitzwangen verzichtet, fährt deutlich günstiger (386 Euro). Es geht aber auch luxuriöser: Für 2.100 Euro sitzt Ihr Mitarbeiter auf einer kompletten Lederbestuhlung. Unter der verbergen sich elf Luftkissen, die aus Oberschenkeln, Gesäß und unterem Rücken die Müdigkeit herausmassieren und steife Beine sowie plattgedrückte Hintern verhindern sollen.
Die Massagefunktion startet der Fahrer genauso über den neuen Touchscreen wie Sitzheizung und -ventilation. Mit einer Bildschirmdiagonale von über 20 Zentimetern macht der Touchscreen ordentlich was her. Auch die Grafik passt. Die Menüführung ist simpel und in vier Bausteine – Navigation, Telefon, Musik und Klima – klar gegliedert. Wer mit dem Touchscreen nicht zurechtkommt, der kann die verbesserte Sprachsteuerung nutzen. "Chef anrufen", "Temperatur auf 20 Grad" oder "Tankstelle suchen": Der Mondeo versteht kurze Anweisungen problemlos. Komplette Adressen nimmt er in einem Satz als Navi-Ziel auf. Eingehende SMS liest er dem Fahrer sogar vor.
Musik und Klimaanlage lassen sich weiterhin über Direkttasten unterhalb des Displays steuern. Schade nur, dass diese mit der Qualität der chromumrandeten Tasten auf schwarzem Klavierlack an den Türverkleidungen, etwa für die elektrischen Fensterheber, nicht mithalten können. Das schnöde Hartplastik um den Bildschirm herum macht ebenfalls nicht den wertigsten Eindruck und fällt vom Rest im Mondeo ab. Weiterer Kritikpunkt: das mit Tasten zugekleisterte Lenkrad. Auch nach längerer Einarbeitung fällt es schwer, den Durchblick über die vielen Lenkradfunktionen zu behalten
Business-Linie und Edelvariante
Auf der Einstiegsvariante Trend baut die speziell für Gewerbekunden ins Programm gerückte 1.764 Euro teurere Business-Linie auf. Tempomat, Parkpiepser und das umfangreiche Infotainment-System Sync 2 mit Navi sind Serie. Unser Tipp: Investieren Sie lieber nochmals 750 Euro mehr in die höchste Ausstattungslinie Titanium. Sie bringt die gleichen Features mit wie die Business-Linie, erweitert aber um Fahrassistenten wie Müdigkeitswarner oder Spurhalte- und Fernlichtassistent sowie Verkehrschilderkennung. Extras wie schlüsselloser Zugang, Licht- und Regensensor sowie 17-Zöller gehören ebenfalls dazu.
Lediglich die Einparkhilfe fehlt der Titanium-Version. Die lässt sich aber für 563 Euro nachordern. Im Preis ist neben den Parksensoren gleich der Parkassistent dabei. Der Mondeo schraubt sich dann nicht nur von selbst in engste Parklücken hinein, sondern kurbelt den Wagen auch wieder heraus – das bieten bislang nur ganz wenige Hersteller an.
Mitarbeiter mit Premium-Anspruch lockt Ford mit seiner höherwertigen Version Vignale. An Ausstattung packt Ford rein, was es gibt, die Materialien fallen eine Spur hochwertiger aus. Hinzu kommt ein besonderer Kunden-Service mit persönlichem Berater und 24-Stunden-Hotline. Der Aufpreis von 5.504 Euro ist allerdings ganz schön happig. Den Mondeo Vignale gibt‘s zudem nur mit 180-Diesel-PS.
Unser Tipp: 150 PS und Handschalter
Das Gros der Flottenmanager schielt aber auf den Zweiliter-Diesel mit 150 PS. Der antrittsstarke Selbstzünder passt zum agilen Charakter des Mondeo. Der Vierzylinder schiebt mit 350 Nm Drehmoment ab 2.000 Touren ordentlich an. Die Geräuschdämmung hat Ford deutlich verbessert. Selbst unter Volllast ist von dem auf Hochtouren arbeitenden Selbstzünder kaum etwas zu hören. Das Fahrwerk ist sportlich, aber nicht zu straff. Lange wie kurze Bodenwellen nimmt der Ford mit Bravour.
Die Sechsgang-Schaltung ist lang übersetzt und erspart häufiges Schalten. Die Schaltwege sind kurz und präzise. Alternativ gibt‘s eine Sechsgang-Automatik (1.680 Euro) oder zum gleichen Aufpreis Allrad- statt Frontantrieb. Die Spritsparvariante Econetic verbraucht nur 0,1 Liter weniger, die 462 Euro Aufpreis und der zwingende Umstieg auf das Sportfahrwerk sollten daher gut überlegt sein.