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Jaguar XF Reif von der Insel

Jaguar XF Foto: Jaguar 18 Bilder

Nach dem XE schickt Jaguar mit dem XF die zweite neue Business-Limousine ins Rennen. Die erste Testfahrt zeigt: Hinter Audi, BMW und Mercedes muss sich der sportliche XF nicht mehr verstecken.

„Nicht bremsen, lass ihn laufen, und dann zackig einlenken!“ Die Kurve kommt bedenklich näher, aber Instruktor Adriano Madeiros wird schon wissen was geht. Mit 130 Sachen peilen wir die rot-weißen Kerbs an, um dann zügig der langen Rechtskurve zu folgen. Wir tun das, was wohl kein Fahrer eines Firmenwagens je tun würde, und prügeln einen 380 PS starken Jaguar XF über eine Rennpiste. Doch die britischen Ingenieure wollen zeigen, wie sportlich und fahrsicher ihre neue Limousine geworden ist.

Adaptives Fahrwerk mit elektronisch verstellbaren Dämpfern, Leichtbau: Was Audi A6, BMW 5er und Mercedes E-Klasse längst haben, soll nun auch bei den Briten zum Standard werden. Deshalb haben sie fast eine halbe Milliarde Euro in neue Produktionsanlagen investiert und für den XF wie schon seinem kleineren Bruder XE eine Karosserie entwickelt, die zu 75 Prozent aus Aluminium besteht. Der neue XF wiegt 190 Kilo weniger als der Vorgänger und soll 28 Prozent verwindungssteifer sein. Mike Bennison, zuständig für Antrieb und Fahrwerk, ist außerdem stolz auf die ideale Gewichtsverteilung von 50:50. „Der XF ist the driver’s choice“, sagt der Ingenieur, „das Auto für alle, die im Firmenwagen Fahrspaß wollen.“

Wie vom Lineal gezogene Kurvenlinie

Flott ums Eck kommen wir wirklich. Immer wieder treibt uns Adriano an, bis wir’s etwas zu schnell angehen lassen. Macht nichts. Wir spüren, wie der XF sein kurveninneres Hinterrad anbremst und den Wagen regelrecht zurück in die Spur zieht. Torque Vectoring heißt die Technik, die auch andere Hersteller längst nutzen und die mehr Fahrdynamik, aber auch mehr Sicherheit bringt.

Heck- oder Allradantrieb, Handschalter oder Achtgangautomatik, fünf Ausstattungslinien, das klassenübliche Set an Fahrhilfen, vom Radartempomat samt Staufunktion über die Verkehrszeichenerkennung bis zum Head-Up Display: Jaguar will sich mit dem XF in der Klasse der mittelgroßen Geschäftswagen breit machen. Dazu hält die Marke auch an den Sechszylindermotoren fest. „Die sind Teil unserer DNA und essenziell für eine Business-Limousine“, sagt Bennison.

Genau diese DNA macht auch wieder den Reiz des XF aus. Dazu gehört das klackernde Geräusch des Blinkers ebenso wie der Jaguar-typisch schlanke Arbeitsplatz, in den der Fahrer hineinschlüpft. Der Hintern gefühlte zehn Zentimeter über dem Boden, der Körper eingeklemmt zwischen wuchtiger Mittelkonsole und Tür mit schmalen Fenstern. Passt aber wie angegossen. Und dann diese Startprozedur, die der XF zelebriert: Während der Motor auf Touren kommt, fährt der runde Automatikschalter aus der Versenkung hoch und die Belüftungsdüsen gehen elektrisch angetrieben in Hab-Acht-Stellung.

Nüchternes Cockpit, tolles Infotainmentsystem

Schade nur, dass das Cockpit etwas sachlich nüchtern ausgefallen ist. Und so billige Plastikoberflächen wie beispielsweise am Lenkrad würde sich Audi oder BMW nicht erlauben. Der Rest dagegen passt: Weiches Leder, gut konturierte Sitze, viel Platz auf der auf Wunsch sogar klimatisierten Rückbank und mit 540 Liter ein ebenso großer Kofferraum wie in der Mercedes E-Klasse.

Ein Highlight ist das neue, dank Ethernet und leistungsstarkem Quad-Prozessor blitzschnelle Infotainmentsystem Incontrol Touch Pro für 2.184 Euro netto inklusive Soundsystem. Es kombiniert einen in der Diagonale 31 Zentimeter großen und frei konfigurierbaren TFT-Bildschirm für Navianzeige und Instrumente mit einem 29-Zentimeter-Touchscreen in der Mittelkonsole. Bedient wird es wie ein Tablet durch Wischen und Fingerspreizen. Seine Kacheloptik erinnert an Windows 8 und lässt sich frei konfigurieren. Für weitere 882 Euro kann man per Android Auto oder Apple Car Play Apps aufspielen und das System mit dem Smartphone vernetzen. Per App kann der Fahrer die Standheizung starten, den Kilometerstand für seine Reisekostenabrechnung ablesen oder das Auto suchen, wenn er nicht mehr weiß, wo er es abgestellt hat.

Neue Funktionen machen die Navi besonders für Vielfahrer oder Geschäftsleute interessant. So benachrichtigt sie ausgewählte Kontakte, wenn sich der Fahrer verspätet. Außerdem ist das System lernfähig, merkt sich häufig gefahrene Routen und warnt selbst bei nicht aktivierter Zielführung vor Staus oder schlägt gleich eine freie Strecke vor. 200 Meter vor dem Ziel zeigt der Bildschirm auf Wunsch zusätzlich eine 360-Grad-Ansicht und leitet zum nächsten freien Parkplatz.

Drei Diesel mit bis zu 300 PS Leistung

Inzwischen haben wir genug von der Rennstrecke, steigen in die Limousine mit V6-Diesel. 300 PS und 700 Nm lässt der überarbeitete Dreiliter-Diesel los, wenn er heißer fauchend seine Arbeit aufnimmt. Souveräner ist man in keinem XF unterwegs, bei zurückhaltendem Verbrauch, der sich auf unserer zügigen Ausfahrt zwischen 7,5 und 8,0 Litern einpendelt. Dabei sperrt die gut gedämmte Karosserie Wind-, Reifen- und Motorgeräusche weitgehend aus. Jetzt merken wir, dass die Katze auch samtpfotig auftreten kann. Im Komfort-Modus spricht die adaptive Federung (1.008 Euro) feinfühlig auf kleinste Bodenwellen an und verschont die Passagiere sogar bei üblen Schlaglöchern vor Stößen ins Rückgrat. Der V6-Spaß hat mit netto mindestens 51.690 Euro allerdings seinen Preis.

Schon deshalb dürfte der neue Zweiliter-Diesel im Flotteneinsatz erste Wahl sein. Den Vierzylinder mit 163 oder 180 PS gibt es bereits ab 34.747 Euro und genügt für zügiges Vorwärtskommen völlig. Er verbraucht nur vier Liter, 20 Prozent weniger als der bisherige Vierzylinder und stößt mit 104 g weniger CO2 aus als alle Wettbewerber. 

Das könnte Jaguar nur mit einem Plug-in Hybriden unterbieten. Doch ob der kommt, ist ebenso offen wie ein Nachfolger für den XF Kombi. Dessen Rolle könnte der für 2016 geplante SUV F-Pace übernehmen. Die passende Rennstrecke für die Testfahrten hat Jaguar sicher schon gebucht.