Menschliche Fehler führen zu 94 Prozent aller Schäden. Telematik und Assistenzysteme schaffen Abhilfe: Sie verhindern Unfälle und verbessern das Fahrverhalten des Einzelnen.
Die Menschen sind untereinander vernetzt, Fahrzeuge werden in wenigen Jahren nachziehen. Die Hersteller überbieten sich bei den entsprechenden Innovationen. Aber auch viele Versicherer suchen nach digitalen Lösungen, gerade für Flotten. Entsprechende Angebote bieten zum Beispiel die Versicherungen Itzehoer, Zurich oder HDI.
Fahrverhalten analysieren
Noch bieten die Systeme eine sehr unterschiedliche Servicetiefe. Allen ist jedoch gemein, dass sie die Bestandsaufnahme von Schäden digitalisieren und deutlich schneller machen. Flottenmanager können künftig in Echtzeit auf negative Entwicklungen reagieren. Eine umfassende Ausstattung der Flotte mit Telematik erlaubt eine umfassende Analyse des Verhaltens der Dienstwagenfahrer. Das ermöglicht den Flottenverantwortlichen, schon vor dem Schaden zu agieren, anstatt erst danach. Die Technik identifiziert risikogeneigte Fahrer.
Laut Edgar Puls, Leiter Kfz-Versicherungen bei HDI, könne Telematik die Wirtschaftlichkeit jeder Flotte deutlich verbessern. Neben Anschaffungskosten sind die größten Geldfresser Kraftstoffverbrauch, Verschleiß und Schäden. Erfolgreich im Kosten senken ist bereits die Zurich Versicherung, die ihren Kunden seit 2012 ab einer Fuhrparkgröße von 50 Fahrzeugen das System Fleet Intelligence anbietet. Durch die gezielte Förderung einer vorausschauenden und defensiven Fahrweise sei eine Senkung der Betriebskosten um bis zu zehn Prozent möglich.
Auch die Betriebskosten des Fahrzeugs lassen sich durch einen niedrigeren Kraftstoffverbrauch und geringeren Verschleiß von Fahrzeugteilen wie Reifen und Bremsen in ähnlicher Höhe reduzieren. "Zudem bietet das System den Fahrern jederzeit transparenten Einblick in ihre persönliche Auswertung und motiviert sie, ihre eigene Fahrleistung selbst zu verbessern", sagt Zurich-Sprecher Bernd Engelien. Die Zahl der Unfälle lasse sich um bis zu 20 Prozent reduzieren
Alle Vorgänge im Blick
Ein ähnlich ausgeklügeltes System bietet auch das Online-Schadenmanagement des Versicherungsmaklers Aktiv Assekuranz. Dargestellt werden laut Geschäftsführer Winfried Nibus die Ersterfassung der Schäden, Zahlungsflüsse und jegliche Kommunikation zu Kunden, Versicherern, Werkstätten, Sachverständigen und Mietwagen- oder Leasing-Gesellschaften. Fast alle großen Versicherungsmakler von Marsh, über Aon bis hin zu Oskar Schunck haben ähnliche Online-Reportings-Syteme entwickelt. Natürlich besteht auch die Möglichkeit, einen ähnlichen Service über Dienstleister oder Leasinganbieter zu erhalten. Sinnvoll ist das aber nur, wenn die Flottenverantwortlichen zeitnahe und aktiv auf Veränderungen oder Besonderheiten reagieren. "Weniger Schäden bedeuten automatisch weniger Selbstbeteiligung und geringere indirekte Kosten", sagt Versicherungsmakler Oliver Mack von Hoesch und Partner aus Frankfurt.
GPS-Überwachung rechtlich erlaubt
Unternehmen, die ein Telematik-System nicht nur zur Schadenanalyse, sondern auch zur Schadenabwehr nutzen wollen, müssen die GPS-Überwachung im Betrieb transparent machen und mit dem Betriebsrat absprechen. "Auf gar keinen Fall darf eine solche Überwachung heimlich passieren", warnt Heiko Granzin, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Strafrecht aus Hamburg. Die Mitarbeiter müssen informiert sein. Einen Hinderungsgrund zur Einführung einer solchen Kontrolle gebe es aus rechtlicher Sicht nicht. Sie gelte als Arbeitszeitenkontrolle und könne somit als praktische Ausübung des Gesetzes und der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers zur Verhinderung von Pflichtverletzungen begründet werden. Bei der Abwägung zwischen Datenschutz und Kosten sollte man zudem im Auge haben, dass ein Fahrer- und Fahrzeugausfall oft deutlich höher zu Buche schlägt als die Entschädigung durch die Versicherung. Wichtige Waren landen zum Beispiel nicht am Zielort oder das wertvolle Know-How der Fahrer geht verloren.
Treten bestimmte Schäden immer wieder auf, kann sich eine Nachrüstung mit Assistenzsystemen lohnen. Sie beugen Schäden ebenfalls vor. Unfallforscher empfehlen den Aufmerksamkeitsassistenten. Er weiß, wie ein wacher Fahrer fährt und reagiert mit einem Warnton, wenn die Fahrzeugbewegung vom berechneten Algorithmus deutlich abweicht.
Die Technik relativiert menschliches Fehlverhalten
Bei vielen Parkschäden sind Fahrzeuge mit Einparksensoren und Rückfahrkamera gefragt. Schon in der Kompakt-Klasse können Flottenleiter Fahrzeuge ordern, die sich durch umfangreiche Sicherheitssysteme auszeichnen. Zum Beispiel bietet Ford schon im Focus Tempomat, Notbrems-, Totwinkel- und Parkassistenten an. Trotzdem wirkt die Sicherheitstechnik oft nur wie ein Tropfen auf dem heißen Stein.
Laut einer Studie von Daimler gehen 94 Prozent aller Schäden auf menschliches Fehlverhalten zurück. Die Suche nach Problemfahrern und deren Schulung, etwa durch Fahrsicherheitstrainings, gehört daher zu einer kontinuierlich Risikoanalyse. Als wirksame Motivationshilfe gilt gemeinhin, Unfallfreiheit mit einem jährlichen Bonus zu belohnen.
Welche der Stellschrauben im jeweiligen Unternehmen besonders wichtig und wirksam sind, sollten Berater, Makler oder Versicherer erläutern. Wird ein nachvollziehbares, schlüssiges Konzept präsentiert, sollte es in der Praxis einen kleinen Testlauf geben. Erst dann ist ein Umstieg auf eine neue Technik oder der Wechsel zu einem neuen Berater oder Versicherer sinnvoll.
Tipps für die Praxis
Telematik-Einsatz im Fahrzeug und schnelle Online-Auswertung helfen die Schadenverhütung deutlich verbessern und zu beschleunigen.
Analyse
Erkennen und Bewerten von Risiken
Risiken aufteilen
vermeiden, vermindern, überwälzen oder selbst tragen
Teamwork
Alle Geschäftsbereiche einbeziehen
Transparente Kommunikation
Die neu entwickelte Risikopolitik klar kommunizieren
Überwachung
Risiko-Überwachung installieren, Controlling einbeziehen; Soll/IstAbgleich
Technik verbessern
Auswahl, Ausstattung, Einsatz von Fahrzeugen
Organisation verbessern
Klare Sicherheitsphilosophie und Datenmanagement