Seit 2008 gibt’s den Berlingo Multispace. Jetzt bekam er ein Facelift. Ist der Hochdachkombi damit noch auf der Höhe der Zeit? Ein Fahrbericht.
Multispace, das klingt nicht nur nach viel Platz, sondern passt in diesem Fall wirklich. Ob Kinderwagen, Fahrräder oder Handwerker-Ausrüstung, wer viel zu transportieren hat, landet früher oder später bei einem Hochdachkombi wie dem Berlingo Multispace.
Fast drei Millionen Käufer können nicht irren, darunter viele, die den Citroën als Firmenwagen nutzen. Und mit der letzten Modellpflege, die der Wagen Mitte 2015 bekam, wurde die seit 2008 gebaute zweite Generation des Berlingo wieder einen Tick ausgereifter.
Aber der Reihe nach: Optisch tat sich wenig. Wozu auch? Das Schrankwand-Design der ersten Generation ist längst passé und auch vorher musste niemand mehr seinen Berlingo auf dem Firmenparkplatz verschämt in der Ecke parken. Deshalb verpassten die Designer dem Kombi nur einen neuen Kühlergrill samt LED-Tagfahrlicht und räumten im Cockpit ein wenig auf.
Neues Multimedia mit Stärken und Schwächen
Auf Wunsch thront dort in der Mitte ein neues Multimediasystem mit sieben Zoll großem Touchscreen (453 Euro netto), auf dem sich auch die Daten des Bordrechners abrufen lassen. Mit DAB bietet es zudem ausgezeichneten Radioklang. Nachteil: Auf den ansonsten serienmäßigen CD-Player muss der Käufer dann verzichten. Stattdessen streamt er Musik per Bluetooth und integriert sein Smartphone per Mirror Link. So wird das System internetfähig und bringt Spotify oder Webradio ins Auto. Für 411 Euro mehr gibt’s eine schnelle, gut funktionierende Navigation dazu und für insgesamt relativ happige 1.663 Euro helfen Parksensoren vorne sowie eine Rückfahrkamera beim Rangieren.
Allerdings ist dem minimalistischen Design des Systems ein griffiger Knopf für die Lautstärke zum Opfer gefallen. Stattdessen gibt es zwei fummelige Drucktasten. Damit kann man ja noch leben, denn hinterm Lenkrad sitzt die praktische Fernbedienung fürs Radio. Und wo ist der Ein-Ausschalter geblieben? Fehlanzeige. Wer nichts hören und sehen will, muss das Display übers Menu abdunkeln und die Lautstärke auf Null regeln. Nur um nach jedem Anruf oder mit dem ersten Hinweis im Verkehrsfunk erneut beschallt zu werden, denn dann dudelt das Radio sofort im Hintergrund wieder los.
Leise und komfortabel
Sei’s drum, die Kerntugenden des Berlingo haben die Designer nicht angetastet. So bietet der Franzose weiterhin Platz und Stauraum in Hülle und Fülle. Wo haben wir nur die letzte Ausgabe von FIRMENAUTO verkramt? Im Handschuhfach, ganz unten in der großen Box zwischen den Sitzen, in der Ablage überm Dach, oder womöglich in den Fächern im Boden? Bei so vielen Fächern verliert man schnell den Überblick.
Fürs große Gepäck lassen sich die ab dem dritten Ausstattungsniveau XTR serienmäßigen Einzelsitze wickeln oder sogar ganz ausbauen. Bei drei Kubikmeter Kofferraumvolumen kann der Berlingo seine Herkunft als Lieferwagen nicht leugnen.
Trotzdem darf er sich eindeutig als Pkw bezeichnen, mit einem erstaunlich hohen Fahrkomfort. Er ist nicht zu straff abgestimmt, sondern federt prima, und unser 1.6 HDi dieselt fast unhörbar unter der gut gedämmten Motoraube. Wie der Fahrtwind bei Tempo 150 um die eckige Karosserie tobt, ist höchstens zu spüren, und auch die Reifen rollen schön leise ab.
60 Prozent über dem Normverbrauch
Die 99 PS des Euro-6-Diesels reißen keine Bäume aus, genügen aber völlig, um auf der linken Spur flott mit zu schwimmen. Und der Verbrauch? Ist wie immer jenseits der Normwerte. 4,1 Liter lassen sich trotz Start-Stopp-Systems schon wegen des 1,80 Meter hohen Aufbaus kaum schaffen. So saugt der mit einem etwas hakeligen Fünfganggetriebe gekoppelte HDi bei normalem Reisetempo moderate sechs bis sieben Liter aus dem 53 Liter großen Tank. Nur Vollgasfahrten sollte man vermeiden, denn dann schnalzt die Verbrauchsanzeige auf neun und mehr Liter.
Und wieviel kostet das Ganze? Die Start-Stopp-Version des 99-PS-Diesel gibt es erst ab dem dritten Ausstattungsniveau XTR für 18.824 Euro. Die lohnt sich aber schon wegen der zweiten Schiebetüre und vor allem wegen der Einzelsitze, die viel praktischer als die Serienbank sind. Klimaanlage, CD-Radio, LED-Tagfahr- und Abbiegelicht gibt’s auch dazu, ebenso die etwas rustikalere Optik samt höherer Bodenfreiheit und Motorschutz. Fahrhilfen wie im brandneuen VW Caddy kann der Franzose zwar nicht bieten, aber das können Opel Combo, Renault Kangoo , Fiat Doblò oder Mercedes Citan auch nicht. Aber obwohl die zweite Generation des Berlingo schon seit 2008 gebaut wird, ist sie noch immer auf der Höhe der Zeit.