Deutsche Bahn Mobilitätsbudget statt Dienstwagen

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Ein Firmenwagen dient Unternehmen als Lockmittel, um hochkarätiges Personal zu gewinnen. Doch es gibt Alternativen, die mindestens genauso attraktiv sind. Die Deutsche Bahn macht’s vor.

3.000 Führungskräfte mit Anspruch auf einen Dienstwagen haben seit 2013 die Qual der Wahl. Wer will, den hält die Deutsche Bahn auch ohne eigenen Dienstwagen mobil. Wie das geht? Mit dem sogenannten Mobilitätsbudget für Mitarbeiter. "Wir haben unsere Firmenwagenrichtlinie zur Mobilitätsrichtlinie erweitert", sagt Lars Hünninghausen, Leiter Grundsätze Beschäftigungsbedingungen, Vergütung und Sozialleistungen der Deutschen Bahn.

Ziel war es, vom starren Konzept Dienstwagen wegzukommen. Längst nicht jede Führungskraft wollte einen Firmenwagen. "Die Menschen sind unterschiedlich. Außerdem verändern sich die Mobilitätsbedürfnisse in den einzelnen Lebensabschnitten. Darauf haben wir reagiert", erklärt der DB-Mann. Konkret meint der 46-Jährige das neue Mobilitätsbudget für Führungskräfte, das den klassischen Firmenwagen ablöst.

Zur Wahl stehen nun der klassische Dienstwagen mit Privatnutzung oder die "Bahncard 100 First" plus diverse Zusatzleistungen. Wer sich für die Bahncard entscheidet, bekommt gleich eine zweite. Damit sind entweder Ehefrau, Freundin oder Oma kostenlos auf sämtlichen DB-Linien unterwegs.

Mitarbeiter erhalten Extra-Budget für Mietwagen – etwa bei Urlaubsfahrten

Zusätzlich gibt’s noch ein Extra-Budget für Mietwagen und Mietfahrrad, die ­Höhe des Budgets für den Mietwagen richtet sich nach den Vereinbarungen im Arbeitsvertrag. Die Fahrzeuge werden von den DB-Führungskräften beim Carsharing-Anbieter Flinkster beziehungsweise dem Fahrradverleih Call- a-Bike aus dem eigenen Haus angemietet. Die anfallenden Kosten einschließlich Verbrauchspauschale samt Steuern übernimmt der Arbeitgeber in voller ­Höhe. Fällig wird der geldwerteVorteil bei der Privatnutzung von Flinkster.

In der Regel fahren die Mitarbeiter mit der Bahn zum Geschäftstermin und buchen sich im Vorfeld oder via App im Zug ein passendes Flinkster-Auto oder ein Fahrrad von Call-a-Bike für die sogenannte letzte Meile zum Ziel. Dass Flinkster dabei ein stationsgebundenes Konzept verfolgt und der Wagen an den gleichen Standort zurück gebracht werden muss, sei nicht weiter tragisch. In der Regel komme der Mitarbeiter mit der Bahn an, steige auf Flinkster um und fahre dann zu seinem Termin. Ist der gelaufen, geht es in umgekehrter Reihenfolge wieder zurück. Da seien One-Way-Fahrten kaum nötig.

"Früher gab es ein Auto oder nichts. Heute schlagen wir mit dem neuen Angebot mehrere Fliegen mit einer Klappe. Zum einen haben wir einen weiteren Trumpf bei der Mitarbeiter-Anwerbung, zum anderen fördern wir unsere eigenen Mobilitätsprodukte. Außerdem zählt
dieses ökologische Angebot als weiterer Baustein zur Green Policy des Unternehmens", argumentiert Hünninghausen. Die nachhaltige Strategie »DB 2020« der Bahn fußt auf drei Säulen: wirtschaftliches Handeln (Ökonomie), schonender Umgang mit Ressourcen (Ökologie) und hohe gesellschaftliche Akzeptanz als Arbeitgeber (Soziales). Die DB will profitabler Marktführer, Umweltvorreiter und Top-Arbeitgeber sein. Um solche hochgesteckten Ziele zu erreichen, muss auch die Bonusvergütung der ­Führungskräfte stimmen. Bis 2020 will die Deutsche Bahn unter anderem zu den zehn Top-Arbeitgebern in Deutschland gehören. Dazu soll das Mobilitätsbudget für Führungskräfte sein Scherflein beitragen.

Schluss mit der lästigen Parkplatzsuche. Carsharing gibt’s in 140 Städten

So gehört beispielsweise die Parkplatzsuche in den Innenstädten der Vergangenheit an. Flinkster ist mit 3.100 Fahrzeugen verschiedener Kategorien in 140 deutschen Städten an mehr als 800 Stationen vertreten. Hinzu gesellen sich noch 50 Standorte in Deutschland, an denen die Kartenbesitzer unabhängig von ihrer gewählten Mobilitätsleistung Fahrräder von Call-a-Bike für private und geschäftliche Fahrten nutzen können.

In dem angebotenen Pauschaltarif trägt der Arbeitgeber die Kosten für die Nutzung in Form einer Jahrespauschale samt der darauf anfallenden Steuern. Dieser Pauschaltarif ermöglicht die kostenfreie Fahrradnutzung für eine Dauer von maximal einer halben Stunde. Ab der 31. Minute muss der Mitarbeiter selbst dafür aufkommen. Allerdings sind mehrere Fahrten bis zu 30 Minuten am Tag kostenfrei möglich.

Inzwischen haben sich bereits rund 50 berechtigte Führungskräfte für das neue Modell Bahncard plus Flinkster und Call-a-Bike entschieden. Das ist laut Hünninghausen doppelt so viel wie nach einem Jahr erwartet. Man dürfe schließlich nicht vergessen, dass das Gros der Leasingverträge für die Dienstwagen über drei Jahre läuft. Erst wenn die enden, könne die Zahl der Umsteiger weiter anwachsen.

Die Bahn hat aber noch mehr in petto. Wer weder einen Firmenwagen noch die Bahncard 100 First benötigt, kann sein Mobilitätsbudget auch komplett für Mietwagen ausgeben. Getreu dem Motto: Unter der Woche braucht man kein Fahrzeug oder nur einen Kleinwagen, am Wochenende ein Cabrio und für den Urlaub eine Großraumlimousine.
Das Budget dafür reicht lange. Für den Leihwagen zahlt der Mitarbeiter von seinem Budget nämlich nur die Nutzungsgebühr, nicht aber die Verbrauchskosten. Daher müsse er letztendlich nicht den vollen Preis wie bei einer Privatanmietung berappen, sondern etwa nur die Hälfte. Dass der geldwerte Vorteil noch versteuert werden muss, versteht sich von selbst. Allerdings nutzen bislang nur wenige Führungskräfte das Angebot. Die Kooperationen mit Multicity und Car2go machen das bald noch leichter. Natürlich können sich DB-Mitarbeiter weiterhin für einen herkömmlichen Dienstwagen entscheiden. Doch auch hier findet derzeit ein Sinneswandel statt. Die Mitarbeiter sollen künftig klimaschonender unterwegs sein.

Sinneswandel beim klassischen Dienstwagenmodell

Der Konzern fördert daher Autos mit alternativer Antriebstechnik und Fahrzeuge der Energieeffizienzklassen A+ und A. Für bestellte Autos aus dem "grünen Bereich" bekommt der Mitarbeiter einen Sonderbonus zum monatlichen Mietbudget, um beispielsweise die Mehrkosten für Elektrofahrzeuge auszugleichen. Den beim "Firmenwagen durch Gehaltsumwandlung" gewährten pauschalen Zuschuss zu den Kraftstoffkosten hebt das Unternehmen bei der Wahl eines CO2-effizienten Autos ebenfalls an.

Einmalig ist auch das Angebot der DB, seinen Firmenwagen weiterhin für sich in Anspruch zu nehmen, wenn die Führungskraft zeitweise aus dem Berufs­leben aussteigt und beispielsweise in Eltern- oder Pflegezeit wechselt. In diesen Fällen übernimmt der Arbeitgeber für den Zeitraum von maximal einem halben Jahr die Kosten. Das betrifft auch die anfallenden Steuern und Sozialversicherungsbeiträge, die zunächst der
Arbeitgeber bezahlt. Erst nach der Rückkehr des Mitarbeiters in den Job wird
dieser Betrag vom Gehalt einbehalten.

Damit der Mitarbeiter bei den Nutzungsarten des Mobilitätsbudgets nicht den Überblick verliert, bekommt er professionelle Unterstützung. Die Personalabteilung informiert über die Mobilitätsdienstleistungen der Bahn und sucht individuell nach den besten Optionen für den Mitarbeiter. Ist die Entscheidung gefallen, braucht sich die Führungskraft um fast nichts mehr zu kümmern. Der Betreuer stellt ihm entweder den Firmenwagen vor die Tür oder veranlasst den Versand von Bahn-, Flinkster- und Call-a-Bike-Karte.

Das Konzept könnte auch bei anderen Unternehmen zum Einsatz kommen

Letztere sind wie für jedermann auch ein Jahr gültig und verlängern sich automatisch, falls keine Kündigung erfolgt. Wer also nach einem Jahr von der Bahncard doch wieder zum Firmenwagen wechseln möchte, kann nach Ablauf der Frist davon Gebrauch machen.
Das Konzept Bahncard plus weitere Mobilitätsdienstleistungen beansprucht die Bahn nicht für sich allein. Künftig will man auch anderen Unternehmen mit größeren Firmenflotten diese Mobilitäts­alternativen anbieten und bei der Implementierung helfen. Wann es so weit ist und welche Firmen auf den Zug aufspringen könnten, bleibt zunächst noch ein Geheimnis.