Dienstwagensteuer Geht das nicht einfacher?

SLS Roadster mit Bundesadler Foto: Daimler AG - press department

Wie war das mit der Steuererklärung auf dem Bierdeckel? Fast zehn Jahre ist es her, dass Unionspolitiker Friedrich Merz seine legendäre Rechnung mit ein paar Zeilen auf den Deckel kritzelte. Auch heute noch gilt die Maxime, dass eine Steuer einfach, gerecht und verständlich zu sein habe. Die Realität sieht allerdings anders aus.

Vor allem die Besteuerung der Dienstwagen liegt im Argen. Immer öfter stehen die Nutzer von Dienstwagen mit dem Finanzamt im Clinch, weil Fahrtenbücher beanstandet, Fahrten zwischen Home-Office und Arbeitgeber oder von der Zweitwohnung am Arbeitsort zum Hauptwohnsitz nicht korrekt berechnet werden.

Der Bundesfinanzhof befasst sich derzeit in einem Musterprozess mit der Ein-Prozent-Regelung, nachdem ein Arbeitnehmer dagegen geklagt hatte, dass das Finanzamt den geldwerten Vorteil für den als Gebrauchtfahrzeug angeschafften Dienstwagen auf der Basis des Bruttolistenpreises ansetzte. "Der Listenpreis ist ein Mondpreis, der über den handelsüblichen Verkehrspreisen liegt. Wer einen Dienstwagen fährt, muss einen höheren geldwerten Vorteil versteuern. Gerechter wäre es, wenn das Finanzamt vom Bruttolistenpreis stets 20 Prozent abzieht", erklärt Hans-Ulrich Liebern, Leiter der Steuerabteilung beim Bund der Steuerzahler Nordrhein-Westfalen.

Reform der Dienstwagensteuer - radikal oder behutsam?

Eine Reform der Dienstwagensteuer ist also längst überfällig. Immerhin hat sich Schwarz-Gelb im Koalitionsvertrag auf die Fahne geschrieben, die Angemessenheit der Besteuerung des geldwerten Vorteils aus der Privatnutzung betrieblicher Fahrzeuge zu überprüfen. Angekommen ist bislang aber lediglich eine Steuererleichterung für Dienstwagennutzer, die nur an wenigen Tagen im Monat zur Arbeitsstätte fahren.

Dass sich die Politik so schwertut, liegt vielleicht an den komplexen Verhältnissen in den deutschen Fuhrparks. Fährt der typische Dienstwagennutzer tatsächlich mit dem dicken Geländewagen zum Bäcker um die Ecke, nur weil der Arbeitgeber den Sprit bezahlt? Oder passt der Mitarbeiter in der Mittelklasse besser ins Bild, der im Außendienst einen Großteil seiner Fahrten auf der Autobahn abspult? Reicht für eine Reform der Dienstwagensteuer der Werkzeugkasten? Oder ist doch die Abrissbirne gefragt?

Der Verband der Automobilindustrie (VDA) in Berlin jedenfalls favorisiert eine behutsame Lösung. Da sich aus seiner Sicht die Grundsystematik der Firmenwagenbesteuerung bewährt hat, seien nur kleinere Korrekturen nötig. "Die Pauschale für den geldwerten Vorteil ist mit einem Prozent bereits sehr hoch angesetzt. Die Kombination mit der Regelung für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte führt jedoch zu einer Überbesteuerung, die auch durch die Entfernungspauschale nicht hinreichend kompensiert wird", sagt Hans-Joachim Vanscheidt, Leiter der Abteilung Steuern und Zölle.

Das Öko-Modell soll die Fahrer sparsamer Firmenwagen belohnen

Im Steuermodell des VDA bleibt es bei der bisherigen Ein-Prozent-Regelung. Schluss sein soll dagegen mit Zuschlagregelung und Entfernungspauschale. "Die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sowie zusätzliche Familienheimfahrten müssen in unserem Modell nicht mehr einzeln erfasst werden. In der Praxis lassen sich damit auch Fälle wie Park and Ride oder gelegentliche Fahrten zu einer weit entfernt liegenden Arbeitsstätte unkompliziert lösen", erklärt Vanscheidt.

Das Gegenkonzept zu diesem Entwurf liefert das Forum ökologisch-soziale Marktwirtschaft (FÖS) in Berlin. Die Zielsetzung: Anschaffung und Nutzung von Dienstfahrzeugen sollen nach ökologischen Kriterien so gesteuert werden, dass es sich sowohl für Unternehmen als auch für Nutzer von Dienstfahrzeugen lohnt, umweltfreundlichen Fahrzeugen den Vorzug zu geben. Den Hebel für das gewünschte Verhalten bildet eine Bonus-Malus-Regelung für Kraftstoffverbrauch und Emissionswerte. Bei einem neuen Firmenwagen mit niedrigen Verbrauchswerten sollen alle Kosten wie bisher absetzbar sein. Die dafür vorgeschlagenen Grenzwerte bewegen sich derzeit in einem Rahmen zwischen 130 und 140 Gramm CO2 pro Kilometer.

Liegen die Werte sogar darunter, steigt die Absetzbarkeit weiter an, liegen sie darüber, sind satte Aufschläge fällig. Dabei gilt der Grundsatz, dass die Absetzbarkeit des Dienstwagens in dem Maße sinkt, wie die CO2-Werte steigen. Eine dynamische Komponente sorgt dafür, dass die Grenzwerte in bestimmten Zeitabständen nach unten rutschen, um dadurch dem technischen Fortschritt der Automobilhersteller Rechnung zu tragen. Auch das Modell des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) spielt die ökologische Karte nach diesen Regeln. Allerdings nimmt der VCD lediglich den Nutzer eines Dienstwagens in die Pflicht.

Darf der Gesetzgeber die Anschaffung eines Dienstfahrzeugs mit einer ökologischen Komponente beaufschlagen?

"In unserem Modell zahlen die Mitarbeiter mit Dienstwagenberechtigung für besonders spritsparende Fahrzeuge im Vergleich zur heutigen Regelung nicht mehr. Mit steigendem Verbrauch nehmen die Kosten aber deutlich zu. Spritfresser werden überproportional stärker besteuert als sparsame Fahrzeuge, was eine hohe Lenkungswirkung entfaltet", sagt Gregor Kolbe, Projektmanager im Verkehrsreferat des VCD. Die meisten Fuhrparkleiter werden solche Planspiele kaum überraschen.

Was die Öko-Fraktionen als Steuermodelle anbieten, könnte auch als Blaupause für eine grüne Car Policy dienen, wie sie bereits in zahlreichen Fuhrparks praktiziert wird. Andererseits ist längst nicht ausgemacht, dass diese Modelle bei einem ökologischen Umbau der Dienstwagensteuer auch zum Zuge kommen. Hier wird im Zweifel das Bundesverfassungsgericht ein Wort mitreden. Darf zum Beispiel der Gesetzgeber die Anschaffung eines Dienstfahrzeugs überhaupt mit einer ökologischen Komponente beaufschlagen? Für den Juristen Professor Dr. Stefan Klinski von der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin steht dieses Recht nicht infrage.

Problematisch erscheint dagegen der Ansatz, auch den Nutzer eines Dienstfahrzeugs anhand ökologischer Kriterien zu besteuern. "Aus rechtlicher Sicht bedenklich ist die systemfremde Unterschiedsbehandlung der Privatnutzung und der betrieblichen Nutzung von Dienstwagen", weiß Professor Klinski, der gemeinsam mit dem finanzwissenschaftlichen Forschungsinstitut an der Universität zu Köln (FiFo) für das Bundesumweltministerium eine Studie über die steuerliche Behandlung von Firmenwagen in Deutschland erstellt hat. Herzstück dieser Studie ist ein Vorschlag für eine Reform, der erstmals auch das private Fahrverhalten mit dem Dienstwagen in Rechnung stellt.

Die Privatfahrten mit Firmenwagen könnten künftig mit 75 Prozent besteuert werden

Bei den Nutzern dürfte die Grundannahme des Modells wenig Gegenliebe finden. Es deklariert 75 Prozent aller Fahrten mit einem Dienstwagen als private Fahrten. Liegt der Anteil für dienstliche Fahrten höher, bleibt zum Nachweis der Privatfahrten fürs Finanzamt das Fahrtenbuch. Tatsächlich legt das FiFo-Modell mit seinen Prämissen die brennende Lunte an die Dienstwagenpauschale. "Wir stellen den Angestellten mit Dienstwagen dem Angestellten mit Privatwagen in steuerlicher Hinsicht gleich. Dazu setzen wir für private Fahrten mit dem Dienstwagen eine so hohe Pauschale an, dass es für den Nutzer keinen Unterschied macht, wenn er die Fahrten mit dem Privatwagen durchführt", erklärt die Volkswirtin Eva Gerhards, eine der Autoren der Studie.

Das FiFo-Modell arbeitet mit einer Pauschale, die den Anschaffungspreis für das Dienstfahrzeug mit einem Anteil des Nutzers an den Betriebskosten kombiniert. Variante eins des Modells berücksichtigt die Betriebskosten – Werkstatt, Verschleiß, Kraftstoff – durch eine stärkere Pauschalierung des Anschaffungspreises. Variante zwei bezieht neben Anschaffungspreis und Abnutzung auch den Kraftstoffverbrauch auf Basis der spezifischen CO2-Emissionen ein. Eva Gerhards: "Zur Berechnung des geldwerten Vorteils rechnen wir die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte aus der jährlichen Gesamtfahrleistung heraus, damit Arbeitnehmer mit langem und kurzem Arbeitsweg gleichgestellt sind.

Kippt die Ein-Prozent-Regel, würde der geldwerte Vorteil um ein Vielfaches steigen

Vom Ergebnis sind dann 75 Prozent als private Fahrten anzusetzen. Da die kombinierte Pauschale mit zunehmender Gesamtfahrleistung wächst, dürfte sich für einen Vielfahrer mit einer jährlichen privaten Laufleistung von 30.000 Kilometern der geldwerte Vorteil knapp verfünffachen." Im Bundesumweltministerium wird das Mitte 2011 vorgestellte Reformkonzept noch heftig diskutiert. Die offizielle Sprachregelung besagt, dass man sich derzeit eng mit dem Bundesfinanzministerium abstimmt.

Zur Meinungsbildung könnte ein Anruf beim Marktbeobachtungsinstitut Dataforce beitragen. Dort hat man konkrete Vorstellungen, wie sich ein Verzicht auf die Ein-Prozent-Regelung auswirken würde. "Wir haben dazu rund 700 Fuhrparkbetreiber befragt. Rund 60 Prozent würden die Dienstwagen anschaffen wie bisher, 15 Prozent würden weniger Fahrzeuge anschaffen und 22 Prozent auf kleinere Modelle umsteigen", berichtet Levent Simal, Director Fleet Base & Research.

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