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E-Autos bei der US-Polizei Im Elektroauto auf Verbrecherjagd

E Autos Foto: Fabian Kirchbauer/SP-X 9 Bilder

Normalerweise fahren sie martialisch aufgerüstete Kampfwagen wie den Ford Interceptor oder den Dodge Charger. Doch immer öfter tauscht die US-Polizei ihre Pursuit Vehicles aus Detroit gegen zwei ungewöhnliche Autos aus Deutschland.

Wenn Ralph Jefferson morgens in der Garage des New York Police Departments (NYPD) in seinen Dienstwagen steigt, können sich die Kollegen ein schadenfrohes Lächeln nicht verkneifen: Während sie in Ford-Modelle mit so martialischen Namen wie Ford Interceptor oder Dodge Charger klettern und wie die Könige durch die Straßen von Manhattan patrouillieren, zwängt Jefferson seine knapp zwei Meter und über 100 Kilo durch die Türen eines Smart. Denn der Officer zählt zu den ersten Polizisten beim NYPD, die neuerdings mit dem Bonsai-Benz durch den Big Apple kreuzen.

Doch für den einstigen Football-Profi der Franken Timberwolves aus Fürth ist der Mini-Mercedes kein Abstieg, sondern ein Aufstieg. Schließlich war er bislang in einem Dreirad unterwegs, das eher an einen Krankenfahrstuhl als an einen Streifenwagen erinnert. Der Einsitzer ist nicht nur lahm und klapprig und innen viel enger als der Smart, vor allem hat er keine Klimaanlage, stöhnt Jefferson und ihm tritt schon der Schweiß auf die Stirn, wenn er nur an die heißen Sommer in den Häuserschluchten von Manhattan denkt.
 
Während Jefferson über den mangelnden Komfort der kanadischen Threewheeler schimpft und über die – nun ja - eher eingeschränkte Autorität, die er in ihnen ausstrahlte, sind die Dreiräder Robert Martinez aus einem anderen Grund ein Dorn im Auge. Er ist der oberste Einkäufer der vielleicht berühmtesten Polizeibehörde der Welt und sieht die schrulligen Vehikel vor allem als ebenso teure wie unflexible Posten in seinem Fuhrpark-Management. Denn mit etwa 30.000 Dollar (rund 27.200 Euro) hält er sie für hoffnungslos überteuert, die wechselnden Besitzverhältnisse beim Hersteller haben zu wechselnden Motorlieferanten geführt, was die Wartung zu einem Problem macht. Und vor allem sind die Threewheeler offiziell Motorräder, können deshalb auch nur mit Motorrad-Cops besetzt werden und haben eine so geringe Zuladung, dass Riesen wie Jefferson eigentlich nackt einsteigen müssten.

Dabei trägt der Officer im Threewheeler nicht nur seine schusssichere Weste und den kiloschweren Gurt mit Handschellen, Dienstwaffe und Pfefferspray, sondern muss außerdem noch einen Helm aufsetzen. "Eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit", ereifert sich der Deputy Commissioner und will lieber heute als morgen den Fuhrpark neu bestücken. Aus den aktuell etwa 60 Smart im Streifeneinsatz sollen dann fast 300 Fahrzeuge werden, die als Legionäre im Namen des Gesetzes durch Manhattan, Brooklyn, die Bronx oder Harlem schnurren.

Der Smart ist billiger, hat zumindest in der Theorie einen zweiten Sitzplatz, den Martinez allerdings wegen der Versicherung nicht nutzen darf, er hat sich in den ersten Tests als deutlich weniger anfällig erweisen und er ist mit seinem 90 PS starken Motor so flott unterwegs, dass er anders als der Threewheeler auch ohne Geleitschutz auf den Highway darf, wenn er mal in ein anderes Stadtviertel verlegt wird, fasst der Spitzenbeamte die Vorzüge des europäischen Kleinstwagens zusammen. Und er kommt bei Cops wie Officer Jefferson besser an: "Kein Wunder, ich habe darin mehr Platz als in dem alten Dreirad und muss dank der Klimaanlage im Sommer nicht mehr schwitzen und im Winter nicht mehr frieren."

Jefferson und seine Kollegen in New York sind aber nicht die einzigen amerikanischen Cops mit ebenso ungewöhnlichen wie unpatriotischen Dienstwagen: Auch 4.000 Kilometer weiter im Westen sind seit ein paar Monaten automobile Legionäre aus Deutschland in der Uniform der Polizei unterwegs. Denn das Police Department von Los Angeles hat gerade 100 BMW i3 bestellt.

L.A. soll zum grünen Vorreiten in den USA werden

Die Idee dafür stammt von Bürgermeister Eric Garcetti, der Los Angeles zum grünen Vorreiter in den USA machen und den Fuhrpark der Stadt so schnell wie möglich auf alternative Antriebe umstellen möchte. Bereits 2017 soll jede zweite Neuanschaffung in der städtischen Flotte deshalb ein Elektrofahrzeug sein und 2025 Fahrzeug soll ihr Anteil bei 80 Prozent liegen, hat der Demokrat angekündigt. "Das wären rund 2.000 Elektroautos in den nächsten Jahren", hat Martinez’ Counterpart Vartan Yegiyan beim Los Angeles Police Department (LAPD) ausgerechnet und will bei seiner Behörde mit den ersten 100 Stromern unter Blaulicht mit gutem Beispiel voran gehen.

Zwar tragen die ersten E-Modelle genau wie der Smart in New York bereits das Livree der jeweiligen Polizeibehörde, sind mit Funk- und Datenterminals ausgestattet und haben natürlich auch ein LED-Geweih auf dem Dach, das bei Nacht ganze Straßenzüge in rotes und blaues Licht tauchen kann. Und beim NYPD gibt es zudem ein Lichtband auf dem Dach, auf dem in blauer Laufschrift über 60 Kurznachrichten eingeblendet werden können. "Doch weitergehende Umbauten nehmen wir nicht vor", sagt Yegiyan, der an der Westküste den gut 5.000 Fahrzeuge großen Fuhrpark des LAPD verwaltet. "Denn wenn wir unsere gesamte Polizeitechnik einbauen, wären Energieverbrauch und Gewicht so hoch, dass der Akku viel zu schnell in die Knie ginge." Und wenn sie i3 oder Smart wie ihre normalen Streifenwagen panzern würden, kämen sie wahrscheinlich kaum mehr vom Fleck.

Das ist auch der Grund, weshalb für seinen Kollegen Martinez aus New York der elektrische Smart gar nicht zur Debatte stand, obwohl der Kleinstwagen Ende des Jahres auch wieder mit Akku nach Amerika geliefert wird: "Wir haben nicht den Luxus, dass wir uns die Zeiten und vor allem die Dauer unserer Einsätze aussuchen können", kontert er die Forderungen der Umweltbewegten. Die Autos an die Steckdose zu hängen, wenn sie doch für einen Notfall gebraucht würden, das kommt für ihn nicht in Frage – selbst wenn der Akku bei den kurzen Wegen in den Revieren lässig für ein, zwei Schichten am Tag reichen würde.

Ohnehin mussten sich die Polizei-Manager für die neuen Dienstwagen besonders stark machen. Das LAPD hat dafür alle verfügbaren Elektroautos vom Nissan Leaf bis zum Modell S von Tesla ein halbes Jahr lang getestet, sagt Yegiyan. Und Martinez hat zwei Polizeichefs bedrängt, bis es endlich grünes Licht gab. Das lag auch daran, dass der Smart ein deutsches Auto ist, räumt er ein. Zwar lässt der Einkaufschef keinen Zweifel an seiner patriotischen Gesinnung aufkommen. "Doch nach so einem kleinen Auto muss man in Detroit gar nicht erst schauen", sagt Martinez und kann es kaum erwarten, bis er auch die restlichen 200 Dreiräder durch den Bonsai-Benz ersetzen kann.

Egal ob an der West- oder der Ostküste erregen die Dienstwagen aus Deutschland im Einsatz der US-Polizei viel Aufsehen. Officer Jefferson in New York zum Beispiel kann sich nicht erinnern, so oft in lachende Gesichter geschaut oder um Selfies mit seinem Streifenwagen gebeten worden zu sein: "In den sechs Jahren bei der Polizei bin ich noch nicht so oft angesprochen worden, wie in den sechs Wochen mit dem Smart", sagt der Officer. "Das Auto ist Talk of the Town und jeder will wissen, was es damit auf sich hat", erzählt der Beamte. Dass der Smart lange nicht so martialisch aussieht wie die anderen Streifenwagen, kommt den Polizisten dabei gerade recht. Denn ein bisschen Imagepflege kann nach den Unruhen der letzten Monate nicht schaden.

Doch bei allen Vorzügen der EU-Importe taugen weder der Smart noch der i3 als echte Streifenwagen für den harten Einsatz, müssen die Polizei-Manager einräumen. In Los Angeles fährt der BMW deshalb vor allem im internen Verkehr als Shuttle zwischen den vielen Dienststellen. Und in New York ist der Smart vor allem zur Neigbourhood Watch eingesetzt und patrouilliert in Parks oder auf Promenaden wie dem Fußgängerdeck der Brooklyn Bridge. Auf Verbrecherjagd gehen die Polizei damit nicht: "Wenn es ernst wird", sagt Officer Jefferson, "dann setzen wir weiter auf ausgewachsene Autos und rufen deshalb schnell Verstärkung."