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Fahrbericht Jaguar XF Sportbrake Lords Luxus-Laster

Foto: Hersteller 8 Bilder

Jaguar erweitert die XF-Modellreihe um einen sportlichen Kombi und macht damit BMW 5er Touring und Audi A6 Avant Konkurrenz.

Wenn Designer über emotionale Linien und sensible Sicken philosophieren, fühlt sich der unbedarfte Zuhörer immer ein wenig wie der Cola-Trinker beim Weinseminar. Adam Hatton jedenfalls, Chef-Designer von Jaguar, kommt angesichts des „Lifestyle-Kombis“ gar nicht mehr aus dem Schwärmen. Sicher, mit seinem markanten Kühler und der auffallenden Chromleiste zwischen den Rückleuchten ist der XF Sportbrake ein Hingucker. Trotzdem wollen uns dem XF Sportbrake etwas nüchterner nähern. Erstmal die Fakten: Mit 4,97 Metern Länge übernimmt der Kombi zwar die Abmessungen der Limousine. Und doch unterscheidet er sich ab der B-Säule nicht nur durch die Tatsache, dass Hattons Team ihm ein Gepäckabteil verpasst hat. Vielmehr senkt sich das Dach zum Heck hin weniger stark ab, sodass hinten sitzende Passagiere fast fünf Zentimeter mehr Kopffreiheit haben.

Der letzte Kombi war ein unglücklicher Ableger des X-Type

Nun gehören Lastentransporter nicht unbedingt zur Kern-Kompetenz von Jaguar. Zuletzt ging der X-Type Kombi als wenig erfolgreicher Ableger einer Mittelklasse-Limousine auf Ford-Mondeo-Basis in die Annalen ein. Damals hatte Ford noch das Sagen und mehr als einen billigen Mondeo-Ableger wollten die Amerikaner nicht auf die Räder stellen.
 Mittlerweile hat der indische Tata-Konzern das Ruder übernommen und gibt sich freizügiger, was Investitionen in neue Modelle angeht. Da sich im Gegensatz zu Asien und den USA Kombis und Limousinen in Europa im Segment der gehobenen Mittelklasse die Waage halten, soll Jaguar auch diesen lukrativen Markt beackern. Wichtigste Abnehmer sind dabei sicher die besonders kritischen Käufer von Firmenwagen. Sie müssen für den Sportbrake 2.226 Euro Kombi-Aufschlag berappen, bekommen dafür aber auch eine luftgefederte Hinterachse samt Niveauausgleich.

Heckklappe öffnet auf Wunsch elektrisch

An der Umsetzung dürften sie wenig zu mäkeln finden, dem Auto ist die Liebe zum Detail anzusehen. Seine auf Wunsch elektrisch auf fast 2,10 Meter Höhe surrende Heckklappe gibt den Blick frei in ein feines, mit Teppichboden ausgeschlagenes Gepäckabteil, das mit einem Ladesicherungssystem und Zurrösen auch die praktischen Anforderungen an einen Kombi erfüllt. 550 Liter fasst das Abteil unter der großen Hecköffnung. Zieht man an den in die glatten Seitenflächen eingelassenen Hebeln, so schnalzen die Rücklehnen nach vorne und bilden eine ebene Ladefläche. Allerdings fehlt eine Möglichkeit, das Trennnetz auch hinter den Vordersitzen einhängen zu können. Theoretisch könnte man die 1.675 Liter Ladevolumen mit bis zu zwei Meter langen Kisten oder Leitern vollpacken und ordentliche 560 Kilo zuladen. In der Praxis wird die kaufkräftige Kundschaft aber eher Golfbags oder Weinkisten in den Kofferraum verfrachten.

Selbstbewusste Preise auf BMW-Niveau

Denn nicht nur bei den Abmessungen orientieren sich die Briten an BMW oder Audi. Auch mit ihrer selbstbewussten Preispolitik will Jaguar zeigen, dass man sich wieder auf Augenhöhe mit den deutschen Premiummarken bewegt. Der 200 PS starke Vierzylinderdiesel jedenfalls kostet inklusive Achtgangautomatik von ZF 40.798 Euro. Das sind 2.000 Euro mehr als BMW für den 520d Automatik mit 184 PS verlangt, die sich allerdings angesichts der großzügigen Serienausstattung des XF samt 18-Zoll-Rädern, Klimaautomatik und Dreijahresgarantie relativieren.

Den Kombi gibt es nur mit Dieselmotoren

Auf Benziner müssen Käufer verzichten - der Firmenwagenmarkt lässt grüßen. Ein Nachteil ist das jedenfalls nicht. Schon mit dem 2,2-Litermotor ist der Sportbrake souverän unterwegs, was auch an der unaufgeregten Arbeit der mit Start-Stopp kombinierten Achtgangautomatik liegt. Selbst auf unserer bergigen Testrunde ging dem kleinen Diesel nie die Puste aus. Hohe Drehzahlen braucht er nicht, weshalb der Bordcomputer nach rund 200 Kilometern einen Verbrauch von ordentlichen 7,3 Litern anzeigte (Normwert: 5,1 Liter/135 g CO2).

Dass es mit den beiden Sechszylindern noch flotter vorwärts geht, versteht sich angesichts 240 beziehungsweise 275 PS Leistung von selbst. Macht der 2.2 D den Jaguar zum komfortablen Gleiter, so wird der XF erst mit dem 3.0 V6 auch dem sportlichen Image der Marke gerecht. Leistung ist in jeder Fahrsituation zuhauf vorhanden. Beim Anfahren auf nassen Straßen muss der Fahrer gar den Gasfuß zügeln, damit die ungestüm durchdrehenden Hinterräder die Traktionskontrolle nicht überfordern. Eine Allradversion wie bei der Limousine ist aber nicht geplant. Von flotten Kurven dagegen lassen sich weder Antrieb noch Fahrwerk beeindrucken – der XF folgt der angepeilten Linie stoisch, reagiert blitzartig auf jede Bewegung der direkt abgestimmten Lenkung. Ebenso feinfühlig spricht die Dämpfung an. So ist der XF ist Beispiel dafür, dass man mit einer guten Fahrwerksabstimmung auch mit großen Räder angenehmen Federungskomfort erzielen kann.

Mit dem XF erweitert sich also das Feld der Premiumkombis um eine interessante Variante. Der Sportbrake spricht all die Fahrer an, die abseits des Mainstream unterwegs sein wollen. Sie müssen nur damit leben, auf Allradantrieb zu verzichten und nicht die Auswahl an Assistenzsystemen zu haben wie bei anderen Marken. Aber auch über deren Sinnhaftigkeit ließe sich trefflich philosophieren.

*) Bei 20.000/40.000 km pro Jahr, 60/36 Monate Laufzeit.

Quelle Betriebskosten: Dekra, Stand: Oktober 2012