Beim praktischen und schicken Kia Proceed stimmen Preis und Optik. Reicht das, um die Kompaktklasse aufzumischen?
Seit zehn Jahren geht’s ständig bergauf bei Kia, nur mit den Firmenkunden hapert’s noch. Selbst mit dem stylischen Sportcoupé Stinger kommt die Importmarke nicht so recht an die Fahrer von Geschäftswagen ran. Im Revier der Oberklassemodelle von Audi, BMW und Co zu wildern ist für eine koreanische Marke eben fast unmöglich.
Beim Proceed sieht das ganz anders aus. Der spielt preislich und von der Größe in einer anderen Liga als der Stinger. Der sportlich kompakte Ableger des Ceed startet zu Preisen ab knapp 23.300 Euro (alle Preise ohne Mehrwertsteuer). Das ist konkurrenzlos günstig, schon deshalb, weil es in der Kompaktklasse keine Shooting Brakes gibt. Mal abgesehen vom Mercedes CLA. Aber vergleichbar motorisiert kostet der mindestens 28.200 Euro.
Das Designrezept für den Proceed ist so einfach wie überzeugend. Auf die Plattform des neuen Ceed haben die Ingenieure eine 4,61 Meter lange und nur 1,42 Meter hohe Karosserie gestülpt, die das Raumangebot des Ceed Kombi mit der Optik eines Coupés verbindet. Und die mit ihren fünf Türen viel praktischer ist als die des dreitürigen Vorgängers. Unter der weit hochschwingenden Heckklappe verbirgt sich ein 594 Liter großes Kofferabteil, größer als das vieler kompakten Kombis und dank der flachen Linie gut zu beladen. Zieht man an der Fernentriegelung in der Seitenverkleidung, klappt die dreiteilige Rücklehne vor und der komplett ebene Laderaum packt 1.545 Liter. Zusätzlich gibt es eine Firmenwagen-konforme Ladungssicherung samt Gepäcknetz und Schienensystem.
Also alles richtig gemacht? Scheint so. Flache Silhouette, kurze Überhänge, hinten eine Prise Porsche Panamera samt durchgehendem LED-Leuchtband – das dürfte speziell bei jüngeren Käufern ankommen. Nur vorne hat die Designer ein wenig der Mut verlassen, da reiht sich der Proceed nahtlos neben Fünftürer und Kombi ein.
Im Innenraum macht der Proceed dezent auf Sport, mit flachem Lederlenkrad, Alupedalen und Sportsitzen in Stoff-/Lederkombination. Weiche Oberflächen und Metalleinlagen durchziehen Cockpit und Seitenverkleidung. Anders als bei dem in Korea gebauten Stinger wirkt in Proceed alles hochwertig und gut verarbeitet. Qualitativ unterscheidet sich dieser Kia kaum von einem Opel oder VW. Wieso auch? Entwickelt in Rüsselsheim, gebaut in der Slowakei, abgestimmt auf den Straßen der Eifel und auf der Nordschleife des Nürburgrings ist der Kia Ceed ein durch und durch europäisches Auto.
Auch das Fahrwerk überzeugt. Die Entwickler haben den Proceed sportlicher ausgelegt als seine Schwestermodelle. Erfreulicherweise übertreibt er's nicht, ist straff, aber nicht zu hart abgestimmt und macht mit seiner direkten Lenkung Lust auf kurvige Landstraßen.
Das Fahrwerk passt gut zu den beiden Basismotoren, einem 140 PS starken Benziner (23.270 Euro) und dem Diesel mit 136 PS (24.865 Euro). Damit ist der Kompaktwagen nicht übermäßig, aber ausreichend motorisiert. Der Selbstzünder macht seine Sache erwartungsgemäß ordentlich. Dafür überzeugt speziell der leise Benziner mit kraftvollem Antritt und gutem Durchzug. Beide Motoren gibt es nur in GT-Line-Ausstattung samt einem etwas unmotiviert auf die Mittelkonsole gepflanztem 7-Zoll-Touchscreen. Darauf laufen die einfach bedienbare und sehr übersichtliche Navi sowie das Bordmenü. Viele Funktionen lassen sich aber auch ganz konventionell über Knöpfe und Tasten schalten, was per se kein Nachteil ist. Ebenso wenig wie das konventionelle Cockpit mit klassischen Rundinstrumenten und kleinem Display für Bordcomputer oder Navipfeile in der Mitte.
Dazu gibt’s eine umfangreiche Serienausstattung, die kaum Wünsche offenlässt. Kia gibt dem Proceed alle klassenüblichen Assistenzsysteme serienmäßig mit, vom Abstandstempomat über den Spurhalteassistent bis zum Kollisionswarner mit Notbremsfunktion, der auch auf Fußgänger und Querverkehr reagiert. Dazu Sitzheizung, Klimaautomatik, beheizbares Lenkrad und DAB-Radio. Online geht der Proceed über eine Kia-App und Datenverbindung per Smartphone. Dann werden Echtzeit-Verkehrsinfos eingespielt, aktuelle Spritpreise oder Hinweise auf freie Parkplätze.
Wer sich für den 204 PS starken Proceed 1.6 als Geschäftswagen entscheidet, muss dem Händler 26.200 Euro auf die Theke blättern. Gibt es das Budget her, ist er unterm Strich aber die bessere Wahl. Straffer abgestimmt, mit Kontursitzen, etlichen optischen Gimmicks und Klappenauspuff samt dezent brabbelndem Motorsound ist er konsequenter sportlich ausgerichtet, ohne den Komfort zu vernachlässigen. Dazu gibt’s noch mehr Extras wie die elektrische Heckklappe, Frontscheibenheizung oder Ledersitze, sodass sich die knapp 3.000 Euro Aufpreis gegenüber dem kleinen Benziner relativieren.
Nachdem Kia mit dem Ceed Kombi bereits ein sehr attraktives Modell vor allem für Funktionsfuhrparks anbietet, könnte es mit dem Proceed nun auch bei User-Choosern klappen. Als Sportkombi passt er in die Dienstwagenordnung der meisten Unternehmen. Das Auto ist schick, sehr gut ausgestattet und top verarbeitet. Und falls das Flottenmanagement handfestere Argumente braucht, kann Kia auf sieben Jahre Garantie sowie Full-Service-Finanzierungsangebote verweisen.