Als erster Hersteller bietet Porsche jetzt einen Plug-in-Hybriden für das automobile Oberhaus. Der Panamera S E-Hybrid soll dank externer Aufladefunktion und leistungsstärkeren Akkus nur 3,1 Liter schlucken und das Öko-Gewissen vom Chef beruhigen. Wir haben den Grand Tourismo.
Alle reden von der Krise, Porsche nicht. Im Gegenteil, nie zuvor klingelten die Kassen so ergiebig wie bei dem Stuttgarter Sportwagenhersteller. Einen großen Anteil hat dabei auch die Business-Limousine Panamera, die im Mai zum 100.000sten mal in Leipzig vom Band rollte. Damit der Erfolg nicht abreißt, haben die Zuffenhausener ihren Luxusliner nach vierjähriger Bauzeit nun gründlich überarbeitet.
Optisch nur ein moderates Facelift und zwei Langversionen
Mit neu gestalteten Bi-Xenon Scheinwerfern, zwei markanteren Powerdomstreben auf der Motorhaube und breiten Lufteinlässen in der Frontpartie fiel die Modellpflege moderat aus. Hinten wurde das oft kritisierte ausladende Heck des Vorgängers durch eine flacher verlaufende, größere Heckscheibe entschärft. Zudem wanderte das Kennzeichen jetzt weiter nach unten. Das lässt das Porsche Flaggschiff im Gesamtpaket gestreckter erscheinen.
Eine weitere, wichtige Neuerung betrifft den Motor im Panamera S. Hier ersetzt ab sofort ein V6-Biturbo-Benziner mit 420 PS, den Achtzylinder. Auch zwei Langversionen mit einem um 15 Zentimeter gestreckten Radstand wurden jetzt ins Programm aufgenommen. Damit zollen die Zuffenhausener Tribut an die asiatischen Märkte und in Nordamerika, wo Chauffeurslimos sehr gefragt sind. Lieferbar ist der Panamera Executive als 4S oder Turbo.
Der von uns gefahrene, fünf Meter lange Panamera S E-Hybrid ist hingegen nicht als Stretch-Ableger lieferbar oder geplant. Sollte sich die Nachfrage ergeben, so heißt es aus Porsche-Kreisen, werden wir reagieren. Egal, einen Porsche fährt man ohnehin lieber selbst, auch wenn er Panamera S E-Hybrid heißt.
Mehr Reichweite für den Plug-in-Hybrid dank stärkerer Komponenten
Technisch hat er sich im Vergleich zu seinem Vorgänger stark verändert. Zwar bringt es der von Audi stammende Dreiliter-V6 mit Kompressor weiterhin auf 333 PS, die Leistung des Elektromotors hat sich mit 70 kW dagegen fast verdoppelt. Dadurch erhöht sich die Gesamtsystemleistung von vorher 380 auf 416 PS. Anstelle der bisherigen Nickel-Metallhydrid Speicher kommen nun Lithium-Ionen Akkus zum Einsatz. Deren Energiegehalt hat sich mit einer Kapazität von 9,4 kWh mehr als verfünffacht, dadurch steigt die elektrische Reichweite enorm: von zwei auf bis zu 36 Kilometer. Mit den Speichern im Heck schrumpft zwar das Kofferraumvolumen von regulären 445 auf 335 Liter, dafür ist der Ladeboden eben. Elektrisch surrt der Parallel-Hybrid nahezu lautlos auf bis zu 135 km/h, die Kraftübertragung übernimmt weiterhin eine Achtstufen-Wandlerautomatik.
Generell springt der Hybrid im E-Modus an. Anders als bei anderen Hybriden rollt der Panamera auch bei zügiger Beschleunigung lange elektrisch, der V6-Benziner startet erst bei erhöhtem Kraftbedarf oder wenn die Akkus erschöpft sind. Auf unserer Testrunde geschah dieses nach genau 35,8 Kilometern. Erst dann fängt das gewohnte Wechselspiel beider Antriebe an. Wie bei seinem Vorgänger nutzt auch der neue Panamera S E-Hybrid im Teillastbereich oder bei Gefälle den gleitenden Segel-Modus und schaltet den Verbrenner ab. Das spart Sprit. Und beim Bremsen wird Strom für das Laden der Batterie gewonnen.
Den jeweiligen Kräfteverlauf zeigt das "Power-Meter" im Kombiinstrument an, welches den Analog-Tacho ersetzt. Alternativ können die Akkus auch per Tastendruck wieder gespeist werden. Dann arbeitet der E-Motor als Generator, um beispielsweise für spätere, emissionsfreie Stadtfahrten genug Elektropower zu bunkern.
Nach unserer schonend gefahren Verbrauchstour zeigte der Bordcomputer genau fünf Liter an. Mit einem rohen Ei unter der Schuhsohle wäre sicherlich noch mehr drin gewesen, was aber den praxisrelevanten Alltagsverbrauch stark verwässert hätte. Trotzdem ist der Wert in Anbetracht der Leistung und immerhin 2,1 Tonnen Gewicht sehr respektabel.
Mit einer Smartphone-App wird alles komfortabel gecheckt
Externen Strom zapfen dauert an einer Schnell-Ladestation gut 2,5 Stunden, an einer 10 Ampere-Steckdose vergehen 4 Stunden. Der Ladevorgang kann entweder über eine Timer-Funktion am Kombiinstrument oder per App vom Smartphone vorprogrammiert werden. So ist sicher gestellt, dass die Akkus vor Fahrtantritt vollgeladen sind, zudem kann günstiger Nachtstrom getankt werden. Über eine App wird der aktuelle Ladezustand abgerufen, der Porsche-Innenraum geheizt oder per elektrischen Klimakompressor vorgekühlt. Das Abschließen oder Auffinden des geparkten Fahrzeugs lässt sich ebenso über das Smartphone ansteuern, wie auch das Orten im Falle eines eventuellen Diebstahls.
Trotz gefestigten Sparwillens ist der Hybrid ein richtiger Porsche
Dass der Panamera S E-Hybrid mit waschechten Porsche-Genen ausgerüstet ist, beweist ein beherzter Tritt auf das rechte Pedal. Dann erstürmt der Teilzeit-Elektriker in nur 5,5 Sekunden die 100er Marke und presst seine Passagiere mit Nachdruck in die Polster. Wird allerdings unentwegt Leistung abgefordert, konsumiert er auch mal schnell um die neun bis elf Liter. Angesichts des hohen Potentials ist das immer noch vertretbar, zumal bei dem Konsumverächter mit straff abgestimmten Fahrwerk und zielgenauer Lenkung der Fahrspaß nicht zu kurz kommt. Maximal rennt er bis auf Tempo 270.
Das hohe Gewicht macht sich beim Fahren kaum bemerkbar, damit ist der Spagat aus Öko und Sportler beim leichtfüßigen Panamera S E-Hybrid durchweg gelungen. Zwar ist der Panamera S E-Hybrid mit netto 92.781 Euro gleich 7.200 Euro teurer als ein vergleichbarer Panamera S mit 420 PS. Ausstattungsbereinigt, schmilzt aber der Abstand auf 3.670 Euro, da der S E-Hybrid serienmäßig mit adaptiver Luftfederung, Smartphone-Fernabfrage sowie einem Heckscheibenwischer vorfährt. Letzterer schlägt – typisch für Porsche – mit 290 Euro extra zu Buche. Eine Marotte, die sich die Zuffenhausener immer noch nicht abgewöhnt haben, die Aufpreisliste, die genauso dick ist, wie das Telefonbuch einer Kreisstadt. Aber das wird den Chef bei der Dienstwagenwahl sicherlich nicht stören, egal für welchen Panamera er sich auch entscheidet.