Der neue Renault Twingo teilt sich zusammen mit dem Smart Forfour die Plattform. Deshalb beschreiten die Franzosen mit ihrem City-Floh nun neue Wege und haben ihn völlig umgekrempelt und die Dreizylinder-Motoren im Heck eingepflanzt. Im Fahrbericht verraten wir, wie viel vom praktischen Kultmobil noch übrig geblieben ist.
Es gibt ihn ausschließlich mit fünf Türen anstelle von Dreien, er hat jetzt Heck- statt Frontantrieb und ist mit 3,60 Meter gut zehn Zentimeter kürzer als der Alte. Beim neuen Twingo bleibt im Grunde genommen nur noch der Name derselbe. Eigentlich hatten die Franzosen die Konzeptumstellung beim Twingo schon viel früher ins Auge gefasst, aber erst die Kooperation mit Smart machte eine kostengünstige Umsetzung möglich. Denn Twingo und Forfour sind eine Gemeinschaftsproduktion und unter dem Blech technisch identisch.
Weniger Platz als bei seinen Vorgängern
Seine Gäste empfängt der Renault mit einem farbenfrohen, ansehnlichen Cockpit. Der Fahrer freut sich über leicht ablesbare Instrumente, eine einfache Bedienung und zusammen mit seinem Copiloten auch über genügend Platz. Auch an brauchbaren Ablagemöglichkeiten mangelt es dem Twingo nicht.
In der zweiten Reihe geht es für ausgewachsene Europäer bedrückend eng zu. Vor allem bei der Kopffreiheit hapert´s. Hier sitzt kein Erwachsener wirklich gerne – allenfalls auf der Kurzstrecke. Fünf Türen hin oder her. Könnten die Hinterbänkler wählen, sie würden sich am liebsten den guten alten Twingo 1 zurück wünschen. Der war mit seinem pragmatischen Raumangebot nicht zu toppen, ist aber längst Schnee von gestern.
Eine verschiebbare Rückbank verbietet das neue Konzept
Auch die hohe Variabilität seiner beiden Vorgänger – wie etwa die verschiebbare Rückbank – kann der neue Twingo konzeptbedingt nicht anbieten, da sich der Motor direkt hinter den Sitzen im Fond befindet. Immerhin lässt sich die Neigung der Lehnen in zwei Stufen verstellen oder im Verhältnis 50:50 umklappen. Dann entsteht ein glattflächiger Ladeboden und der Gepäckraum wächst von 219 auf 980 Liter. Für Sperriges aus dem Baumarkt kann der Beifahrersitz galant nach vorn umgelegt werden. Wer jedoch häufig den Stauraum ausschöpft, wird sich beim Ausbauen der Hutablage über die billigen Aufnahmehalterungen ärgern. Ob der sehr einfache Mechanismus ein Autoleben lang hält, ist schon recht fraglich.
Kleine Wartungschecks sind viel zu umständlich
Einfache Dinge in einem Autoleben, die normalerweise in null Komma nichts erledigt sind, dauern beim Twingo wesentlich länger. Soll der Ölstand kontrolliert werden, muss zuvor die Motorabdeckung unter dem Ladeboden mit sechs Drehschrauben entfernt werden. Mal eben das Scheibenwaschwasser checken geht auch nicht so einfach von der Hand, denn der Behälter befindet sich unter der Haube vorn. Die muss zum Öffnen zunächst über zwei Klappen, dann über zwei Hebel im Kühlergrill entriegelt und dann nach vorne geschoben werden. Dort sind auch die Behälter für Kühl- und Bremsflüssigkeit untergebracht sowie die (wartungsfreie) Batterie.Für einen kleinen Check ist das ziemlich umständlich.
Der kleine Dreizylinder ist nur mit Start-Stopp sauber
Die Vierzylinder-Ära ist vorbei, denn drei Dreizylinder sorgen beim Twingo für den Vortrieb. Den Einstiegsmotor mit 71 PS gibt es gleich zweimal. Einmal mit und ohne Start-Stopp-Funktion. Ohne Motorabschaltung erfüllt der nagelneue Dreizylinder derzeit nur die Euro-5-Norm und soll erst im nächsten Jahr ein Schadstoff-Upgrade erhalten. Ziemlich peinlich für ein so modernes Auto wie den Twingo. Mit Start-Stopp-Automatik ist der Einliter-Saugmotor an die teurere Dynamique Ausstattung gebunden, dann ist er aber genauso sauber nach Euro 6, wie der aufgeladene 0,9-Liter-Dreizylinder mit 90 PS. Am besten also gleich die Varianten mit Start-Stopp nehmen.
Für die Stadt reicht der Basisbenziner vollkommen aus
Um den 71 PS-Saugbenziner bei Laune zu halten, muss er fleißig gedreht und geschaltet werden. Pflegedienste oder Kuriere, die hauptsächlich im Großstadtgetümmel mit schwimmen, sind mit dem kleinen Motörchen aber schon gut bedient. In der City ist der Twingo ohnehin in seinem Element. Sein Wendekreis liegt bei gerade einmal 8,6 Metern und das straffe Fahrwerk verarbeitet selbst deftige Unebenheiten wie Kopfsteinpflaster oder Kanaldeckel sehr ordentlich. Gleiches gilt für den aufgeladenen Benziner mit 90 PS, dessen Kraft leicht verzögert einsetzt, aber mit gesteigerter Drehzahl putzmunter am Gas hängt.
Mal ehrlich, welcher Angestellte führt bei dem hohen Aufwand da noch einen regelmäßigen Wartungscheck durch? Hier kreiste der Rotstift entschieden zu viel, ein einfaches Aufklappen der Haube wäre wesentlich praktischer gewesen. Ein weiteres Rotstift-Opfer gilt den einfachen Ausstellfenstern im Fond, aber in diesem Punkt sind die Mitbewerber rund um Toyota Aygo, VW Up und Co. keinen Deut besser.
Besser gleich zur Ausstattungslinie Dynamique greifen
Der Twingo startet bei günstigen 8.059 Euro, jedoch dient das preisgünstige Einstiegsmodell Expression nur als Lockvogel. Wie bereits erwähnt, erfüllt der 71-PS-Benziner nur die Euro-5-Norm und ist recht karg ausgestattet. Wer auf einen höhenverstellbaren Fahrersitz und höhenverstellbares Lenkrad, geteilte Rücksitze, sowie elektrische Fensterheber nicht verzichten will, der ist mit der gut ausgestatteten Dynamique-Variante für 8.815 Euro wesentlich besser bedient. Dann gibt es noch ein großes Ablagefach in der Mittelkonsole mit dazu. Aber selbst in der mittleren Ausstattungslinie Dynamique lässt sich Renault einen Handschuhfachdeckel noch mit 63 Euro netto entlohnen.
Der Smart Forfour bringt im Vergleich mehr Sicherheit mit
Was in der Konfiguration des Twingo noch fehlt, ist der nach Euro 6 zertifizierte 71-PS-Benziner mit Start-Stopp-Funktion. Dafür müssen 420 Euro mehr draufgelegt werden. Macht zusammen 9.235 Euro. Erst dann liegt er mit seinem Ableger Smart Forfour auf Augenhöhe. Der Forfour wird ausschließlich mit Euro 6 angeboten und beginnt bei 9.710 Euro. Mit serienmäßigem Fahrerknieairbag sowie Seitenwind-Assistent ist er aber in Sachen Sicherheit besser aufgestellt. Diese Features bietet Renault beim baugleichen Twingo erst gar nicht an. Immerhin ist der Franzose mit einem optisch wie akustisch warnenden Spurhalteassistenten und einer Rückfahrkamera lieferbar. Das bietet der Forfour aber auch. Ziemlich halbherzig von den Franzosen, hatten sie doch bei der Fahrzeugentwicklung die Federführung inne. Darüber hinaus rollen beide zusammen in der Renault-Fabrik in Novo Mesto (Slowenien) vom Band.