Firmenauto INTERVIEW: EADS richtet nach zahlreichen Tiefschlägen Blick nach vorn

MÜNCHEN (dpa-AFX) – Ein Jahr nach Verkündung des drastischen Sanierungsprogramms "Power8" und vielen Querelen um die Führung sieht sich der Rüstungs- und Flugzeugbau-Konzern EADS <PEAD.PSE> <EAD.ETR> wieder auf Kurs. "Ich bin sehr optimistisch, obgleich ich die Herausforderungen kenne, die wir bestehen müssen", sagte EADS-Chef Louis Gallois der Finanznachrichtenagentur dpa-AFX in München. Nach Abschaffung der Doppelspitze mit einem französischen und einem deutschen Vorstandschef und weiteren Umstrukturierungen sei EADS nun ein normal geführtes Unternehmen. "Jetzt müssen wir uns auf das Geschäft konzentrieren." Das Marktumfeld sei vor allem wegen der Dollarschwäche rau. Der Konzern sei aber gegen die Währungsrisiken gut abgesichert und müsse das Sparprogramm nicht verschärfen. Beim geplanten Verkauf von Airbus-Werken will sich die EADS nicht unter Zeitdruck setzen lassen.

In Turbulenzen geraten war der Konzern vor allem wegen Verzögerungen beim neuen Airbus-Riesenflieger A380. Als Konsequenz aus den Problemen will sich EADS von rund 10.000 Arbeitsplätzen in der Verwaltung und mehreren Werken trennen. Der Franzose Gallois ist nun alleiniger Konzernchef, der Deutsche Tom Enders kümmert sich um Airbus. "Wir sehen, dass die Dinge gut laufen", sagte Gallois. Der Konzern verschwende nicht mehr die Energien mit internen Auseinandersetzungen, sondern könne seine Stärken ausspielen. Das Geschäft laufe gut. So habe Airbus mit British Airways einen neuen Kunden gewonnen, der bisher auf Flugzeuge des Rivalen Boeing setzte. Die Briten bestellten zwölf Großraumflugzeuge des Typs A380. Die erste A380 überhaupt soll am 15. Oktober an Singapore Airlines übergeben werden.

Angesichts der guten Geschäfte sieht der Franzose trotz der Dollarschwäche keinen Grund, am Ausblick für 2007 etwas zu ändern. "Die Prognose bleibt unverändert." Das operative Ergebnis vor Zinsen, Steuern, Firmenwertabschreibungen und Sonderposten soll sich auf dem Vorjahresniveau von rund 400 Millionen Euro bewegen. Beim Umsatz erwartet EADS einen Rückgang im einstelligen Prozentbereich. Bis ins Jahr 2010 hinein ist der Konzern nach eigener Einschätzung sehr gut gegen Währungsrisiken abgesichert. Auf lange Sicht könne der schwache Dollar Handlungsbedarf fordern, sagte Gallois. "Wenn der Dollar aber für eine längere Zeit auf dem niedrigen Niveau bleibt und schwächer und schwächer wird, müssten wir Entscheidungen treffen." Die Wechselkursentwicklung ist vor allem für die Airbus-Tochter problematisch, weil die wichtigste Sparte des Konzerns vorwiegend im Euro-Raum produziert, Flugzeuge international aber in Dollar abgerechnet werden.

Beim geplanten Verkauf von Airbus-Werken werde EADS nicht nur nach der Höhe der Angebote entscheiden, sagte Gallois. Verhandelt werde auch über die Preise für spätere Zulieferungen dieser Werke an Airbus sowie über eine Risiko-Beteiligung am Programm des neuen Langstreckenfliegers A350. "Wir lassen uns nicht unter Zeitdruck setzen." Es seien weiter alle fünf verbliebenen Bieter im Rennen. EADS will sich von 6 der 16 Airbus-Werke sowie dem EADS-Standort Augsburg trennen, das vor allem Airbus zuliefert. Unter den Bietern sind noch das US-Unternehmen Spirit, der Voith-Konzern (Heidenheim) sowie GKN (Großbritannien), Latécoère (Frankreich) und MT Aerospace, das zum OHB-Konzern in Bremen gehört. In den zum Verkauf stehenden Werken sollen auch Teile der geplanten A350 gebaut werden. Angesichts der zehn Milliarden Euro teuren Entwicklung der A350 will der Konzern die Risiken auf mehrere Schultern verteilen.

Gallois bekräftigte, dass der Konzern seine Rüstungssparte auch durch Zukäufe stärken will. Derzeit liefere Airbus mit seinen Flugzeugen für den zivilen Luftverkehr 63 bis 64 Prozent der Umsätze. Beim Erzrivalen Boeing entfielen nur 47 Prozent der Umsätze auf den zivilen Bereich. Soweit müsse EADS zwar nicht gehen, zumal Airbus stark wachse. "Aber wir müssen uns in diese Richtung entwickeln." Die Konsolidierung der europäischen Rüstungsbranche sei in den vergangenen Jahren nur mühsam vorangekommen. "Diese Entwicklung ist nicht abgeschlossen. EADS wird dabei eine aktive Rolle spielen." An einer Komplettübernahme des französischen SAFRAN-Konzerns habe EADS entgegen Spekulationen kein Interesse. SAFRAN ist in den Bereichen Triebwerke (SNECMA), Kommunikation, Sicherheitstechnik und Elektronik aktiv.

Beim Bau des Montagewerks für A320-Flugzeugen in China kommt der Konzern laut Gallois gut voran. "Wir liegen im Plan." In den nächsten Jahren werde dort für den dortigen Markt produziert werden. Auf lange Sicht werde man es im Flugzeuggeschäft auch mit chinesischen Wettbewerbern zu tun bekommen. "Für größere Flugzeuge könnten sie in ein bis zwei Jahrzehnten über die Technologie verfügen. Beim Marketing, Produkt-Support und Marktzugang werden wir noch lange die Nase vorne haben."