Firmenauto INTERVIEW: RWE rüstet sich für Auslandsexpansion

BERLIN (dpa-AFX) - Der Energieversorger RWE <RWE.ETR> rüstet sich für den Ausbau seines Stromgeschäfts in schnell wachsenden Ländern. "Russland ist ein interessanter Markt. Die Wirtschaft wächst und es gibt einen hohen Investitionsbedarf; wie auch in der Türkei", sagte Ulrich Jobs, Chef der Produktionssparte RWE Power, in Berlin der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX. In den beiden Ländern steigt wegen des hohen Wirtschaftswachstums die Nachfrage nach Strom deutlich an, was den Bau neuer Kraftwerke erforderlich macht. Zudem steht eine Reihe von Energieversorgern in Russland und der Türkei zum Verkauf.

Der RWE-Rivale E.ON <EOA.ETR> hat sich bereits mit dem Kauf einer Kraftwerksgesellschaft in Russland positioniert. RWE werde nun nachziehen, wenn die Konditionen passen. "Wir schauen uns das sehr genau an und werden investieren, wenn die Bedingungen stimmen", sagte Jobs, der in den kommenden Wochen die operative Führung des RWE-Konzerns übernehmen soll. In der Türkei sind die Essener einen Schritt weiter. Am Sonntag vereinbarte RWE mit einem türkischen Stromversorger eine Beteiligung über den gemeinsamen Bau neuer Kraftwerke.

Mit dem Ausbau seines Auslandsgeschäfts kann RWE die Abhängigkeit von seinem Heimatmarkt senken. So stehen die Marge wegen der Regulierung der Netzentgelte unter Druck und der Spielraum für Strompreiserhöhungen ist wegen des öffentlichen Protests enger geworden. Zudem hemmen Proteste wie in Ensdorf, wo RWE nach einer Bürgerbefragung den Bau eines Kohlekraftwerks absagen musste, die Entwicklung des Unternehmens.

Ungeachtet der Regulierung in Deutschland und des öffentlichen Drucks plant RWE den Bau neuer Kraftwerke, allerdings warf Jobs Zweifel auf, ob der Konzern auch künftig in Deutschland im bisherigen Umfang investieren wird. Alle Projekte, die jetzt im Bau seien, stünden nicht zur Diskussion, sagte er. "Die Frage ist aber, wie sieht es langfristig aus?" Wenn die Vorschläge der EU-Kommission in nationales Recht umgesetzt würden, dann werde es mit der Wirtschaftlichkeit insbesondere neuer Kohlekraftwerke schwierig, sagte Jobs. "Ob die Investitionsbedingungen, auch angesichts der rasant steigenden Kraftwerkspreise, dann noch stimmen, ist mehr als fraglich."

Wegen der härteren Auflagen und langen Genehmigungsphasen haben einige Experten bereits vor einer Versorgungslücke gewarnt. "Wir reden allein in Deutschland über die Erneuerung von Kraftwerken mit einer Leistung von etwa 45000 Megawatt und einem Investitionsvolumen von deutlich über 50 Milliarden Euro", sagte Jobs.