Firmenauto Premium-Kleinwagen: Fahrbericht Audi A1

Der Lufthansa macht der Sparzwang der Controller in den Firmen zu schaffen: Downgrading heißt das gehasste Wort; zu Deutsch Herabstufung, also Holzklasse statt Business. Ans Ziel kommen alle Passagiere zur gleichen Zeit. Audi versucht es im Automobilsektor nun auf entgegen gesetzte Art und Weise mit einem interessanten Angebot in der Fahrzeugklasse unter vier Meter: Upgrading, zu Deutsch Höherstufung. Also einem Premium-Kleinwagen zu Preisen von knapp über 13.000 Euro bis fast 25.000 Euro. Dass dieses ertragreiche Prinzip funktioniert, hat Erzrivale BMW bereits mit dem Mini gezeigt. Doch Audi wäre nicht Audi, wenn man auch in dieser „Einsteigerklasse“ nicht mit dem typischen Anspruch auf Perfektion antreten würde: der A1 soll der edlere und agilere Mini werden. Passen Wunsch und Wirklichkeit tatsächlich zusammen? Wir haben es in der deutschen Hauptstadt ausprobiert. Die TechnikSie stammt weitgehend vom VW Polo, und das ist ja schon mal eine anerkannte Hausnummer. Der A1 ist 3,95 Meter lang und 1,74 Meter breit, damit zwei Zentimeter kürzer als der Polo, aber sechs Zentimeter breiter –  der Audi steht stämmiger auf der Straße. In der Basisversion wiegt der A1 nur 1.040 Kilogramm; wegen besserer Achslastverteilung liegt die Batterie im Gepäckraum. Die Radaufhängungen – vorn klassische McPherson-Konstruktion, hinten eine Verbundlenkerachse mit getrennter Feder-Dämpfer-Anordnung – stammen zwar ebenfalls vom Polo, wurden aber hinsichtlich ihrer Elastokinematik durch neu konzipierte Führungslager optimiert. Weiterentwickelt ist der elektronische Schleuderschutz ESP mit elektronischer Quersperre bei allen Modellen.  Ähnlich wie ein mechanisches Sperrdifferential verleiht es dem Fronttriebler mehr Dynamik. Die elektronische Quersperre funktioniert so: Erkennt das Steuergerät, dass das kurveninnere Rad zu stark entlastet wird, wird es dort ganz fein abgebremst. Und zwar, bevor erhöhter Schlupf auftritt, der wesentlich mehr Energie vernichten würde. Durch diesen leichten Bremsimpuls fließt das überschüssige Drehmoment auf das kurvenäußere Rad – das Auto dreht sich ganz leicht in die Kurve ein. Angenehmer Nebeneffekt: Das so genannte Untersteuern beim Einlenken und Herausbeschleunigen aus Kurven wird stark reduziert, der A1 bleibt selbst am Limit spürbar länger neutral. Der InnenraumAnders als der verspielte Mini mit seinem übergroßen Anteil an Hartplastik, zeigt der Audi A1 auch in der Kleinwagenklasse die von den Ingolstädtern gewohnte Qualität bei Materialauswahl und Verarbeitung. Die aus dem Vollen gefrästen Schalter der Klimaanlage rasten mit feinem mechanischen Klicken in die nächste Position – toll. Allerdings nur, wenn man 756 Euro für eine mechanische Klimaanlage oder 1.050 Euro für eine Klimaautomatik berappt hat. Die Alu-Ringe um die Lüftungsdüsen sehen sehr edel aus, spiegeln sich jedoch extrem in den Außenspiegeln. Das nervt! Super hingegen die Instrumente. Gleiches gilt für die Sitze, hier überzeugt bereits das Seriengestühl. Wer es sportlicher wünscht, bekommt in der Ausstattungsversion Ambition (plus 1.177 Euro) erstklassige Sportsitze serienmäßig. Bei der Basisversion Attraction stehen sie mit 286 Euro Aufpreis in der Liste, inklusive einer Fußnote: Nur in Verbindung mit media style Paket. Das kostet 1.134 Euro extra und bietet zusätzlich den Stoff Wunderbar, das Radio Concert mit Farbbildschirm, die spiegelnden Alu-Ausströmer, farbige Verkleidungen und das LED-Innenlichtpaket. Wer individuell sein will, muss zahlen. Das edle Ambiente verliert sich allerdings etwas in der zweiten Reihe, die man besser ohnehin nur Kindern zumutet. Denn der Zustieg ist beschwerlich, die Kopffreiheit reicht nur für Personen bis 1,70 Meter Größe, und die Lehne steht ungemütlich steil. Dagegen ist der Gen-Spender Polo eine Wohltat im Fond. Beim A1 fehlen die Haltegriffe, und der hier harte Kunststoff ist kratzempfindlich. Der alltagstaugliche Kofferraum mit variablem Boden fasst zwischen 267 und 920 Liter (VW Polo: 280 bis 952 Liter). Das ist für die Coupé-Form des A1 okay. Das FahrerlebnisDer Audi A1 entpuppt sich als wieselflinker Kurvenräuber. Das Auto liegt selbst in schnell gefahrenen Kurven stabil, die präzise elektrohydraulische Lenkung erledigt ihren Job gut. Allerdings nicht so sensibel und hochpräzise wie die des Mini. Im gnadenlosen Hakenschlagen ist der kleinste Audi diesem Edel-Kleinwagen unterlegen. Dafür hat der A1 andere Qualitäten. Eine Federung zum Beispiel, die trotz Audi-typischem trockenen Ansprechen noch so viel Rest-Komfort bietet, dass auch längere Strecken bandscheibenfreundlich zurückgelegt werden können. Aber Vorsicht! Mit 17 oder gar 18 Zoll großen Leichtmetallrädern und dem Sportfahrwerk wird auch der A1 zum Kreuzkiller. Diese Hoppelei macht keinen Spaß, vor allem für jene, die im Fond fast auf der Hinterachse sitzen und die jede Rille fast 1:1 ins verlängerte Rückrat geknallt kriegen. Unser Tipp: Bei der empfehlenswerten Ambition-Ausstattung, die normalerweise an 17-Zöller und Sportfahrwerk gekoppelt ist, kann man beides auch abwählen. Mit 16-Zoll-Rädern (185/60 R15 für den 1,2 TFSI und 205/55 R15 für alle anderen Modelle) und Normalfahrwerk federt der Kleine wie ein Großer, nur straffer. Dank der steifen Karosserie sowie der sehr guten Dämmung bewegt sich der A1 sehr leise. Die MotorenKennen wir schon aus VW Polo und Skoda Fabia. Zum Marktstart im September liefert Audi nur zwei Motoren. Einen 1.4 TFSI mit 122 PS und Sechsgang-Schaltgetriebe ab 15.294 Euro. Mit Siebengang-S-Tronic (das DSG von VW) liegt der Preis bei 16.723 Euro. Dazu gesellt sich ein 1.6-Liter-Common-Rail-Diesel mit 105 PS und Fünfgang-Schaltgetriebe ab 15.798 Euro. Es steht außerdem ein 1.2 TFSI mit 86 PS ab 13.277 Euro in der Liste, doch der kommt erst zum Spätherbst. Später soll ein zweiter Diesel folgen, ein 1,6 Liter mit 90 PS und einem Miniverbrauch von nur 3,4 Liter – wie alle Motoren mit Start-Stopp. Wir sind beide Aggregate bereits gefahren: mehr als den 86-PS-Benziner braucht man nicht. Dieser aufgeweckte, jederzeit frohgemute Direkteinspritzer mit Abgasturbolader passt wunderbar zu diesem Auto. Der Vierzylinder klingt etwas heiser, nimmt blitzschnell Gas an, reagiert ohne Verzögerung und fühlt sich an wie ein großer Sauger. Laut Bordcomputer verbrauchten wir auf der Testfahrt 5,9 Liter Super auf 100 Kilometer. Das geht in Ordnung. Der größere Diesel genehmigte sich 4,7 Liter. Auch okay. Der kleinere Diesel war nur unwesentlich sparsamer, aber phlegmatischer und nicht ganz so kultiviert. Also, lieber die schöne 105-PS-Maschine ordern. Leider gibt es die noch nicht mit der S-Tronic. Die PreiseDie Preisgestaltung ist selbstbewusst, zumindest bei der 13 Seiten (!) langen Aufpreisliste. Da gibt es kaum etwas, wofür man nicht zur Kasse gebeten würde. Individualität ist teuer. Nur schwarz und weiß sind kostenfrei, jede andere Farbe kostet extra – bis zu 1.092 Euro. Die schicken Dachbögen kann man auch in einer Kontrastfarbe ordern – für 294 Euro. Über 800 Gestaltungsmöglichkeiten bietet Audi allein für außen an: Mit jedem Kreuz in der Preisliste steigt der A1-Preis. Wem das egal ist, der bekommt in dem Kleinen ganz großes Theater geboten. So wie in keinem anderen Kleinwagen, und besser als im derzeitigen A3! Zum Beispiel das exzellente MMI-Navigation Plus aus dem Flaggschiff A8 (aber nur bestellbar mit Multifunktions-Sportlenkrad und Bordcomputer, der nicht Serie ist). Kostenpunkt: insgesamt 2.705 Euro. LED-Heckleuchten kosten 210 Euro und das auffällige LED-Tagfahrlicht gibt es nur in Verbindung mit Xenon-Scheinwerfern für 756 Euro. Der AusblickWem der A1zu sehr Coupé ist und dessen Nachteil (im Grunde nur ein 2+2-Sitzer zu sein) zu schwer wiegt, der sollte bis 2011 warten. Dann startet der A1 Sportback, die fünftürige Version nach dem Vorbild des größeren A3 Sportback. Der dürfte dann noch einmal zu einem Schub führen. Und auch beim Motorenprogramm ist noch Luft sowohl nach oben (größere Diesel) als auch nach unten (e-Sparmodell). Und selbst ein  Cabrio ist in der Pipeline, denn die Ingolstädter wollen den A1 zu einer ganzen Modellfamilie ausbauen. Das FazitAudis Strategie, Premiumqualität in die Kleinwagenklasse zu bringen, dürfte aufgehen. Der A1 trägt seinen Nerz nach innen – mit einem Innenraum, der in dieser hochwertigen Perfektion nur von den Ingolstädtern angeboten wird. In der Kleinwagenklasse ein Novum, das seine Anziehungskraft nicht verfehlen wird. Trotz der gesalzenen Preise. Aber mancher Dienstwagenfahrer, der zumeist allein mit Laptop und nur kleinem Gepäck unterwegs ist, dürfte sich schon fragen: Lieber ein Top ausgestatteter A1 als ein kärglicher A3? Und mit diesem Lifestyle-Mobil kann er sich – ganz nebenbei – als moderner Typ präsentieren, der voll mit der Zeit geht. 100.000 A1 will Audi jährlich weltweit an den Mann oder Frau bringen. Kein unrealistisches Ziel, denn Wunsch und Wirklichkeit passen beim A1 tatsächlich zusammen.