Förderung alternativer Antriebe Deutschland fährt hinterher

Andere Staaten machen vor, wie man alternative Antriebe fördert. Deutschland fährt in diesem Punkt weiter hinterher.

Eigentlich sind wir ziemlich sauber. Deutschland hat das Dosenpfand erfunden. Der Staat fördert Solarzellen, bezuschusst Heizanlagen und leistet sich den Ausstieg aus der Steinkohleförderung. Es gibt Wertstoffhöfe mit Wartespuren und Espressoautomaten, die Deutschen sind Weltmeister beim Mülltrennen, Regenwasser sammeln und Nachtstrom nutzen. Alles bezuschusst, alles gefördert. Das Land ist ein Subventionsparadies für Umweltschützer. Nur nicht, wenn es ums Auto geht.

Der Vorschlag eines Tempolimits beispielsweise oder gar einer Pkw-Maut wird bestenfalls belächelt. In der Regel aber führt er ins politische Abseits. Deutschland ist nicht nur Autoland. Deutschland ist vor allem Autoindustrieland, in dem die Mini-Reform einer schadstoffabhängigen Kfz-Steuer so lange dauert wie andernorts eine Verfassungsänderung. Wie schwer sich die Politik mit grüner Mobilität tut, zeigt die desaströse Einführung des als Biokraftstoff gepriesenen E10. Kaum Infos, kaum Aufklärung vorab – wer als Staat seinem Bürger die Zapfpistole derart auf die Brust drückt, darf sich über dessen Verweigerungshaltung nicht wundern.

Schnell war klar: Bei E10 ist kein finanzieller Vorteil erkennbar, wenn der Sprit zwar etwas billiger, der Tank aber früher leer ist. Ökologische Überzeugungsarbeit am Lenkrad aber funktioniert nur über den Geldbeutel. Doch zeigt der Staat sich hier ebenso knauserig wie bei den anderen Alternativen. "E10 ist ein Beispiel dafür, dass Deutschland keine Strategie hat, um auf umweltfreundliche Fahrzeuge umzuschwenken", bescheinigt der Duisburger Universitätsprofessor und Automobilexperte Ferdinand Dudenhöffer. In Sachen alternative Antriebe fahre man hoffnungslos hinterher.

Die Zahlen des Kraftfahrtbundesamtes (KBA) untermauern seine Einschätzung. Die Deutschen sind automobile Umweltmuffel. Beispiel Hybrid: Nur etwa 10.300 Autos mit dieser Technik wurden letztes Jahr verkauft, das waren 0,4 Prozent aller Neuwagen. Mesut Aslan, Senior Manager für das europäische Flottengeschäft bei Lexus, ahnt, woran das liegt. Aslan verweist darauf, dass etwa in Portugal die Steuerersparnis für einen gewerblich genutzten Lexus CT 200 Hybrid gut 1.100 Euro beträgt – verglichen mit einem konventionellen Konkurrenten wie dem Audi A3 2.0 TDI. In Spanien sind es je nach Regierungsbezirk sogar bis zu 4.500 Euro. Das Ganze bezogen auf eine Leasingnutzung mit 36 Monaten Laufzeit und eine Leistung von 90.000 Kilometern.

"Natürlich gibt es in Europa kein einheitliches Bild", weiß auch Aslan. Klar ist nur: In kaum einem westlichen Staat wird die Entscheidung pro Hybrid so wenig unterstützt wie in Deutschland. "In Frankreich beispielsweise erhalten Unternehmen schon beim Kauf eines Hybriden 1.000 Euro Zuschuss vom Staat, Privatleute 2.000 Euro. Zudem betragen die Steuern nur einen Bruchteil dessen, was der Fiskus dort für einen Diesel verlangt", rechnet Aslan vor.

Bis 2015 wollen die USA 22,3 Milliarden Euro in Forschung investieren

Noch trauriger sieht es bei der Förderung von Elektroautos hierzulande aus. Die Unternehmensberatung McKinsey hat versucht, das Geflecht der europäischen Förderlandschaft zu durchforsten. Ergebnis: Während beispielsweise in Dänemark dank Prämien und Steuererleichterungen die Anschaffung eines Elektroautos mit bis zu 36 Prozent des Neuwagenpreises unterstützt wird, reicht es in Deutschland zu gerade mal einem Prozentpünktchen.

Selbst in China darf sich der Käufer eines Elektroautos über Subventionen in Höhe von elf Prozent freuen. Andere Staaten haben die Vorreiterrolle in Sachen Elektromobilität übernommen. Die USA etwa – lange dafür verspottet, dass sie die automobilen Trends verschlafen haben – werden bis 2015 satte 22,26 Milliarden Euro in die Forschung und Entwicklung von Elektroautos samt ihrer Infrastruktur investieren, rechnet McKinsey vor. China kommt bis dahin auf 3,37, Frankreich auf 2,15 Milliarden Euro.

Und Deutschland? 615 Millionen. Nur zum Vergleich: Genauso viel investierte eine Vermarktungsfirma für die Übertragungsrechte der letzten Fußball-Europameisterschaft, um sie anschließend an öffentlich-rechtliche Sender weiterzuverkaufen. So kommt es, dass hierzulande öffentliche Gelder lieber für Kickerdarbietungen aufgebracht werden als für die Ausmistung des Kfz-Bestands. Im Januar dieses Jahres waren in Deutschland mehr als 42 Millionen Autos zugelassen. Gerade mal knapp 530.000 fahren mit alternativen Antrieben, davon gut drei Viertel mit Flüssiggas. Elektroautos kamen auf 2.307 Stück.

Wie die Bundesregierung ihr Ziel, bis 2020 eine Million Elektroautos auf deutsche Straßen zu bringen, erreichen will, ist derzeit umstritten. Zumal Verkehrsminister Peter Ramsauer auf dem letzten Amtskollegentreffen in Budapest noch einmal die Losung ausgab: keine Kaufanreize, kein Subventionswettlauf! Andererseits gibt es erste Anzeichen, dass die Regierung doch umschwenken könnte. Zumindest hatte Rainer Bomba, Staatssekretär im Verkehrsministerium, dies im Januar bei der Zwischenbilanz der Nationalen Entwicklungsplattform Elektromobilität vorsichtig angedeutet.

Es geht nicht automatisch um Geld, auch andere Anreize sind denkbar

Dabei geht es nicht darum, Geld im Gießkannenprinzip auszuschütten. Man könnte auch andere Anreize schaffen: freie Nutzung von Busspuren für E-Autos oder freies Parken in den Innenstädten. Das sehen auch die Autohersteller so. "Es ist klug für den Standort Deutschland, wenn wir für eine gewisse Startphase Anreizsysteme schaffen, damit wir auch jene Kunden gewinnen können, die wegen der eingeschränkten Reichweite oder des hohen Preises noch zögern. Sonst werden die Leute die Autos bewundern, aber nicht kaufen", sagte Daimler-Entwicklungschef Thomas Weber in einem Interview mit der "Stuttgarter Zeitung".

Frankreich beispielsweise fördert vehement. 5.000 Euro gibt es für jedes Elektroauto, Hybrid wird in gleichem Maße gefördert wie bisher. Zustände, von denen Flottenchefs in Deutschland nur träumen können. Zumal die vergleichsweise hohen Preise für umweltfreundliche Autos hier dem Fiskus nützen. Schließlich wird die private Nutzung von Firmenwagen nach dem Brutto-Listenpreis des Autos besteuert. Je höher der Preis, desto höher die Abgabe. Bei 10.000 Euro und mehr Aufpreis für Elektroautos werden wohl die meisten Dienstwagennutzer abwinken.

Die jetzige Dienstwagenbesteuerung diskriminiert alternative Antriebe

Was übrigens nicht nur für die Stromer gilt. Dass Erdgasautos als Firmenwagen zumindest bei den Fahrern nicht allzu beliebt sind, liegt auch am teueren Kaufpreis und der damit verbundenen Versteuerung. "Die bestehende Dienstwagenbesteuerung diskriminiert alternative Antriebe, die in der Anschaffung mehr kosten, aber aufgrund ihrer Effizienz im Betrieb günstiger sind. Dies trifft damit auch saubere und kostengünstige Erdgasfahrzeuge", beklagt Timm Kehler, Geschäftsführer von Erdgas Mobil, dem Lobbyverband der Erdgastankstellen-Betreiber.

Auf diese Problematik ist inzwischen auch die Politik aufmerksam geworden. "Wir dürfen uns nichts vormachen: Wir brauchen Anreize für Elektroautos in der ersten Marktphase, sonst ist das Ziel von einer Million Elektrofahrzeugen bis 2020 in Deutschland gefährdet", sagt Andreas Jung, bei der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag zuständig für E-Mobilität. "Den Steuernachteil bei Geschäftswagen auszugleichen liegt nahe, denn hier geht es nicht um eine Besserstellung, sondern um die Beseitigung eines Nachteils."

Solange sich aber in der Politik nichts tut, wird sich auch in Sachen alternativer Antriebe wenig bewegen. Wir werden also weiter Müll trennen und warten. Darauf, dass der Sprit noch teurer wird und Alternativen sich auch ohne Subventionen rechnen. Zum Trost: Es könnte bald schon so weit sein.