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Kältemittelstreit Neues Kältemittel gefährlicher als gedacht

Foto: DUH

In den Streit um das Klimaanlagenkältemittel mischt sich jetzt auch die Deutsche Umwelthilfe ein. Sie hat Risiken aufgedeckt, die bisher nicht bekannt waren.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat in einem simulierten Autobrand das Gefährdungspotenzial des Kältemittel R1234yf testen lassen. Die Chemikalie ist nach Einschätzung des Umweltvereins noch gefährlicher als bisher angenommen.

Bisher sei lediglich untersucht worden, ob sich die ausströmende Chemikalie beispielsweise nach einem Unfall unmittelbar an heißen Motorteilen entzünde und ob es so zur Bildung der hochgiftigen Flusssäure (HF) komme. Viele der jährlich rund 20.000 Fahrzeugbrände hierzulande entstehen der DUH zufolge aber unter anderem durch Kabeldefekte, Vandalismus, übergreifende Flammen bei Massenkarambolagen oder in geschlossenen Räumen wie Tiefgaragen oder Tunneln. Diese Brandszenarien seien bisher nicht in die Analyse eingeflossen.

800 Grad nach drei Minuten

Der von der DUH in Auftrag gegebene Brandtest fand in einem maschinell belüfteten Stollen eines Bergwerks in Dortmund statt und wurde von DMT, einer Tochtergesellschaft des TÜV Nord, durchgeführt. Beim Versuchsfahrzeug, ein "seit Mitte 2013 auf dem Markt erhältliches und zu den zehn meistverkauften Modellen gehörendes Auto", wurde ein Vandalismusakt simuliert und mit Brandbeschleuniger ein Reifen entzündet. Das Modell sei irrelevant, so die DUH, weil das Ergebnis für alle Fahrzeuge mit dem Kältemittel R1234yf gelte. Bereits nach sehr kurzer Zeit habe das Auto lichterloh gebrannt und nach weniger als drei Minuten hätten Temperaturen von über 800 Grad Celsius geherrscht.

Schon nach rund fünf Minuten habe die Flusssäurebildung bei einem Maximum von 43 ppm (parts per million) gelegen. Bei 50 ppm und einer 30- bis 60-minütigen Exposition wird nach Angaben der TÜV-Tochter für den Menschen mit tödlichen Folgen gerechnet. Wäre der Brandstollen nicht maschinell belüftet gewesen, wären deutlich höhere Werte gemessen worden. Und viele Tunnel seien nur natürlich belüftet.

Weitere EU-Tests gefordert

Nach dem in der Vergangenheit genutzten R134a, das fast 1.500 Mal stärker klimarelevant ist als CO2, fordert die EU seit Anfang vergangenen Jahres ein Mittel mit einem Grenzwert von 150. Die Autobauer hatten sich weltweit auf das Kältemittel R1234yf verständigt. Nach eigenen Tests ist Daimler-Benz im Herbst 2012 beschlossen, das Mittel nicht einzusetzen und weiter das alte zu verwenden.

Die DUH fordert nun die EU-Kommission auf, neue Tests durchführen zu lassen, in denen auch Randbedingungen wie in dem Tunnelexperiment berücksichtigt werden. "Bis dahin ist es unverantwortlich, wenn die politischen Akteure, aber auch die Hersteller weiterhin die Augen vor dieser Gefahr verschließen", kritisierte Patrick Huth von der DUH. Und der Verein verhehlt natürlich auch nicht, dass die Automobilindustrie sich doch schnellstmöglich für den Einsatz der Kältemittelalternative CO2 aussprechen solle. Für Fahrzeuge, die bis dahin mit dem alten Mittel R134a ausgeliefert werden, fordert der Umweltverein von den Autoherstellern eine Kompensationszahlung von 56 Euro pro Fahrzeug an den Staat. Bis Ende 2013 waren in Deutschland fast 100.000 Autos zugelassen, in deren Klimaanlagen das Kältemittel R1234yf fließt.