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Kfz-Versicherung Black-Box als Sparschwein

Telematik Foto: Frank Haußmann

Die Sparkassenversicherung S-Direkt bietet ab Januar 2014 einen Versicherungsschutz, bei dem die Prämie vom Fahrstil abhängig ist. Voraussetzungen: Black-Box und ein elektronischer GPS-Fahrtenschreibern, der jede Fahrbewegung registriert.

Black-Boxen stehen ab Januar 2014 für Kunden der S-Direkt bereit. Die GPS-Box kann in jedes Auto eingebaut werden. Sie erkennt jede Bewegung des Fahrzeuges und sendet die Daten im Minutentakt an ein Rechenzentrum. Gute Fahrer, die die Geschwindigkeit einhalten, auf Vollbremsung und Kavalierstarts verzichten und nicht spät in der Nacht unterwegs sind, erhalten Rabatt auf ihre Versicherungsprämie. Der Telematik-Sicherheits-Service der S-Direkt bietet doppelten Sicherheitsschutz. Sollte der Wagen gestohlen werden, lässt er sich über die Telematik orten und bei schweren Unfällen wird über die Daten-Box automatisch der Rettungsdienst gerufen.

Angebot noch vor E-Call

Damit ist das Angebot seiner Zeit voraus, denn das europaweiter Notrettungssystem E-Call wird erst ab 2015 eingeführt – und zwar nur für Neuwagen. Zusätzlich wird monatlich der beste Fahrer gekürt. Er erhält die Kfz-Versicherung dann ein Vierteljahr kostenlos. Somit wird die Black-Box zum echten Sparschwein. "Für junge Fahrer mit hoher Prämie ist das spannend", sagt Jürgen Cramer, Vorstand der S-Direkt. Der elektronische Beifahrer soll mäßigend auf den Fahrer wirken. "Wir rechnen damit, dass die Schäden um bis zu 10 Prozent sinken", so Cramer.

Die Fahrer können zudem ihren eigenen Fahrstil per Internet auswerten "Und sich verbessern", hofft Cramer. Bedenken der Datenschützer sehen Versicherer und das Telematikunternehmen Telefónica nicht. "Wir kennen keine Person und der Versicherer kennt keinerlei Bewegungsdaten", erläutert Markus Oliver Göbel von Telefónica Deutschland aus München. Das nenne sich "Chinesische Mauer". So erhält die Telefonica die Bewegungsprofile anonym und ermittelt einen Punktwert, quasi die Schulnote für den Fahrstil des Kunden. Allein diesen Punktwert und die dazugehörige Personennummer gibt die Telefónica an den Versicherer weiter.

Der kann diese dann wieder einem Kunden zuordnen und ihm für gutes Fahren Rabatt oder als Monatssieger einen Totalnachlass gewähren. Box und S-Drive-Service kosten pro Jahr zusammen rund 71 Euro. Wer das Angebot über das Internetportal Check24 bucht, kann es sogar kostenlos erhalten, wenn er seine Kfz-Versicherungsprämie über 750 Euro pro Jahr liegt. "Eine kostenfreie Box, die den Anbieter einen dreistelligen Eurobetrag pro Jahr kostet, kann sich natürlich nicht für Verträge mit geringen Prämien rechnen“, erläutert Cramer. Pro Monat haben Autofahrer, die den Service nutzen 100 Punkte zur Verfügung. Wer im Schnitt über 80 Punkte bleibt, gilt als guter Fahrer und erhält den Rabatt von der Autoversicherung. Derzeit beträgt der Rabatt pro Jahr fünf Prozent.

"Pay-as-you-drive"-Tarife gibt es im Ausland schon lange

"Pay-as-you-drive"-Tarife, bei denen die Prämie vom Fahrstil abhängig ist, gibt es längst in den USA, Spanien oder Großbritannien. In Deutschland hat sich bisher niemand getraut für Privatleute einen solchen Tarif anzubieten. Große Autoversicherer, wie die HUK-Coburg oder die Allianz "beobachten die Entwicklung intensiv", wollen selbst aber derzeit keinen PAYD-Tarif auf den Markt bringen. "Wir sind der Ansicht, dass die derzeitige Ausgestaltung der Tarife das individuelle Risiko bereits sehr gut abbildet", sagt HUK-Coburg Pressesprecher Thomas von Mallinckrodt. Dem schließt sich auch der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) an.

Betont aber, dass jeder Versicherer selbst entscheiden kann, ob er einen solches Angebot auf den Markt bringt. Doch die Skepsis gegenüber Telematikangeboten kommt in Deutschland weniger aus wirtschaftlicher Sicht. "Bedenken gibt wegen der Sammlung und Auswertung von persönlichen Daten", sagt Bernd Engelien, Pressesprecher der Zurich Versicherung. Da ist es kein Wunder, dass das neue Angebot angesichts des NSA-Überwachungsskandals bereits als "Datenkralle", "Big-Brother", "Überwachungstarif" oder "Verwanzung" angegriffen wird.

Rechtlich in Ordnung

"Die Verbraucher sollten bedenken dass sie sich unter eine absolute Kontrolle aussetzen", warnte beispielweise Elke Weidenbach von der Verbraucherzentrale NRW. Und der Bund der Versicherten befürchtet gar, dass künftig Kunden, die eine Kontrolle verweigern würden, automatisch in einer höheren Risikogruppe landen würden. "Das Angebot ist absolut freiwillig", betont hingegen Versicherungsvorstand Cramer. Und erhält Schützenhilfe vom Marktführer. "Was die Daten angeht, die aus den Fahrzeugen übermittelt werden, sind wir der Ansicht, dass die Kunden selbst entscheiden sollen, wem sie sie überlassen", heißt es bei der HUK-Coburg.

Das Datensicherheitskonzept sei sowohl dem Bundesdatenschutzbeauftragten als auch dem Datenschutzbeauftragten NRW vorgestellt worden, heißt es bei S-Direkt und Telefónica. "Rechtlich ist es in auch in Ordnung", bestätigt ein Sprecher des Datenschutzbeauftragten NRW. Rechtpolitisch finder der Datenschutzbeauftragte NRW, Ulrich Lepper, den "Pay-as-you-drive"-Tarif problematisch. Es entstehe, wenn auch freiwillig ein neues Datenprofil, das auch Nachteile für den Betroffenen haben könnte. Während Datenschützer skeptisch sind, scheinen die Kunden für weniger Prämie keine Kontrolle zu scheuen. Laut dem Marktforschungsinstitut YouGov können sich 40 Prozent der Kfz-Versicherten vorstellen einen günstigen "Pay-as-you-drive"-Tarif zu nutzen.