Markenimage "Markenführung ist kein Sprint"

Matthias Schulten Professor Marketingkonzeption FH Furtwangen Foto: -

Marken sind gleichbedeutend mit Image. Doch das muss man erst einmal aufbauen. Das gilt für Fahrzeughersteller und Dienstleister im Fuhrparkbereich gleichermaßen. Wie das geht, erklärt Marketingprofi Matthias Schulten von der FH Furtwangen.

Bei den »Beste Marken FIRMENAUTO« stehen immer wieder die gleichen Unternehmen auf dem Podest. Langweilig? Keineswegs. Nur konsequent, findet Matthias Schulten, Professor für Marketingkonzeption an der Fakultät Digitale Medien an der Hochschule Furtwangen. Im Interview erklärt der Markenprofi auch, warum Unternehmen auf alle Kanäle setzen sollten, die für den Vertriebserfolg wichtig sind und zu ihrer Marke passen.

Professor Schulten, in diesem Jahr wurden die Besten Marken FIRMENAUTO bereits zum neunten Mal gewählt. Wundert es Sie, dass in manchen Kategorien immer die gleichen Unternehmen auf dem Podest stehen?

Das wundert mich nicht. Der Aufbau starker Marken erfordert Zeit. Ein Vordringen auf die vorderen Ränge setzt außergewöhnliche Anstrengungen in der eigenen Markenführung oder aber Fehler der Platzhirsche voraus. Diese werden jedoch immer seltener. Gerade die großen Spieler sind sich der Macht der Marke und ihres Differenzierungspotenzials sehr bewusst. Entsprechend umsichtig agieren sie.

Welchen Tipp haben Sie für die ewig Zweitplatzierten?

Dranbleiben. An Bekanntheit und Image arbeiten. Und zwar nicht nur in der Kommunikation, sondern auch in der Distribution. Viele Unternehmen machen den Fehler, sich zu sehr auf die Kommunikationspolitik zu konzentrieren. Durch die Kommunikationspolitik wird nur das Markenversprechen abgegeben. Eingelöst werden muss es durch die Distributionspolitik. Damit rückt der Vertrieb in das Visier der Marke. Gerade in Branchen mit High-Involvement-Produkten, wie z.B. dem Automobilsektor, wird der Vertrieb für die Marke immer wichtiger. Customer Journey Management gewinnt an Bedeutung.

Es ist ja immer leichter, seinen Ruf zu verlieren, als ein Image neu aufzubauen. Woran liegt das?

Negative Ereignisse bleiben länger im Kopf hängen. Aus Untersuchungen wissen wir, dass Menschen negative Erlebnisse bis zu 7x öfter mit anderen teilen als positive. Anders ausgedrückt: Eine negative Erfahrung muss durch bis zu sieben positive Erlebnisse kompensiert werden. Eine fehlerfreundliche Kultur, wie sie für viele Unternehmensbereiche gefordert wird, ist in der Markenführung fehl am Platz.

In Zeiten von Twitter und Co. kommt die Reaktion auf Äußerungen, neue Produkte und Dienstleistungen schneller als manchem lieb ist. Was bedeutet das konkret für die Arbeit in den Marketingabteilungen der Unternehmen?

Marketingabteilungen müssen lernen, mit Unsicherheiten und Ungewissheiten umzugehen und schneller auf Entwicklungen des Marktes reagieren. Dies erfordert flachere Hierarchien und eine Abgabe beziehungsweise Dezentralisierung von Entscheidungskompetenzen. Letzteres ist nur möglich, wenn sich jeder Mitarbeiter der Bedeutung der Marke bewusst ist. Es wird daher immer wichtiger, dass Marketingabteilungen auch edukative Aufgaben übernehmen, sprich: die Marke in den Köpfen der Mitarbeiter verankern. Das Augenmerk sollte dabei vor allem auf Mitarbeitern liegen, die im direkten Kundenkontakt stehen bzw. auf diesen Einfluss nehmen.

Können die neuen Medien schneller dabei helfen, eine Marke aufzubauen? Und ist das Image dann ein anderes, da vielleicht die Zielgruppe eine andere ist als durch Werbung in den klassischen Medien?

Neue Medien, vor allem soziale Medien, ermöglichen tatsächlich eine schnellere Kommunikation, teilweise sogar in Echtzeit. Markenführung ist jedoch kein Sprint, sondern gleicht eher einem Marathon. Zum Erfolg führt hier nur eine langfristig angelegte, integrierte Kommunikation über alle kundenrelevanten Kanäle. Der Kunde nutzt heutzutage so viele Kanäle, dass ihm heterogene Markenbotschaften in den Kanälen sofort auffallen und ihn womöglich irritieren. Kanalspezifische Markenbotschaften sind daher aus meiner Sicht kontraproduktiv. Unternehmen sollten ein einheitliches Image über alle Kanäle und Zielgruppen anstreben.

Wie wichtig ist der direkte Dialog mit den Kunden?

Der direkte Dialog mit dem Kunden ist ohne Zweifel wichtig. Kundenbeziehungen lassen sich hierdurch ausbauen und vertiefen. In der öffentlichen Diskussion wird jedoch gerne übersehen, dass eine dialogorientierte Kommunikation in der digitalen Welt ohne Kunden-Opt-in schwierig ist. Um den Opt-in zu erhalten, sind in der Regel massenmediale Kommunikationsbemühungen erforderlich. Wir sehen also eine Verschiebung in Richtung Dialog. Die massenmediale Kommunikation wird hierdurch aber nicht aussterben.

Durch die neuen Medien ist es möglich, die Kunden noch direkter anzusprechen. Was genau sollte ein Unternehmen niemals tun?

Den Kunden über ungeeignete Kanäle mit unpassenden Botschaften im falschen Moment ansprechen. Kommunikation lebt von ihrer Qualität.

Oft hat man den Eindruck, dass Betriebe Getriebene des Internets und seinen Möglichkeiten sind. Welche Kanäle sollten Unternehmen heute aber ihre Meinung tatsächlich intensiv bespielen?

Das lässt sich so pauschal nicht sagen. Unternehmen sollten auf Kanäle setzen, die für den Vertriebserfolg wichtig sind und zu ihrer Marke passen. Twitter, nur um ein Beispiel zu nennen, fällt nicht immer in diese Kategorie. Der schlimmste Fehler, den ein Unternehmen begehen kann, ist sich  halbherzig oder vorschnell auf einen neuen Kanal einzulassen und diesen dann nicht konsequent zu bespielen. Das hinterlässt beim Kunden keinen guten Eindruck. Konzentration ist, wie schon der bekannte Ökonom Peter Drucker sagte, der Schlüssel zu wirtschaftlichen Erfolgen.

Zur Person

Matthias Schulten studierte Betriebswirtschaftslehre an der Universität Münster und promovierte an der Universität St. Gallen. Nach Stationen bei der Dresdner Bank und Cocomore, wo er das Consulting verantwortete und für namhafte Unternehmen, wie Nestlé und Procter & Gamble arbeitete, lehrt er seit 2011 als Professor für Marketingkonzeption an der Fakultät Digitale Medien an der Hochschule Furtwangen. Er leitet zudem das Steinbeis-Transferzentrum CRM in Digital Media, ist Autor des Standardwerks »Social Branding« und wirkt als Referent an verschiedenen in- und ausländischen Hochschulen.