Der Range Rover Evoque ist das jüngste Modell der Briten und gleichzeitig auch das erfolgreichste. Als Fronttriebler ist der schicke Offroader ein scharfer Kandidat für Flotten. Sein größter Trumpf: der Flirtfaktor beim Kunden.
Oh, oh, da ist schon wieder ein Kollege im Anmarsch. Fahren wir lieber noch eine Etage tiefer ins Parkhaus. Langsam, jetzt bloß nicht durch knarzende und quietschende Reifen auffliegen. Da. Ganz hinten in der Ecke ist noch ein Parkplatz frei. Perfekt. Sichtgeschützt hinter einer Säule und auch etwas abgedunkelt.
Klingt gerade so, als müssten wir ein hässliches Auto vorstellen. Im Gegenteil, den Modellcheck darf dieses Mal der schicke Range Rover Evoque durchlaufen. Ganz in Weiß mit schwarz abgesetztem Dach. So hat er sich seit seiner Ankunft im Verlag sogar als kleiner Star entpuppt. Jeder will mal gucken, gerne auch mal Probe sitzen und am liebsten kurz eine Runde drehen. Das Versteckspiel tun wir uns also nur an, damit er uns nicht ständig aus den Händen gerissen wird.
Gelungene Mischung aus Coupé und SUV
Fürs Fotoshooting warten wir deshalb lieber, bis die Kollegen ausgeflogen sind. Als wir aus dem Parkhaus flüchten, leuchten deshalb auch schon die Laternen. Dem Range ist das egal. Der zieht die Gürtellinie extrem weit hoch, stellt seine muskulösen Schultern raus und macht auch in der Dämmerung eine auffallend gute Figur. Die Mischung aus Coupé und SUV kommt einfach an.
Seiner Marke verhilft der Baby-Landy damit zu einem bemerkenswerten Aufschwung. Denn der kleinste SUV im Programm ist gleichzeitig auch der mit Abstand erfolgreichste. Fast die Hälfte aller Neuzulassungen gehen im ersten Halbjahr auf den Evoque. Seit Range Rover zudem ein Einstiegsmodell ohne Allrad mit in die Verkaufsbroschüre aufgenommen hat, träumen auch vermehrt Außendienstler vom kleinen Luxus-Lord.
Der Evoque ist bei Land Rover ein Verkaufsschlager
Der 150 PS starke Fronttriebler eD4 ist mit 28.907 Euro netto rund 1.600 Euro billiger als der gleich starke Allrad-Bruder TD4, verbraucht mit 5,0 Liter auf 100 Kilometer auch noch fast einen Liter weniger und rutscht demnach in die Effizienzklasse A (133 g CO2/km). Starke Argumente, auch wenn unser Testwagen die FIRMENAUTO-Normrunde mit 7,7 Litern im Schnitt zurücklegt.
Gut, gegenüber dem Allradler fehlen ihm 20 Nm Drehmoment, wodurch er beim Sprint auf Tempo 100 fast eine halbe Sekunde hinterherhinkt und nicht schneller als 180 km/h rennt (TD4 185 km/h). Zudem darf er mit 1,5 Tonnen 300 Kilo weniger ziehen. Interessiert das aber wirklich?
Wer nicht ins Lastenheft schaut, wird von den unterschiedlichen Leistungsdaten herzlich wenig spüren. Auch wenn der 2,2-Liter-Diesel nur die Vorderräder in Schwung bringt, hat er mit dem kompaktesten Range leichtes Spiel. Er geht energisch zur Sache und dreht selbst aus dem unteren Tourenbereich beherzt hoch. Verbal hält sich der Brite dabei vornehm zurück. Grip-Probleme hat der eD4 ebenfalls keine – zumindest wenn der Dienstweg asphaltiert ist.
eD4 nur mit Sechsgang-Schaltung
Schaltmuffel sollten allerdings bedenken, dass die Sechsstufen-Automatik (2.000 Euro) den Allradlern vorbehalten ist. Den Fronttriebler gibt es nur als Handschalter. Das Wörtchen "nur" ist hier bei genauerer Überlegung allerdings fehl am Platz. Denn der kleine Lederschaltknüppel liegt gut in der Hand. Ihn durch die kurzen Gassen zu schubsen macht richtig Spaß. Seit September ist der Evoque leicht überarbeitet und hat als erstes Modell überhaupt die neue Neungang-Automatik von ZF implantiert.
Seine feinfühlige Servolenkung steuert den Kompakt-SUV schon jetzt zielgenau ums Eck. Überraschend agil nimmt der leichteste Range Rover aller Zeiten (1,6 Tonnen) enge Kurven. Das eigentliche Terrain des Briten ist aber der Boulevard. Hier walzt er mit breiter Brust gelassen und komfortabel entlang, liegt bei schnellem Tempo angenehm satt auf der Straße.
Nur auf schlecht geteertem Weg kommt unser Testwagen mit seinen 18-Zöllern recht ruppig daher. Normalerweise fährt der Evoque in der von uns gefahrenen Pure-Linie mit 17-Zoll-Rädern vor. Die beiden höheren Ausstattungslinien Dynamic und Prestige bringen serienmäßig 19-Zöller mit, gegen Aufpreis tauscht der Evoque diese sogar gegen 20-Zöller.
Besser die Basislinie Pure gezielt aufrüsten
Unser Tipp: zur Grundausstattung greifen und den Evoque gezielt aufrüsten. Denn so ärmlich wie Pure zunächst auch klingen mag, ist es dann doch nicht: Teilledersitze, Klimaautomatik, Multifunktions-Lederlenkrad samt Fünf-Zoll-Display zwischen den Instrumenten, Audioanlage mit acht Boxen und vieles mehr sind von Beginn an dabei. Hochwertige Materialien und eine gute Verarbeitung sind beim Range Rover garantiert. Selbst in der Einstiegsversion überzieht der SUV sein Armaturenbrett mit einem weichen Neoprenbezug und spannt eine hochwertige Zierleiste aus gebürstetem Aluminium übers komplette Cockpit.
Was für den Flottengebrauch noch fehlt, wäre ein Navigationsgerät. Dafür müssen Fuhrparkleiter allerdings noch einmal tief in die Tasche greifen. 1.800 Euro kostet das Festplatten-Navi. Das bekommt aber nur, wer schon den Haken hinterm Technikpaket gesetzt hat. Dann sind zwar auch Vollledersitze, ein besseres Soundsystem, Ambientebeleuchtung und die 18-Zöller dabei, der Preis steigt aber um nochmals 2.700 Euro.
Teure Ausstattungslinien
Kunden mit Dynamic- oder Prestige-Ausstattung sind da nicht viel besser dran. Für das Upgrade von mindestens 7.000 Euro können sie sich zwar in Ledersitze kuscheln und die Straßen mit Xenon-Scheinwerfern ausleuchten lassen. Das Navi ist aber immer noch nicht dabei. Das kostet für die höheren Linien sogar fast 2.700 Euro Aufpreis, weil es nur im Paket zu haben ist. Navi-Nachrüstlösungen sind wesentlich günstiger und hinken auch qualitativ nicht hinterher.
Immerhin gehören zum Navi-Paket auch Parkpiepser vorne, die das Rangieren mit den serienmäßigen Abstandsmeldern hinten etwas erleichtern. Zur Pflichtausstattung zählen aber auch fast schon die Rückfahrkamera (352 Euro) oder der Einparkassistent (579 Euro). Denn die Rundumsicht im kleinen Range leidet ganz schön unter der schicken Optik. Vor allem die schmalen Seitenscheiben lassen Abstände zum Nachbarauto nur schwer erahnen.
Klobige Außenspiegel und schlechte Übersicht
Mindestens genauso nervig und sichtraubend sind die klobigen Außenspiegel. Trotz erhabener SUV-Sitzposition verschwinden neben Fußgängern sogar ganze Autos hinter den Spiegelkästen. Jeder Abbiegeversuch erfordert höchste Aufmerksamkeit. Der Totwinkelwarner (336 Euro) ist deshalb eine gute Investition, um dem Fahrer die Fahrt im Stadtgewusel zu erleichtern. Alleine darauf vertrauen, dass alle den schicken Evoque im Auge haben, sollte man dann doch nicht.
Die Varianten des Range Rover Evoque
Den Range Rover Evoque gibt es auch als Zweitürer. Im Gegensatz zu vielen anderen Herstellern verlangen die Briten allerdings einen Aufpreis für den Zweitürer. Ganze 840 Euro kostet das Evoque Coupé mehr als der Fünftürer. Die Motorenpalette ist bei beiden Modellvarianten identisch. Neben dem zuletzt hinzugekommenen Fronttriebler, der vor allem verbrauchsbewusste Kunden anspricht, steht der 150 PS starke 2,2-Liter-Diesel des Evoque noch mit Allradantrieb (TD4) im Prospekt.
Mit Vierradantrieb ist der Evoque auch mit einer Sechsstufen-Automatik kombinierbar, die allerdings mit dem Facelift im September von einer Neunstufen-Automatik abgelöst wird. Darüber rangiert eine 190-PS-Version, die den Kompakt-SUV etwas zügiger beschleunigt, dafür laut Hersteller wie auch der TD4 mit 5,7 Litern im Schnitt auskommt. Als einziger Benziner hat Land Rover den Si4 im Programm. Das Zweiliter-Aggregat schafft es auf 240 PS und 340 Nm Drehmoment. Er ist der schnellste (217 km/h) und sprintstärkste (7,6 s von 0 auf 100 km/h) Motor des Range Rover Evoque.