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Motorenentwicklung Diesotto: Kreuzung aus Diesel und Benziner

Diesotto, Diesel, Benzin,, Motorenentwicklung Foto: Daimler

Crossover ist der Megatrend in der Autowelt. Dabei kreuzen die Hersteller nicht nur Fahrzeuggattungen wie Limousine und Coupé oder Geländewagen und Kombi. Sondern auch die Motorenentwickler machen mit: Sie wollen Benziner und Diesel zum Diesotto kombinieren.

Der eine ist schnell und sauber, der andere stark und sparsam. So klar waren in den letzten Jahrzehnten die Rollen zwischen Benzin- und Dieselmotor im Auto verteilt. Doch die Grenzen verwischen: Dank Aufladung und Common-Rail-Einspritzung haben die Diesel an Tempo und Dynamik längst mit den Ottomotoren gleichgezogen. Und seitdem viele Benziner den Sprit direkt einspritzen und mit Turbo oder Kompressor arbeiten, sind sie fast so sparsam wie die Selbstzünder. Nun kommt der nächste Schritt: Die Entwickler wollen beide Verbrennungsverfahren zusammenführen. Und ihre Bemühungen haben schon einen Namen: Combined Combustion System (CCS) nennen Fachleute die entsprechende Technologie, wenn sie unter sich sind. Für das breite Publikum wird daraus nach den Erfindern Nikolaus Otto und Rudolf Diesel der Diesotto-Motor. «Das Verfahren setzt auf eine kontrollierte Selbstentzündung des mageren Kraftstoff-Luftgemischs im Ottomotor, die durch eine gezielte Rückführung oder Rückhaltung von heißen Abgasen erreicht wird», erläutert Professor Stefan Pischinger vom Lehrstuhl für Verbrennungsmotoren (VKA) an der RWTH Aachen das Verfahren. Der Effekt: Der Motor wird entdrosselt, es gibt günstigere Stoffwerte und geringere Wärmeverluste. «Gleichzeitig werden auch die Rohemissionen reduziert, was die Abgasnachbehandlung vereinfacht und spezielle Katalysatoren etwa für die Nachbehandlung der Stickoxide überflüssig macht», so der Wissenschaftler.

Mercedes hat schon 2007 einen Vierzylinder vorgestellt

An der Technik arbeiten die Hersteller schon seit einigen Jahren. Mercedes hat schon 2007 einen Vierzylinder vorgestellt, der bei nur 1,8 Litern Hubraum die Stärken des emissionsarmen Ottomotors mit den Verbrauchsvorteilen des Dieselantriebs verbindet, wie sich Professor Herbert Kohler erinnert, der in Stuttgart die Konzernforschung leitet. Immerhin kam der Motor auf 175 kW/238 PS, erreichte 400 Nm und war in einem Fahrzeug vom Format der S-Klasse mit weniger als sechs Litern zufrieden. Damit so ein Motor in Serie gehen kann, müssen die Ingenieure allerdings noch ein paar Hürden nehmen: «Zu den Themen, an denen wir derzeit noch arbeiten, gehören unter anderem die variable Verdichtung und das Raumzündverfahren», erläutert Kohler.Auf den ersten Blick scheint das Engagement der Motorenentwickler spät und überflüssig. Schließlich spricht alle Welt nur noch von der Elektrifizierung des Antriebs. Doch weil reine Elektrofahrzeuge wegen der hohen Batteriekosten laut Professor Pischinger weitestgehend auf urbane Anwendungen beschränkt bleiben werden und die Potenziale der Verbrennungsmotoren noch lange nicht ausgereizt sind, ist die Arbeit am Diesotto-Motor keinesfalls vergebene Liebesmühe: «Alle Hersteller arbeiten an diesem Konzept», ist der Professor überzeugt und weist auf weiterhin mögliche CO2-Einsparungen hin. «Vor 2020 ist nicht mit solchen Motoren zu rechnen», räumt der Professor ein. Nicht alle Entwickler teilen allerdings die Begeisterung für das Konzept. So zitiert Audi-Sprecher Oliver Strohbach seine Kollegen aus der Forschung mit eher pessimistischen Einschätzungen: «Aufgrund des kleinen nutzbaren Betriebsbereiches konnten bei allen Testläufen nur geringe Verbrauchsverbesserungen erzielt werden», sagt Strohbach. Im Klartext: Je kleiner die Motoren werden, desto seltener könnten sie im Diesotto-Modus laufen. Und mit der gerade wiederentdeckten Zylinderabschaltung, die ebenfalls den Spritdurst zügelt, werde diese Technologie vollends hinfällig, so die Audi-Experten. Deutliche Worte findet auch Wolfgang Hatz, der Technikvorstand von Porsche ist und die Motorenentwicklung im VW-Konzern leitet: «Natürlich kann es eine weitere Annäherung der Brennverfahren geben. Aber jedes Prinzip hat seine ganz eigenen Vorteile, die wir auch weiter nutzen wollen. Jede Mischform wäre nur ein schlechter Kompromiss.»