Parkhäuser als Startpunkt für multimodale Mobilität Mehr als nur Parken

Foto: Thomas Küppers

Einfach nur Parken war gestern. In Zukunft kommen auf Parkhäuser andere Aufgaben zu. Sie könnten Ausgangspunkt für mulitmodale Mobilität sein - jetzt gibt es erste Pilotprojekte dazu.

Parkhäuser gibt es schon seit 120 Jahren. Ihre Geburtsstunde feierten sie in England. Dort gab es in den 1920er Jahren sogar Wohnungen für Chauffeure. Wohnen im öffentlichen Parkhaus ist jedoch nicht die Vision der Zukunft. Vielmehr geht es darum, das Parkhaus zu einer Drehscheibe von Mobilität und Dienstleistungen zu machen und es damit effektiver zu nutzen, wie jetzt im Rahmen der europäischen Mobilitätswoche in Stuttgart klar wurde.

Um den Stadtverkehr erfolgreich zu verflüssigen, braucht es flexible Lösungen. Die Not ist groß, und sie macht tatsächlich erfinderisch. Stuttgart hat derzeit sechs Parkhäuser zu Verkehrsknotenpunkten erklärt. Dort sollen Bürger in naher Zukunft nicht nur ihr Auto abstellen und im Falle eines elektrischen Pkw oder ihr E-Bike auch gleich laden können, sondern an Ort und Stelle gleich viele weitere Dienstleistungen geboten bekommen. Mit Hilfe einer App, so der Anspruch, werden Garagennutzer laden, auf einen E-Scooter umsteigen können, Waren in Schließfächer liefern oder abholen lassen und vieles mehr. Den Parkhäusern als Mobilitäts-Hub kommt nebenbei eine ordnende Aufgabe zu. So müssen E-Scooter an der Ausleihstation oder einen anderen Hub angedockt werden, statt wahllos in der Stadt abgestellt zu werden.

Urban Hub für lokale Logistik

Dem Warenverkehr sollen die umgestalteten Parkhäuser als ‘Urban Hub‘, als Anlauf- und Verteilerstation zum Umladen für die letzte Meile dienen und einen wichtigen Beitrag dazu leisten, die Stadt von lästigen Lkw Staus, Parken in der zweiten Reihe, Lärm und Emissionen zu entlasten. Wie das gehen kann, zeigten die Parkhausbetreiber zusammen mit dem Berliner Startup Ono Motion: Ein Lastwagen, beladen mit vielen Pakten, die schon vorsortiert in Containern gestapelt sind, kommt – möglichst antizyklisch – in der City am Drehkreuz Parkhaus an. Die Container werden in der Garage in einem definierten Bereich auf dortige elektrische Transporter umgeladen, um dann fast geräuschlos und CO2 frei in der Stadt verteilt zu werden.

„Überall wollen wir alles haben, aber wir haben keinen Platz dafür“, sagt Ulrich Wölfer von der Unternehmensleitung der Breuninger Warenhäuser und dort zuständig für die Immobilien. Deshalb stellt sich auch der Flagship Store im Zentrum der Stadt um, was Anlieferung und Verteilung seiner Ware betrifft. Während der größte europäische Parkhausbetreiber Apcoa seine Parkhäuser in Stuttgart umgestaltet, wählt Breuninger einen anderen Weg. Weil das Breuninger Parkhaus aus den 1950er Jahren zu sehr in die Jahre gekommen ist, wird es abgerissen und im Sinne eines Mobilitätsdienstkreuzes zusammen mit vielen Partnern komplett neu gedacht. Dabei wolle man sich so flexibel wie irgend möglich aufstellen. Derzeit prüfe man „unzählige Ideen“ mit dem Ziel, neueste technische Entwicklungen wie zum Beispiel brennstoffzellenbetriebene Lieferwagen und neuartige Dienstleistungen zu berücksichtigen.

Ladepunkte sind Voraussetzung für Zukunftsfähigkeit

Apcoa und die Landeshauptstadt sehen sich inmitten eines Getriebes, wo immer mehr Zahnräder hinzukommen, die ineinandergreifen müssen. Noch sind die Akteure am Sammeln weiterer Ideen. Unstrittig dabei ist, dass neben der Installation von Ladepunkten für elektrische Transportmittel aller Art tiefgreifende Umstrukturierungen gerade auch für Parkhäuser anstehen. Nicht zuletzt aus wirtschaftlichen Erwägungen. Denn in den kommenden zehn Jahren werde der Bedarf an öffentlichen Parkplätzen in der Stadt deutlich zurückgehen. Man verschenke schon heute viel ungenutzten Parkraum. „Es wird in Zukunft weniger Parkplätze für Pkw geben, denn der Verkehr wandelt sich“, lautet die klare Botschaft.