S-Klasse und Lexus LS 600h Hybrid-Luxuslimousinen im Vergleich

Testrunde um die Ostsee, Landschaft, Finland Foto: Godehard Juraschek 16 Bilder

Wir satteln 724 Pferde, um herauszufinden, wie sparsam Luxuslimousinen mit Hybridantrieb wirklich sind und drehen mal eben eine Testrunde um die Ostsee.

Vielleicht stand auch Konfuzius im Nebel, als er zu dem Schluss kam, dass der Weg das Ziel ist. Die philosophische Weisheit spendet Trost, wenn das Reiseziel nicht da ist. Dicke Watte wabert seit Tagen ums Nordkap. Obwohl die Sicht bei höchstens 30 Metern liegt, starren einige Besucher am Ende Europas vom Geländer der Steilklippe hinaus ins Nichts. Vielleicht findet mancher im Einheitsgrau Erleuchtung, wir sind allerdings eher auf der Suche nach Erkenntnis. Wir wollen wissen, was eine standesgemäße Hybrid-Limousine wirklich verbraucht. Die ECE-Verbrauchsangaben liegen weitab jeder Realität, gefahrene Normrunden sind oft nur synthetische Momentaufnahmen, es müsste ein echter Test sein unter realen Bedingungen. Warum also nicht eine Runde um die Ostsee wagen, zehn Länder in zehn Tagen?

Wir starten im Hamburger Hafen. An Backbord der LS 600h. Der Lexus ist ein Vollhybrid mit Metall-Hydrid-Batterie, die im Bedarfsfall dem ohnehin nicht gerade schwachbrüstigen Fünfliter-V8 mit seinen 394 PS noch 51 PS dazu packt. Der zweistufige Elektromotor spannt mittels Planetengetriebe mit dem konventionellen Antrieb zusammen, eine stufenlose Automatik verteilt die Kraft auf alle vier Räder. Der Lexus kann bei moderatem Gasfußeinsatz in der Stadt elektrisch fahren.

Besonderes Augenmerk legten die Ingenieure auf das reibungslose Zusammenspiel zwischen Elektro- und Benzinmotor. Die Übung ist ihnen perfekt gelungen. Und so beschleunigt der Lexus mit Macht wie an der Schnur gezogen über das letzte unlimitierte Autobahnstück vor der dänischen Grenze, ohne dass das Drehzahlniveau in schweißtreibende Bereiche kommt. Gegen diese geballte Ladung Technik wirkt der Mild-Hybrid im Mercedes ein bisschen mickrig. Dort greift der Elektromotor lediglich unterstützend ein. Etwa 20 zusätzliche Pferdestärken stellt er dem 279 PS starken 3.5 V6 als Anschubhilfe im unteren Drehzahlbereich zur Verfügung. Die Gesamtleistung übersetzt eine konventionelle Wandlerautomatik mit sieben Fahrstufen. Die hat durchaus Mühe, sich zu sortieren. Will der Benz dem Lexus folgen, folgt erst einmal eine Gedenksekunde, bis der Automat zwei Stufen zurückgeschaltet hat. Die unterlegene Leistung ist klar spürbar, allerdings muss der Fairness halber gesagt werden, dass die Kraft der S-Klasse dennoch allemal ausreicht.

Der Lexus kann sogar die ersten Meter elektrisch fahren

Zur ersten echten Probe für den Lexus gerät der Feierabendstau in Stockholm. Das Bordkino zeigt mit roten und grünen Balken, ob gerade erhöhter Energieverbrauch oder gar Rückgewinnung angesagt ist. Das Bemühen, den Benzinverbrauch mit rein elektrischem Anrollen niedrig zu halten, sorgt für Kurzweil. Vielleicht ist das der Fahrspaß von morgen. Beim Tanken fällt der Japaner mit seinen knapp 2,4 Tonnen Gewicht jedenfalls nicht unangenehm auf. In Schwedisch-Lappland sind zahlreiche amerikanische Straßenkreuzer aus den Siebzigern unterwegs. Die bollernden Achtzylinder-Eisenhaufen erinnern daran, wie unbeschwert die Menschheit damals mit Ressourcen umging, 20 Liter auf 100 Kilometer sind nichts für sie.

Der Lexus will offenbar ein Zeichen setzen und glänzt auf den leeren Landstraßen mit seinem Minimalverbrauch von 9,4 Litern. Einsame und schnurgerade Pisten kommen auch dem Mercedes zupass. Seinen bescheidensten Konsum zeigt er auf der anderen Seite des bottnischen Meerbusens. Auf dem Weg nach Süden durch Nordfinnland bescheidet er sich sogar mit 8,5 Litern. Überraschend setzt sich der Schwabe auch auf kurvigen Pisten stark ins Szene. Im Slalom durch die schroffen Felsklippen Norwegens wirkt er agil und leichtfüßig. Die Bremse, die bei sanftem Tritt nur den Generator zwecks Energierückgewinnung bemüht und erst bei höheren Verzögerungskräften die Bremsscheiben zum Glühen bringt, vermittelt leider wenig Gefühl, umso mehr tut das die Lenkung. Dabei unterstützt die straffe Abstimmung der Luftfederung die Kurvenqualitäten des Benz.

Das Gewicht des japanischen Sumoringers macht sich auf dem schmalen Geschlängel der Norkap-Insel bemerkbar. Zwar ist auch der Lexus nicht unsportlich, aber seine Stärken entwickelt er eher bei Geradeausfahrt. Gegenüber dem Mercedes, der auf kilometerlangen Geraden Lenkkorrekturen fordert, liegt der LS 600h stoisch auf der Straße. Sein Fahrwerk ist ebenfalls luftgefedert, und während der Mercedes im Komfort-Modus immer noch etwas hart abrollt, bietet die dreifach verstellbare Federung des Lexus spürbar mehr Komfort.

Neue Erkenntnisse? Auch im Hybrid regelt der Gasfuß den Verbrauch

Wir sind zu fünft, so muss immer einer auf den Rücksitz. Obwohl die S-Klasse den längeren Radstand hat, ist es hinten etwas enger als im Lexus. Der hat zudem Jalousien und elektrisch verstellbare Rückenlehnen. Wen nach 50 Kilometern hinter schwedischen Holztransportern die Müdigkeit übermannt, der legt sich ins Separee. Wer allerdings viel zu transportieren hat, ist im Lexus verloren. Die wuchtige Batterie vor der Hinterachse lässt den Gepäckraum von sonst 505 auf mickrige 325 Liter schrumpfen. So wandert der in Litauen erworbene Holzstuhl in den Kofferraum der S-Klasse. Die macht sich zudem vorn mit fantastischen Sitzen inklusive Massagefunktion beliebt – ein Stimmungsaufheller im zähen polnischen Wochenendverkehr.

Nach tausenden tempobegrenzten Kilometern herrscht Erleichterung, als sich endlich die leere A 20 Richtung Westen Greifswald ausbreitet. Doch bei Tempo 200 und mehr genehmigen sich beide einen dicken Schluck aus der Pulle. Der Mercedes trinkt im Schnitt 16,2 Liter, der Lexus 17,2. Nach 8.100 Kilometern liegt der Durchschnittsverbrauch des LS 600h bei bescheidenen 10,4 Litern, die S-Klasse begnügt sich sogar mit 9,7 Litern. So sind wir auf dem langen Weg, der das Ziel war, zu der Erkenntnis gelangt, dass zwar Dieselmotoren noch sparsamer wären. Wer aber moderaten Verbrauch, Leistung und Laufkultur wünscht, hat in den großen Limousinen mit Hybridtechnik eine frische Alternative.

Die Testwagen im Vergleich

Mercedes S 400 Hybrid

  • Preis: 72.350 Euro
  • Hubraum: 3.498 cm3 / 6 Zylinder
  • Leistung: 205 kW (279 PS) / 6.000/min
  • Drehmoment: 385 Nm bei 2.400/min
  • 0-100/V-max: 7,2 s / 250 km/h
  • ECE-Verbrauch/CO2: 7,9 S l/100 km / 186 g
  • Testverbrauch:  8,5–16,2 l/100 km; Ø 9,7 S
  • CO2 (aus Testverbrauch): 231 g
  • Kraftstoffkosten/100 km: 11,50 Euro

Lexus LS 600h

  • Preis: 91.092 Euro
  • Hubraum: 4.969 cm3 / 8 Zylinder
  • Leistung: 327 kW (445 PS) / 6.400/min
  • Drehmoment: 520 Nm bei 4.000/min
  • 0-100/V-max: 6,3 s / 250 km/h
  • ECE-Verbrauch/CO2: 9,3 S l/100 km / 219 g
  • Testverbrauch:  9,4–17,2 l/100 km; Ø 10,4 S
  • CO2 (aus Testverbrauch): 246 g
  • Kraftstoffkosten/100 km: 12,40 Euro