Schadstoffmessung Kommt der Abgas-Blitzer?

Remote-Sensing-Messgeräte Foto: Opus Inspection 2 Bilder

Ein amerikanisches Unternehmen will eine kostengünstige Lösung gefunden haben, die das Abgas vom Straßenrand aus misst.

Es sind zwei unscheinbare grüne Kästen, die gegenüber am Straßenrand stehen und jedes vorbeifahrende Auto messen: Geschwindigkeit, Beschleunigung, Abgas-Emissionen, Kennzeichen. Der Autofahrer bekommt davon nichts mit, die Behörden schon: Sie sollen nach Zuordnung des Schadstoffausstoßes zu der jeweiligen Baureihe schnell Alarm schlagen können, wenn bestimmte Modelle häufig auffällig werden und dann genauer nachmessen.

Remote Sensing  ist in den USA bereits im Einsatz

Die Idee "Remote Sensing" der amerikanischen Firma Opus Inspection klingt auf den ersten Blick recht einleuchtend. Dem Unternehmen zufolge sind die Messgeräte, die einen Infrarotstrahl durch das Abgas schicken und so Emissionen – zum Beispiel Stickoxide – bestimmen, in den USA bereits in mehreren Bundesstaaten im Einsatz. Sind die Abgas-Blitzer auch etwas, um künftig Manipulationen, wie jüngst geschehen, zu verhindern oder schneller aufzudecken?

Abweichungen zwischen Theorie und Praxis

In Deutschland wird zur Ermittlung der so genannten "Real Driving Emissions" (RDE), also des Schadstoffausstoßes unter realen Fahrbedingungen, mobile Messtechnik eingesetzt, die sehr viel genauer arbeitet als die der Amerikaner. Die PEMS (Portable Emissions Measurement Systems) sind im Kofferraum untergebracht und messen die Abgase direkt am Auspuff. Dadurch, dass sich das Gerät im Auto befindet, können die Techniker die Emissionswerte dem Auto-Status zuordnen – zum Beispiel Beschleunigung oder Kaltstart, bei dem Fahrzeuge üblicherweise mehr ausstoßen.

Der Schadstoffausstoß im Realverkehr hat allerdings derzeit keinen Einfluss auf die Typzulassung, auch wenn die EU plant dies einzuführen. Heute werden Pkw vor ihrer Zulassung nach dem NEFZ -dem neuen europäischen Fahrzyklus – unter Laborbedingungen getestet, mit den vieldiskutierten Abweichungen zwischen Theorie und Praxis.

Modellreihen könnten flächendeckend überprüft werden

Der Vorteil, den die Amerikaner mit ihrem System versprechen: Statt nur bei der Typzulassung oder stichprobenartig könnten Modellreihen flächendeckend überprüft werden. Kommt es zu einer Auffälligkeit bei einer Baureihe, können die Behörden mit dem PEMS genauer nachmessen.

"Das war vieleicht vor 25, 30 Jahren aktuell, heute gibt es bessere Methoden", meint der internationale Verkehrsberater Axel Friedrich. Um die Emissionen gerichtsfest bestimmen zu können, bräuchte man genauere Systeme wie das PEMS, die den Betriebszustand einbeziehen – zum Beispiel eben Micro-Beschleunigungen oder Kaltstart, so der ehemalige Abteilungsleiter im Umweltbundesamt.

In den USA könnte das System deshalb zweckmäßig sein, weil es so genannte "Super-Emitter" gebe, also Autos, die aufgrund eines Defekts einen extrem hohen Schadstoffausstoß haben. Die könnten mit dem System vielleicht entdeckt werden. In Deutschland hingegen sei das Wartungsverhalten eines Autobesitzers deutlich besser.

KBA verweist auf die EU-Normen

Experten der verschiedenen deutschen Sachverständigen-Organisationen, können oder möchten sich zu den  flächendeckenden Emissions-Messungen durch die Abgas-Blitzer nicht äußern. Auch das Kraftfahrt-Bundesamt verweist lediglich auf die geltenden EU-Normen, die vorschreiben, dass nach dem NEFZ geprüft wird. Ab 2017 soll der Verbrauchszyklus WLTP ihn ersetzen, der allerdings ebenfalls unter Laborbedingungen ermittelt wird.

Auch, wenn die Abgas-Blitzer es vielleicht nicht in den Messinstrumenten-Bestand der deutschen Behörden schaffen, die Erhebung der Real Driving Emissions muss die EU auch vor dem Hintergrund der aktuellen Manipulationen weiter vorantreiben. Verkehrsberater Friedrich meint: "Wir müssen das gesamte System auf den Prüfstand stellen. Es muss einen Neuanfang in Sachen Emissionsmessungen und Kontrolle von Vorschriften geben."