Vergleichstest VW ID.4 und Skoda Enyaq Eine Frage der Marke

VW ID.4 Skoda Enyaq 2021 Foto: Hans-Dieter Seufert 14 Bilder

Beim VW-Konzern geht’s jetzt richtig los mit der E-Mobilität. In der Mittelklasse buhlen VW ID.4 und Skoda Enyaq um die Gunst der Flotteneinkäufer. Beide nutzen die gleiche Basis, aber einer etwas besser.

Der wahre Erfolg einer Idee beweist sich in der Sorglosigkeit, zu der sie verleitet. Da sind wir den ganzen Tag unterwegs gewesen, durch Städte, Dörfer, Weiler gefahren, über Autobahnen, Landstraßen, über hohe Berge und durch tiefe Täler. Und haben dabei ganz vergessen, uns um die Reichweite von Enyaq und ID.4 Sorgen zu machen. So richtig viele Bedenken zur E-Mobilität haben wir auch nicht zusammenbekommen, die wir nun vor uns hertragen könnten. Denn Enyaq und ID.4 sind im Wesentlichen eigentlich hervorragend.

Denn es ist ja bestenfalls ein Missverständnis, eher noch ein Unfug, es so darzustellen, als könne jemand, der in der Woche Hunderte Kilometer eng getaktet von Termin zu Termin über die Autobahn turbodieselt, das ab morgen ganz flockig mit einem E-Auto erledigen und die Ladestopps dazu nutzen, wichtige E-Mails zu beantworten. Aber wie man bisher schon überlegt und kalkuliert, ob sich ein Diesel trotz Mehrausgaben bei Kauf und Steuer gegenüber einem Benziner rechnet, lohnt es zu über­legen, ob nicht E-Autos für das eigene Fahrprofil die beste Antriebsversion sein könnten. Erst recht, wenn sie so gut funktionieren wie diese beiden.

In 30 Minuten Strom für 200 Kilometer laden

Enyaq und ID.4 nutzen den Elektroantriebs-Baukasten MEB des VW-Konzerns. Dabei sitzt der 150 PS starke Motor an der Hinterachse. E-Motor, Einganggetriebe und Differenzial bilden ein 90 Kilo schweres Modul, das, worauf VW stolz verweist, in eine ­Sporttasche passe.

Einiges mehr, nämlich 493 Kilo, wiegt die wassertemperierte, 77 kWh große Lithium-Ionen-Batterie. Ist der Akku bis in die letzte seiner 288 Pouchzellen geladen, reicht das für rund 320 engagiert gefahrene Kilometer. Das entspricht dem Testverbrauch von 25,3 kWh/100 km beim Skoda und 25,1 kWh beim VW. Für größere Entfernungen raten wir, sich gleich vom Start weg darum zu sorgen. Denn hat das eine besonnenere Fahrweise zur Folge, steigt die Reichweite – wie die Normrunde zeigt – um gut 40 Prozent auf 450 Kilometer. Beide verbrauchen um 18 kWh/100 km, da kommen für 100 Kilometer nur 5,20 Euro Energiekosten zusammen. Vorausgesetzt, man hat einen günstigen Ladetarif abgeschlossen.

VW ID.4 2021 Foto: Hans-Dieter Seufert
VW ID.4 2021

Bleiben noch die Ladezeiten: An unserer 22-kW-Wallbox ziehen beide nur mit 11 kW Strom, benötigen so rund siebeneinviertel Stunden für eine Vollladung. Zudem können die zwei mit bis zu 125 kW Gleichstrom laden. Das ist Serie beim VW und kostet 420 Euro beim Skoda, aber inklusive eines Jahres Grundgebühr für den hauseigenen Vielladertarif im Wert von gut 200 Euro. Jedenfalls dauert es je 18 Minuten, um die Akkus für die nächsten 150 Kilometer aufzufrischen.

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Brausen wir also los. Wobei, zuerst fühlt sich das nach Losbrowsen an, denn weil sie immer online sind, muss man erst das halbe Infotainment am Touchscreen durchtapsen, will man unterbinden, dass die eigenen Fahrdaten eingesammelt werden. Wer aber die Privatsphäre schützen will, muss auf Online-Verkehrsinfos verzichten.

VW ID.4 2021 Foto: Hans-Dieter Seufert
Da lief etwas schief: Mit der ganz auf Touch orientierten Bedienlogik kommen wir nicht zurecht.

Grundsätzlich hat VW die Bedienung von einer Stärke zu einem Problem fehlmodernisiert. Mit all den fummelig-unpräzisen Tastschiebern, Tastflächen und -kreuzen (auf dem Lenkrad), dazu dem verschachtelten In­fo­tainment haben sie schon ein bemerkenswertes Bedienwirrwarr veranstaltet. Immerhin funktionierte das System wie auch die umfangreiche Assistenzarmada absturz- und fehlerfrei. An sich ja eine Selbstverständlichkeit. Doch dass sie hier positive Erwähnung findet, auch noch vor cleveren Details wie der Routenberechnung des Navis, die Ladestopp-Verzögerungen minimiert, zeigt, wie weit VW von der früheren Qualität entfernt und wie niedrig unsere Erwartungshaltung inzwischen ist.

Der Enyaq lässt sich leichter bedienen

Skoda sortiert die Funktionen übersichtlicher und besser nutzbar ein, etwa mit Drehwalzen am Lenkrad für die Lautstärke. Doch funktioniert die Klimaregelung auch hier nur über den großen Touchscreen. Von deutlich geringerer Imposanz schließlich ist bei beiden das 5,3 Zoll kleine, erstaunlich anzeigeknauserige Instrumentendisplay. Womöglich soll das zum Erwerb des Head-up-Displays animieren. Das nämlich blendet im Nahbereichsfenster, etwa drei Meter vor dem Fahrer, Geschwindigkeit, Tempolimit oder eine Spurhalte-Aufforderung ein. Und im zweiten Fenster flackerige Richtungspfeile zur Routenführung. Nun, wenn das die großen Errungenschaften der erweiterten ("augmented") Realität darstellt, kommen wir mit unserer eigenen, begrenzten wohl länger noch ganz gut zurecht.

Was das Fahren angeht, finden sich selbst Neulinge ganz schnell zurecht. Fuß auf die Bremse, wer will, kann den Startknopf drücken, muss aber nicht. Es reicht an sich, den Wählhebel auf "D" zu drücken.

Skoda Enyaq 2021 Foto: Hans-Dieter Seufert
Skoda Enyaq 2021

Doch wer die volle Effizienz des Antriebs nutzen will, sollte sich noch um ein paar andere Dinge vorab kümmern. So rechnen die Navis etwa die Topo­grafie, Tempolimits und Stadtdurchfahrten in die Rekuperations-Disposition mit ein. Für das Energiemanagement lohnt es daher, selbst diejenigen Strecken ins Navi einzugeben, die man gut kennt.

Wer selbst rekuperieren mag, regelt das beim Enyaq dreistufig über die Schalt­paddel. Beim ID.4 lässt sich nur der B-Modus aktivieren. Dann verzögert der VW wie der Skoda mit maximal 2,5 m/s². Apropos Bremsen: An den Hinterrädern sitzen Trommelbremsen, was man in der Liga nördlich von 30.000 Euro nicht mehr erwartet. Sie mögen das Ihre zu den ordentlichen, aber eben nicht brillanten Verzögerungswerten beitragen. Dafür sind sie wartungsfrei, und selbst die Beläge sollen ein ganzes Autoleben überdauern.

Voran geht es auch, wenngleich nicht so vehement wie bei anderen E-Autos, bis der Begrenzer bei 160 km/h eingreift. Leergewichte über 2,1 Tonnen voranzuwuchten, fordert selbst 150 kW und vom Stand weg losdrückende 310 Nm. Wobei 8,5 Sekunden für die Nullhundert nicht wirklich langsam sind.

Skoda Enyaq 2021 Foto: Hans-Dieter Seufert
Skoda erleichtert Elektro-Neulingen den Umstieg mit einer einfacheren Bedienung.

Jedenfalls fährt man komfortabel, nicht nur wegen der sorgsamen Dämmung, die die Innengeräusche mindert, oder wegen der bequemen Sitze (im VW etwas haltstärker, im Skoda etwas kuscheliger), sondern auch wegen der beflissenen Federungen. Das Adaptivfahrwerk des ID.4 stimmten die VW-Techniker etwas strammer ab, dazu schnallten sie dem Test­wagen 21-Zoll-Räder auf. Damit rollt er etwas steifer ab, steckt kurze ­Unebenheiten harscher weg als der Skoda. Auch der hat Adaptivdämpfer, und dass er sachter anspricht und kurze Stöße sorgsamer aussortiert, geht einher mit etwas ausgeprägteren ­Karosseriebewegungen. Die hohe Qualität beider Set-ups zeigt sich auch in der Landstraßentauglichkeit der Sport-Modi. Denn selbst da bleibt noch genügend Komfort.

Auch da nimmt sich der Enyaq in seinen Dynamik-Ambitionen mehr zurück, fährt unverändert verlässlich und sehr sicher durch Kurven, mit ebenso hoher Präzision und Rückmeldung in der Lenkung wie der VW. Doch wenn sich der beim Herausbeschleunigen mitunter noch ein harmloses Drän­geln mit dem Heck erlaubt, hat den Skoda das ESP schon in besonnenes Untersteuern gebremst. Das passiert auch beim VW, nur eben ein klein wenig später. So handelt man sich durch das Heckmotor-Layout keinerlei Nachteile bei der Fahrsicherheit ein, wobei wir noch ausprobieren müssen, wie das mit der Wintertauglichkeit aussieht.

Der Skoda hat die cleveren Detaillösungen

Hier im Vergleichstest sieht es jedenfalls inzwischen besser für den Skoda aus. Er bringt etwas mehr Platz, Variabilität und Alltagscleverness mit. Zudem ist er etwas günstiger, was man sich womöglich schnell gedacht hat. Aber es dauert lange, um sich das auszurechnen.

Denn nun müssen wir über Geld reden. Selbst unter Berücksichtigung der 9.000 Euro E-Auto-Kaufprämie verlangt VW für diesen ID.4 fast 50.000 Euro. Der Skoda Enyaq iV 80 mit Design Selection Suite kostet aus­stattungsbereinigt rund 3.500 Euro weniger als der Pro Performance Max. Wobei es den nicht mehr gibt. Im Bemühen, eine einfache Preisliste zu entwerfen, schuf VWs Finanzbürokratie ein noch größeres Monster als Skoda. Gegenüber der VW-Systematik mit vorkonfigurierten, an ­Batteriegrößen, Motor- und Ladeleistungen zwangs­gekoppelten und teils, aber natürlich keinesfalls grundsätzlich mit 16 Ausstattungspaketen und vier Ambiente-Stilen kombinierbaren Varianten ist die Tarifpolitik der Deutschen Bahn ein leuchtendes Vorbild für Transparenz. Inzwischen sortiert sich die ID.4-Palette in drei Modelle und eine Vielzahl von Paketen und Extras, was bestenfalls zum Anschein besserer Übersichtlichkeit führt.

Hier genügt ein Blick nach rechts in die Punktetabelle, um zu sehen, dass der Enyaq das Duell knapp für sich entscheidet. So knapp, dass für den Skoda wie für den VW gleichermaßen gilt: Derzeit zählen sie zu den alltagstauglichsten und umstandslosesten Vollwert-E-Autos überhaupt. Ob die E-Mobilität mit Enyaq und ID.4 nun einen Stand erreicht hat, an dem sie auch genau für Ihre Fahrer passt? Die Praxis wird’s zeigen.

Alle mittelgroßen Elektroautos (2022)
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