VW-Abgasskandal So läuft der Rückruf

Foto: VW

VW muss tausende Firmenwagen nachrüsten. Wir sagen, worauf sich die betroffenen Unternehmen und Flottenmanager einstellen müssen.

Knapp ein Vierteljahr nach Bekanntwerden der Abgas-Manipulationen bei Pkw aus dem VW-Konzern startet nun die Umrüstung der betroffenen Fahrzeuge. Allein in Deutschland müssen 2,4 Millionen Autos der Marken VW, Audi, Skoda und Seat in die Werkstatt. Die Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Wie sieht der allgemeine Zeitplan aus?

Die Umrüstung startet Ende Januar. Zunächst werden die Fahrzeuge mit 2,0-Liter-Dieselmotoren in die Werkstatt beordert. Den Start sollen der Pick-up-Modell Amarok und das Mittelklassemodell Passat machen. Anfang des zweiten Halbjahres folgen voraussichtlich die 1,2-Liter-Motoren. Den aufwendigsten Teil des Rückrufs plant der Konzern für das dritte Quartal – dann sind die 1,6-Liter-Motoren an der Reihe, bei denen die umfangreichsten Umrüstungen nötig sind.

Wie startet der Rückruf für mich?

Volkswagen setzt Kunden mit betroffenen Fahrzeugen zunächst allgemein schriftlich über die vorgesehene Rückrufmaßnahme in Kenntnis. Abhängig vom jeweiligen Fahrzeug, vom Motor- und vom Getriebe folgt im Laufe des Jahres ein zweiter Brief mit der Bitte, einen Termin bei einer beliebigen Vertragswerkstatt zu vereinbaren. Besonders gute Werkstätten kommen möglicherweise gleich mit einem Vorschlag auf die Kundschaft zu. Insgesamt gibt es in Deutschland rund 2.200 größere Autohäuser und Vertragswerkstätten sowie noch einige wenige autorisierte Servicebetriebe. Die Reparatur in einer freien Werkstatt ist nicht möglich. Wer wie VW die Kosten übernimmt, darf auch den Ort der Arbeiten bestimmen – und das ist in diesem Fall das eigene Netz.

Wie viel Zeit kostet mich der Rückruf?

Die erste Hürde wird wohl die Vereinbarung eines passenden Werkstatttermins sein, denn für die Servicebetriebe ist die Umrüstung eine Mammutaufgabe. Rein rechnerisch kommen 1.100 zu reparierende Autos auf jede Werkstatt. Die Arbeiten selbst dauern im besten Fall nur rund 30 Minuten – zumindest bei den Motoren mit 1,2 und 2,0 Litern Hubraum, bei denen laut VW ein Software-Update reicht, um die gültige Abgasnorm zu erfüllen. Bei den Fahrzeugen mit 1,6-Liter-Motoren muss zusätzlich ein sogenannter Strömungsgleichrichter im Ansaugrohr hinter dem Luftfilter eingebaut werden. Das simple und kostengünstige Kunststoffgitter soll die angesaugte Luft beruhigen und dadurch dem dahinterliegenden Luftmassenmesser genauere Messungen ermöglichen, die wiederum eine saubereren Verbrennungsvorgang ermöglichen sollen. Der Aufwand für die Montage ist vergleichsweise gering, da der Bereich im Motorraum gut erreichbar ist. VW gibt den Arbeitsaufwand mit weniger als einer Stunde an. In der Praxis bleibt aber abzuwarten, wie lange der Kunde am Ende wirklich im Autohaus sitzen und Kaffee trinken muss. Das dürfte nicht zuletzt von den Organisationsfähigkeiten des jeweiligen Betriebs abhängen.

Ist der Rückruf mit weiteren Kosten verbunden?

Zeit, Ärger, Sprit für die Anfahrt – das sind die größten Posten für die Kunden. Mobilitätseinschränkungen will VW vermeiden, verspricht eine "angemessene" und kostenfreie Ersatzmobilität. Die individuellen Chancen auf einen Ersatzwagen hängen aber wohl stark vom jeweiligen Betrieb ab; zwar haben viele Autohäuser ihre Flotte aufgestockt, blind verlassen sollte man sich auf die Verfügbarkeit aber nicht. Einige Betriebe bieten darüber hinaus auch einen Hol-und-Bring-Service an oder führen parallel zur Umrüstung einen kostenlosen Fahrzeug-Check durch. Den Lohn für die Kfz-Mechaniker sowie die Beschaffung der nötigen Teile übernimmt in jedem Fall VW.

Muss ich Nachteile bei Verbrauch oder Leistung befürchten?

Der VW-Konzern nennt als "Ziel", dass aus der Umrüstung keine Beeinträchtig der Motorleistung, der Fahrleistungen und des Verbrauchs resultiert. Ob das wirklich klapp, bleibt aber abzuwarten.

Kann ich den Rückruf trotzdem ignorieren?

Die Fahrzeuge sind auch ohne Umrüstung weiterhin technisch sicher und fahrbereit, betont VW. Die Nutzung im Straßenverkehr ist daher zunächst weiterhin möglich. Ewig ignorieren sollte man die Aufforderung zum Werkstattbesuch aber nicht. Wird das Auto nicht innerhalb eines überschaubaren Zeitraums wieder in den gesetzlich geforderten Zustand versetzt, erinnert das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) beziehungsweise VW den Halter noch einmal im Rahmen einer sogenannten Nachfassaktion an den Werkstatt-besuch. Reagiert der dann immer noch nicht, droht irgendwann die Stillegung des Fahrzeugs. In Panik muss ob dieser Aussicht aber wohl niemand verfallen – eine mehrmonatige Weltreise etwa muss wegen der Rückrufaktion nicht verschoben werden. Auch VW verspricht, bis Ende 2017 kostenlos umzurüsten, verzichtet auf die sogenannte Verjährungseinrede.

Wie erkenne ich, ob die Umrüstung vorgenommen wurde?

Wie in solchen Fällen üblich erhalten reparierte Fahrzeuge einen Hinweis-Aufkleber, meist in der Reserveradmulde. Darüber hinaus erfolgt ein Eintrag im Serviceheft. Und auch in den VW-internen Werkstattdaten wird die Teilnahme an der Rückrufaktion vermerkt. Im Zweifel kann jeder Händler Auskunft geben.

Gibt es eine Form von Entschädigung?

In den USA erhalten VW-Kunden ein sogenanntes Goodwill-Paket mit Gutschriften für Reparaturen und Zubehör im Gegenwert von 1.000 Dollar, einzulösen beim Vertragshändler. Dazu gibt es drei Jahre lang kostenlose Pannenhilfe. Ein ähnliches Programm für Europa soll es nach aktuellem Stand nicht geben. Allerdings fordert die Politik bereits eine Gleichbehandlung der Kunden auf den verschiedenen Märkten.