25 Jahre Renault Mégane Vom Cabrio bis zum Van

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Er ist weit mehr als nur ein weiterer gallischer Golf-Gegner. Mit dem kompakten Mégane schärfte Renault sein Markenimage weg vom profanen Massenproduzenten hin zum Hersteller von Modellen mit kreativen Karosseriekonzepten, Motorsportgenen und einem Sicherheitsanspruch, der sich mit Volvo messen sollte.

Wie feiert man den 25. Jahrestag eines kompakten Massenmodells, das seinen Hersteller auf einen anhaltenden Höhenflug schickte? Mit der Präsentation der Studie Mégane Evison, sagt sich Renault. Denn dieser vollelektrische Mégane gibt nicht nur einen Ausblick auf die fünfte Generation des in bisher sieben Millionen Einheiten gebauten gallischen Golf-Gegners. Das seriennahe Concept betont auch, dass die Franzosen weiterhin eine Vorreiterrolle anstreben, was kreative Karosseriekonzepte betrifft. Tatsächlich überraschte der erste Mégane im Jahr 1996 genau damit die deutschen Renault-Kunden, die sich seit den 1980ern an brave Fastbacks und biedere Stufenhecks mit den Zahlencodes Renault 9, 11 und 19 gewöhnt hatten. Zwar bescherte der Mégane-Vorgänger Renault 19 den Franzosen im gerade wiedervereinigten Deutschland Rekordverkaufszahlen, aber es fehlte ihm an der Faszination der Avantgarde, wie sie etwa einst der legendäre Renault 16 verkörpert hatte. An diesen Visionär erinnerte der unter Patrick Le Quément gezeichnete Mégane im Frontdesign durch ein zentrales Stilelement, "Bird Beak" (Vogelschnabel) genannt. Vor allem aber beeindruckte der Mégane durch eine damals beispiellose Modellvielfalt, denn es gab ihn als fünftüriges Schrägheck, als dreitüriges Coupé "Coach", als Limousine "Classic", als Cabriolet, als Kombi "Grandtour" und als revolutionären ersten Kompaktvan Scénic. Damit nicht genug: Der Scénic verblüffte sogar mit SUV-Talenten, denn als RX4 verfügte das Crossover-Modell über Allradantrieb und Offroadanbauteile.

Raus aus den für Renault wirtschaftlich tränenreichen 1980ern, hin zur Freude an neuartiger Formgebung, frischen Qualitätsansprüchen und französischen Meilensteinen innovativer Sicherheitstechnik, das versprachen die 1988 und 1991 vorgestellten, spektakulären Concept Cars Mégane und Scenic. Die große fünftürige Studie Mégane überraschte durch ein kühnes Exterieurdesign mit präzisen Spaltmaßen nach Wolfsburger Vorbild und einem hochwertigen Interieur ohne französisches "Laissez-faire", das sich auch im allerdings wesentlich kompakteren Serien-Mégane finden sollte. Dagegen entdeckte die Studie Scenic eine komplett neue Fahrzeugklasse: Als erste kompakte Großraumlimousine mit einer Variabilität, wie sie zuvor der Renault Espace als Maxi-Van eingeführt hatte und wie sie der Twingo 1992 für den Kleinwagen entdeckte. Wirkte der Scenic 1991 noch wie Science-Fiction, ging er fünf Jahre später in Serie. Renault präsentierte nun das sogenannte X64-Programm, die Mégane-Familie, mit einem in der Kompaktklasse konkurrenzlos vielfältigen Karosserieportfolio. Diese Kreativität katapultierte den Mégane vor Peugeot 306 und Citroen ZX und kurzzeitig auch vor Ford Escort und VW Golf.

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Kurz vor der Jahrtausendwende führte Renault mit dem Scénic RX4 eine SUV-Version auf Megane-Basis ein.

Mit Lancierung des Mégane Scénic verfügte Renault als erster Hersteller über ein komplettes Raumfahrzeug-Programm, eine Pionierleistung, die das Publikum honorierte. Schöner Wohnen in den schwungvollen Designlinien des Mégane, dazu die fahrdynamischen Qualitäten eines Kompakten, plus das Kofferraumvolumen eines Kastenwagens (gut 1.800 Liter) und dank zwei (optionalen) Sonnendächern das Raumgefühl eines Panoramabus: Die Scénic-Entwickler wussten, wie sie Familien und die Freizeitgesellschaft begeistern. Eine Aufgabe, die heute SUV übernehmen, aber auch diese Fahrzeuggattung antizipierten die Franzosen mit dem Scénic RX4 kurz vor der Jahrtausendwende. Da machte der Scénic auf wichtigen Märkten wie Deutschland bereits 50 Prozent aller Verkäufe im Mégane-Portfolio aus und Renault entschied sich, den Scénic künftig ohne Namenszusatz Mégane zu vertreiben.

Während in Frankreich traditionell Kleinwagen wie der Clio die Pole Position in den Verkaufscharts besetzen, gelang es dem kompakten Mégane in Deutschland auf Anhieb, als meistverkauftes Importauto zu überzeugen. Dabei schadeten dem Image des Mégane nicht einmal Qualitätsprobleme in der Anlaufphase, denn obwohl nach Maßstäben "Totaler Qualität" entwickelt, erntete der neue Renault anfangs in Fachmedien Kritik bezüglich Langzeitqualität und Feintuning. Bei 140.000 Mégane wurde im Rahmen einer Rückrufaktion sogar das Fahrwerk modifiziert. Die Kunden liebten den Mégane dennoch, wie sich Anfang 1998 besonders deutlich zeigte, als der kompakte Gallier zum meistverkauften europäischen Automobil avancierte. Dazu trug auch eine französische Sicherheitsinitiative bei, wie sie sonst eher von Volvo kam.

Tatsächlich hatte Renault 1993 eine Fusion mit Volvo in die Wege geleitet, die erst im letzten Moment am Veto schwedischer Aktionäre scheiterte. Nun präsentierte Renault mehr denn je eigene Sicherheitsinnovationen, die das Markenimage stärken sollten und den Mégane schließlich zum "sichersten Auto der Kompaktklasse" machten, wie der Hersteller 1999 stolz mitteilte. Damals erzielte das fünftürige Fastback das beste Ergebnis im Euro NCAP Crashtest, ein Resultat, das die 2002 eingeführte zweite Mégane-Generation übertraf, erhielt sie doch als erstes Fahrzeug ihres Segments die Fünf-Sterne-Prämierung. Obwohl der unkonventionelle Renault nicht das klassische Weltauto verkörperte, wurden für den Mégane auf drei Kontinenten Produktionsanlagen eingerichtet. Besonders in Südamerika schrieb der Renault eine dauerhafte Erfolgsgeschichte als extravagante Alternative zu Ford und Volkswagen.

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2020: Als erster Plug-in-Hybrid der Baureihe wird der Mégane Grandtour E-Tech Plug-in 160 eingeführt.

Richtig begehrenswert sind kleine Volkshelden erst, wenn sie auch als Vollblüter reüssieren. Der Mégane macht da keine Ausnahme. So setzte sich zuerst der brachiale Mégane Maxi erfolgreich im Rallyesport in Szene, während der Mégane II (2002-2008), die Basis bot für den 2004 vorgestellten Mégane Renault Sport (R.S.). Mit 224 PS war der kompakte Heißsporn 236 km/h schnell, und er düpierte souverän Golf-GTI- oder BMW-1er-Piloten. Sogar auf begehrte Speed-Insignien wie den Nürburgring-Rundenrekord für serienmäßige Fronttriebler ist der Mégane R.S. bis heute abonniert. Zur von Renault verfolgten Vielfalt im Modellprogramm zählte zudem seit 1997 auch ein Cabriolet. Der Viersitzer verzichtete auf die in der Kompaktklasse lange verbreiteten feststehenden Überrollbügel und wurde vom deutschen Karosseriespezialisten Karmann finalisiert; in zweiter und dritter Generation (ab 2003 bzw. 2010) als Coupé-Cabrio-Version Mégane CC.

Während der fünftürige Mégane II mit einem originellen, aber kontrovers diskutierten Heckdesign im Stil des Oberklassetyps Vel Satis vorfuhr, gab sich der Mégane III (2008-2016) konventionell. Auf die Stufenheck-Limousine verzichtete Renault nun, stattdessen gab es den Fluence, der aber nur als vollelektrischer Fluence Z.E. für Aufsehen sorgte. Im Jahr 2015 feierte der vierte Mégane sein Debüt, seit 2020 ist er als erster kompakter Renault Kombi mit Plug-in-Technik im Angebot. Coupé, Cabrio und Limousine sind hierzulande aus dem Mégane-Programm verschwunden, stattdessen ist es heute die Antriebstechnik, die den kleinen Gallier ganz nach vorn treiben soll. Ob er als batterieelektrischer fünfter Mégane diesen Wunsch wahr werden lässt, wird das Jubiläumsjahr 2021 zeigen.

Dienstwagenklassiker Renault Scénic
Der erste seiner Art