30 Jahre Hyundai Deutschland Vom Underdog zum Herausforderer

Hyundai Atos Foto: Hyundai 12 Bilder

Als Hyundai vor 30 Jahren in Deutschland startete, lächelten Autokenner spöttisch. Mittlerweile haben die Koreaner ihren festen Platz, auch im Flottengeschäft und überraschen immer wieder mit neuer Technik.

Dieser Tigerstaat kennt keine Furcht: Vor 30 Jahren wagten sich die Koreaner in die Höhle der Löwen, nach Deutschland, den weltweit am heftigsten umkämpften Automobilmarkt. Hyundai machte den Anfang und tatsächlich genügten technisch simple Preisbrecher wie der kompakte Pony, um auf Anhieb zu punkten. Als die Koreaner ein Absatzziel von 12.000 Autos fürs erste Verkaufsjahr kommunizierten, lächelte die Fachwelt. Und doch avancierte Hyundai zum erfolgreichsten Shootingstar aller Zeiten. 2003 etablierte Hyundai ausgerechnet am Opel-Stammsitz Rüsselsheim ein europäisches Entwicklungszentrum für neue Erfolgsträger wie den kompakten i30. Wenn die Marke heute viertgrößter Automobil-Importeur in Deutschland ist, erklären die Koreaner diesen Erfolg daher auch durch gefälliges Design, ergänzt um eine Vorreiterrolle bei SUV und alternativen Antrieben. Die Rolle des Billiganbieters besetzen längst andere.

1991 aber bestimmte Aufbruchstimmung das automobile Klima im soeben wiedervereinigten Deutschland. Das Angebot an bezahlbaren Autos war bunt wie nie und die Bürger in den neuen östlichen Bundesländern waren offener gegenüber Importmodellen. Darunter kurzlebige Newcomer-Marken wie Aleko, Yugo, Tavria oder Proton und Daewoo: Namen, die heute kaum noch einer mehr kennt. Gleiches gilt für die 1991 eingeführten Hyundai-Modelle Lantra, Sonata, S-Coupé und Pony – aber Hyundai blieb und wurde bekannt. Dazu trug geschicktes Sportsponsoring bei, nach der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland kannte Studien zufolge jeder zweite Deutsche Hyundai.

Hyundai Pony Foto: Hyundai
Mit dem Kleinwagen Pony startete Hyundai vor 30 Jahren in Deutschland.

Für einen gelungenen Produktaufschlag stand zunächst der dem Golf ähnliche Pony. Kein Wunder, war doch der italienische Stardesigner Giorgietto Giugiaro 1974 der Design-Vater beider Baureihen in ihrer Urform. Der Pony startete mit Kampfpreis ab 15.990 Mark. Damit unterbot er sogar den Opel Corsa City, das billigste deutsches Auto. Vertrauen in die Verlässlichkeit der fernöstlichen Technik gewann Hyundai durch drei Jahre Garantie, das Dreifache des damals üblichen. Bis die Asiaten auch in den Zuverlässigkeitsstatistiken dauerhaft die Pole Position besetzten, sollte es 19 Jahre dauern, dafür bleibt das bewundernde Lob "Da scheppert nix!" legendär, das der heute längst geschasste VW-Konzernchef Martin Winterkorn auf der IAA 2011 für die Qualität des Hyundai i30 befand. Hyundai spendierte inzwischen seinen Kunden fünf Jahre Garantie – und verkaufte bereits 2012 erstmals über 100.000 Fahrzeuge in Deutschland.

Plötzlich zählten der Vorzeigekonzern des Tigerstaats zu den gefürchteten Gegnern von Ford und Opel, zumal Hyundai längst europäische Werke nutzte, 2013 am Nürburgring ein Testzentrum und im bayerischen Alzenau Hyundai Motorsport, die Geburtsstätte der Hyundai-Rallye-WM-Champions 2019 und 2020, eröffnete. Ebenfalls seit 2013 macht Hyundai dem Hybrid-Pionier Toyota die Führerschaft bei alternativen Antrieben streitig, denn damals startete der Hyundai ix35 Fuel Cell als serienmäßig gebautes Brennstoffzellenmodell. Harte Zeiten durchlebte Hyundai ab Mitte der 1990er Jahre, die Liebe der Deutschen zu den Preisknallern war abgekühlt und die Verkaufszahlen gingen zurück. Selbst neue Kompakte wie der Accent, ein flottes Coupé, die exotisch proportionierte Premiumlimousine XG 350 oder der pfiffige Cityflitzer Atos bewirkten in jenen Jahren kein nachhaltiges Kribbeln. Auch die Vans Starex und Trajet verfingen nicht wirklich, vielleicht, weil sich schon zu viele andere Hersteller dort tummelten, wo Hyundai Akzente setzen wollte. Anlass zum Umdenken in Korea, wo sich die Manager nun Zeit gönnten – für Kompetenzzentren in Europa und die Modelle Terracan und Santa Fe, die mit markantem Design und Allradtechnik den beginnenden SUV-Hype der frühen Nuller-Jahre beflügelten.

Hyundai Ioniq 5 Foto: Hyundai
Der Ioniq 5 fährt elektrisch.

Noch mehr Schwung brachte 2004 der Tucson, der sich bei den kompakten SUV Respekt verschaffte, später kurzzeitig als ix35 firmierte und seit 2017 vom kleineren Crossover Kona, sowie seit kurzem vom Einstiegs-Crossover Bayon flankiert wird. Der Kona bietet ein gutes Beispiel dafür, dass Hyundai nicht nur in den Club der Technologieführer eingezogen ist, sondern mehr wagt als andere: Wer sonst bietet in diesem Segment eine Wahl zwischen 2WD und 4WD, Benziner, Diesel, Hybrid und vollelektrisch? Auch der von Beginn an eigens als Brennstoffzellen-Crossover entwickelte Nexo zeugt seit 2018 von einem Mut, der deutschen Herstellern manchmal zu fehlen scheint. Ob sich dieses ingenieurgetriebene Engagement finanziell lohnt, wird aber erst die Zukunft zeigen.

Dass Hyundai nicht länger die billige, sondern die begehrenswerte Alternative zu deutschen Massenherstellern sein wollte, bewiesen neben den SUV schon die allerersten speziell für Europa gemachten Modelle, allen voran der hübsche Getz von 2002. Es folgten i30, i20, und i10, allesamt gefällige Typen, die sich was trauten. So gab es i20 und i30 auch noch als Coupé-Version, als dieses Segment von europäischen Herstellern längst beerdigt war. Und dann der verwegene Sportler Veloster mit verführerischer Hingucker-Optik durch eine Tür für den Fahrer und zwei für die Beifahrer. Nicht alle Hyundai wurden Chartstürmer, etwa das Mittelklassemodell i40, immer wieder aber konnte die Marke Charaktertypen lancieren, die in großem Volumen Emotionen freisetzen.

Hyundai Ioniq Foto: Achim Hartmann
Auch die Submarke Ioniq stromert mit spannendem Programm.

So die scharfen N-Versionen ("N" wie das Entwicklungszentrum Namyang/Korea oder Nürburgring-Nordschleife), die besonders als i30 verblüffend hohe Verkaufszahlen erreichen. Aber auch die Submarke Ioniq stromert mit spannendem Programm: Nach einer 2016 lancierten Fastbacklimousine, die auf den Toyota Prius zielt, und zusätzlich vollelektrisch verfügbar ist, steht in diesem Jahr zum 30. Jubiläum des Deutschlandstarts der Ioniq 5 bereit. Ein E-Auto, das eine Kampfansage gegen VW und Tesla ist und den Führungsanspruch der Koreaner untermauern soll.

Hyundai Ioniq 5 (2021)
So schnell wie ein Porsche