30 Jahre Renault Clio Held der Pflegedienste

Renault Clio Generation 1 Foto: Renault 11 Bilder

Laut Werbung war der 1990 vorgestellte Renault Clio ein Frauenverführer "Made in Paradise". Tatsächlich begannen mit dem Cityflitzer paradiesische Zeiten, zumindest für die Marke mit dem Rhombus.

Anfang der 1990er erkannten Renault Fans ihre Marke kaum wieder. Vorbei die Zeit der Ziffernherrschaft mit nüchternen Zahlencodes von R25 bis R5, stattdessen waren Emotionen und Kreativität bei Karosseriekonzepten und Modellnamen angesagt. So wie beim charmanten Cityflitzer Clio, der anfangs vor allem als Frauenverführer für Furore sorgte.

Aber als echter Held konnte der Clio auch die männlichen Kunden begeistern, gab es ihn doch rasch als kräftigen Krawallo mit dem Namen des Formel-1-Weltmeisterteams von 1992: Der Clio Williams setzte 150 PS frei, da blieben Golf GTI & Co chancenlos. Mehr als 15 Millionen Clio in fünf Generationen konnte Renault bis heute absetzen, das genügt für einen Platz auf dem Olymp der europäischen Kleinwagenverkaufscharts. Sogar mit den noch länger verkauften Ford Fiesta, Opel Corsa und VW Polo fährt der Clio fast auf Augenhöhe.

Renault Clio Generation 2 Foto: Renault
Auf dem Pariser Salon debütiert außerdem der Clio Renault Sport V6 24V mit 226 PS starkem 3,0-Liter-V6 in Mittelmotor-Bauweise.

Nicht mitgezählt sind die aufregenden automobilen Spezialitäten, die frankophile Herzen höherschlagen lassen. Darunter ist der futuristische Leichtbau-Renner Renault Sport Spider, der 1995 mit Clio-Williams-Kraftquelle einen Ersatz für die eingestellten Alpine-Sportwagen bot, aber auch das schärfste Supercar zur Jahrtausendwende: Der 1999 eingeführte Clio Renault Sport V6 konnte es mit Maserati und Porsche aufnehmen. Für eindrucksvollen Vortrieb sorgte ein quer hinter Fahrer- und Beifahrersitz eingebautes V6-Triebwerk mit drei Litern Hubraum, das zunächst 226 PS an die Hinterräder lieferte, aber mehrfach nachgewürzt wurde und für Motorsportzwecke auf 285 PS erstarkte. Genug Power für Tempo 250 auf der Straße und 280 km/h Vmax auf Rennstrecken. Die 100-km/h-Schallmauer durchbrach der breitbackige Mittelmotor-Racer nach gut fünf Sekunden, kein Wunder, dass dieser weitgehend in Handarbeit gebaute V6 heiß begehrt war – trotz eines Preises von mindestens 75.000 Mark.

Ein extremes Kontrastprogramm zu diesem Clio aus Traumwagenkreisen boten Volksfahrzeuge, die hierzulande unbekannt geblieben sind. Unter den Namen Symbol, Thalia, Tricorps oder schlicht Clio Sedan wurden Clio-Stufenhecklimousinen in Osteuropa, der Türkei, Südamerika und Afrika produziert. Hinzu kam der Clio-Zwilling Nissan Platina, der in Asien und Amerika Karriere machten. Und dann gab es noch Dacia, die erfolgreiche Renault-Billigmarke aus Rumänien. Auch Dacia-Modelle wie Logan und Sandero bedienten sich zumindest der Antriebskomponenten aus dem Clio, der andererseits auf manchen Märkten mit Stufenheck als Renault Logan reüssierte.

Auch Giorgio Giugiaro hatte für den Clio einen Entwurf vorgelegt, allerdings fiel dieser für Renault-Präsident Raymond Lévy zu kantig aus. Lévy folgte schon 1986 auf Georges Besses, der von politischen Terroristen ermordet worden war. Dennoch zog Lévy die für 1990 geplante Privatisierung des Staatskonzerns Renault ebenso konsequent durch wie die Politik der sogenannten Qualité Totale, die dem Clio als zweitem Modell nach dem Renault 19 eine Produktqualität nach japanischem Vorbild bescherte.

Ein klapperfreier, fast schon vorbildlich rostgeschützter und zudem zuverlässiger Kleinwagen: Der Franzose schien auch in dieser Hinsicht "Made in Paradise" und er forderte sogar den VW Polo heraus. Das dachten so kurz nach dem Mauerfall vor allem viele Ostdeutsche, die den kompakten Clio ganz besonders schätzten. Einen Clou landete außerdem die Supermarktkette Massa, denn dort stand der Clio zum Ärger von Renault schon zur Feier der Einheit zwischen den Regalen, während die deutschen Renault-Händler erst im Januar 1991 beliefert wurden. Aber auch in den alten Bundesländern kam der Clio gut an, zumal er durch Einsätze bei Markenpokalen und Rallyes ein damals besonders gefragtes sportliches Image gewann. Und auf deutschen Autobahnen schlug er als 209 km/h schneller Clio 16V alle Erzrivalen von Peugeot 205 GTI bis Polo G40.

Renault Clio Generation 2 Foto: Renault
Der Clio fuhr auch sportliche Erfolge ein.

Noch mehr überraschte der Clio aber durch Luxusversionen wie der Baccara-Linie, die mit Klimaanlage, Ledersitzen und Walnussholz ein Loungeambiente vermittelte, das an die englische Upperclass erinnerte. Für die ganz großen Stückzahlen gab es natürlich die "Brot-und-Butter"-Benziner und -Diesel. Auch dank dieses breiten Minicar-Portfolios schoss die Marke Renault in Deutschland von 2,9 Prozent auf rekordverdächtige, fast 7 Prozent Marktanteil und in Europa konnten die Gallier sogar Ansprüche auf die Pole Position in der kleinen Klasse anmelden.

Ihren 100. Geburtstag feierte die Marke im Zeichen des Rhombus 1998 mit dem Clio II, der durch damals ungewöhnliche Sicherheitsdetails wie Beifahrerairbag und Seitenairbags für Furore sorgte. Nicht fehlen durften die Eigenschaften eines "Fraueneroberers", dafür rekrutierte Renault den Filmstar Til Schweiger, der im aufwändigen Werbefilm „Renault Clio - Der junge Wilde“ einen rasenden Familienvater spielte, der die Polizei austrickste. Der Clio III setzte 2005 noch einen drauf, gab es doch neben den drei- und fünftürigen Steilhecklimousinen erstmals einen Kombi. Dieser Clio Grandtour kündete von Mut, denn an Kombis im Kleinwagensegment wagte sich kaum ein Rivale. Aber auch einen Van auf Clio-Plattform hatte Renault als Modell Modus erfolgreich im Programm und 2013 folgte mit dem Captur einer der ersten City-SUV.

Renault Clio Generation 5 Foto: Renault
Auf dem Genfer Automobilsalon 2019 wird die fünfte Generation des Clio vorgestellt, jetzt nur noch mit fünftüriger Karosserie und in Deutschland ohne Dieselmotor.

Au revoir Renault Clio III, bonjour Clio IV hieß es auf dem Pariser Salon 2012. Der frisch augurierte Renault Chef-Designer Laurens van den Acker hatte dem neuen Kleinen eine ausdrucksstarke Front mit prägnanterer Raute verpasst. Erfolgreich, einen Karriereknick wie andere erlebte der Renault Clio nie. Den 30. Geburtstag seines Kleinwagens feiert Renault mit dem Clio V und das mit zukunftsweisendem Hybridantrieb – damit die Muse Clio auch künftig kleine Heldenlegenden dichten kann.

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