60 Jahre Citroen Ami 6 Der kleine Freund

Citroen Ami 6 Foto: Citroen 10 Bilder

Der bizarr geformten Citroen Ami 6 basierte auf der einfachen Technik der legendären Ente und wurde schnell das beliebteste französische Volksauto.

Bei der ersten Begegnung mit diesem 1,52 Meter schmalen Fünfsitzer ergeht es den meisten Menschen wahrscheinlich wie dem französischen Staatspräsidenten Charles de Gaulle. Als er den Ami im April 1961 das erste Mal sah, war er schlicht sprachlos. Derart exzentrische Formen hatte der bekennende Citroen-DS-Fan noch nie gesehen. Böswillige Zeitgenossen verglichen die Front des Autos damals mit einem zerknautschten Unfallwagen. Und trotzdem wurde der Ami 6 zum zeitweise populärsten Auto Frankreichs.

Er füllte nämlich die gewaltige Lücke im Citroen-Programm zwischen 2 CV und DS. Und er eroberte auch die Herzen der Frauen. In anderen lief der kleine Freund allerdings nicht so gut. In England, dem größten Exportmarkt von Citroen, floppte er. Ebenso in Deutschland, wo die Autokäufer mit Unverständnis auf das teuer eingepreiste Fräuleinwunder reagierten. Kostete der 3,87 Meter kurze Ami 6 Export doch hierzulande so viel wie ein stattlicher Ford Taunus 12 M, der fast einen halben Meter länger war und 40 kW/55 PS aus 1,2 Liter Hubraum holte, während der Citroen anfangs gerade 21 PS generierte aus 0,6 Litern, die der Ami selbstbewusst als "6" im Typencode aufführte.

Citroen Ami 6 Foto: autodom
Im September 1963 erhalten alle Ami 6 eine Leistungssteigerung von 21 auf 24,5 PS.

Auch in Frankreich verlangte Citroen für die extrovertierte Linie Z einen exklusiven Preis. Er kostete mehr als der ebenfalls 1961 präsentierte unkonventionelle Renault 4, der sich als schärfster Rivale zu der in einem neuen Werk in Rennes gebauten Zweizylinder-Limousine entwickelte. Fünf Türen und ein praktisches Kombiheck – in dieser Form wünschten sich die Franzosen Familien- und Firmenautos, und genau das lieferte Renault. Den Ami gab es dagegen nur als Limousine. Vier Meter lang, vier Türen, großer Kofferraum und Platz für bis zu fünf Passagiere mit ausreichend Kopffreiheit im Fond – ermöglicht durch den Trick des inversen Heckfensters. Erst 1964 kam der viersitzige Ami 6 Break, der fünfsitzige Break Familiale und der Commerciale als Kumpel für die Handwerker.

Citroen Ami 6 Foto: autodom
1969 folgt der Ami 8, der als Limousine und als Kombi erhältlich ist.

Schon im ersten Produktionsjahr hatte Citroen ein anderes Defizit des Ami 6 eliminiert. Das Stahlblech des 640 Kilogramm leichten Fliegengewicht war derart dünn, dass es sich bei den auf dem Pariser Salon präsentierten Fahrzeugen verbeulte, sobald enthusiastische Messebesucher dagegen lehnten. Der Legende nach sollen die drei Ausstellungsfahrzeuge täglich getauscht worden sein, und in der Produktion wurden ab November um 40 Prozent stärkere Bleche genutzt. Den Ruf nach mehr Motorleistung für den mit maximal 105 km/h dahingleitenden, weil federweich abgestimmten Ami 6 erhörte Citroen ebenfalls und spendierte Ende 1963 immerhin 24,5 PS. Die Kunden bedankten sich, indem sie die Jahresproduktionszahl der Limousine erstmals auf über 100.000 Einheiten trieben. Als etwas später auch noch die Kombiversion bereitstand, positionierte sich die Baureihe im Jahr 1966 auf Platz eins der französischen Zulassungsstatistik und auch die Citroen-Produktionsanlagen in Südamerika, Madagaskar und Spanien konnten zeitweise kaum die hohe Nachfrage bedienen. Sogar die Briten zeigten sich versöhnt als 1969 der Ami 8 die Linie Z in ein schickes Schrägheckdesign – aber ohne Heckklappe – übertrug und 1973 als Ami Super auf einen 54 PS freisetzenden Vierzylinder-Boxer vertraute. 1979 ging die Ära des Ami zu Ende, denn der im Vorjahr eingeführte Visa traf den Geschmack einer neuen Generation von Kompaktklassekäufern.

Elektro-Kleinstwagen Citroen Ami
Kleiner Freund