Alkohol/Drogen im Job Die heimliche Sucht

Alkohol 2021 Foto: Hanno Boblenz

Alkohol oder Drogen am Steuer betreffen nicht nur den Fahrer. Fuhrparkmanagement und Vorgesetzte müssen früh reagieren und sollten die Suchtprävention ernst nehmen.

Versemmelt ein Kollege häufiger Termine und kommt montags nicht in Gang? Spätestens wenn Kunden sich über eine Alkoholfahne beschweren oder wenn auf einem Schreibtisch sichtbar Jointkrümel rumliegen, sollten Flottenmanager und Vorgesetzte aktiv werden und das Gespräch suchen. Denn fahren Mitarbeitende alkoholisiert mit dem Firmenwagen, gefährden sie nicht nur sich und andere. Wenn die Geschäftsführung von den Problemen des Kollegen weiß, kann auch sie belangt werden.

Stichwort Halterhaftung. Sie nimmt den Halter zunächst in die Verantwortung, ohne dass ein Verschulden eine Rolle spielt. Juristisch wird der Halter des Fahrzeugs allein mit der Schadenshaftung belastet, weil er über das Fahrzeug die Verfügungsgewalt hat und weil er darüber entscheidet, wann es von wem gefahren wird.

Fuhrparkmanager oder Geschäftsführer müssen also ihre Fahrer kontrollieren. Was nicht bedeutet, die Kollegen zum Alkoholtest antreten zu lassen. Doch sobald ein Fahrer durch sein Verhalten auffällt, muss das Unternehmen handeln.

Nach Angaben der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) entstehen in Deutschland durch Alkoholkonsum jährlich 26,7 Milliarden Euro an Folgekosten. Deshalb gehören die Beschäftigung mit Suchtproblemen und die Hilfe für Betroffene inzwischen auch in kleinen und mittleren Betrieben zu einem festen Bestandteil des Gesundheitsmanagements. Geschäftsführung, Personalverantwortliche und Fuhrparkmanager stehen dabei in der Verantwortung, nicht nur die rechtlichen Vorschriften zu klären und umzusetzen, sondern auch den betroffenen Mitarbeitern zu helfen. Die DHS, Betriebskrankenkassen und Beratungsstellen halten dafür Broschüren und Seminarangebote bereit.

Wie aber sollten Firmen mit dem Problem umgehen? Um die Belegschaft gar nicht erst in Versuchung zu bringen, empfiehlt es sich, Spirituosenverkauf und -konsum im Unternehmen zu untersagen und Paragraf 15 Absatz 2 der gesetzlichen Unfallversicherung konsequent umzusetzen: Danach dürfen sich Versicherte nicht in einen Zustand versetzen, in dem sie sich selbst oder andere gefährden können.

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Wenn alle Stricke reißen, hilft nur eine Abmahnung. Denn wenn Mitarbeitende das Straßenverkehrsgesetz nicht respektieren, indem sie alkoholisiert fahren, verletzen sie die arbeitsvertragliche Nebenpflicht. Ist der Mitarbeitende allerdings alkoholkrank, wird es komplizierter. Dann wird die wirtschaftliche Benachteiligung durch einen möglichen Jobverlust schwerer gewichtet als der Regelverstoß.

Wie aber spricht man Menschen an, die offensichtlich ein Alkohol- oder Drogenproblem haben? Managementcoach Thomas Dierberger vom Team Dr. Rosenkranz in München empfiehlt, zuerst das Gespräch unter vier Augen zu suchen. Hat ein Fuhrparkmanager das Gefühl oder hat er gehört, dass ein Kollege auch nach einem Feierabendbier noch mit dem Firmenwagen nach Hause fährt, sollte er immer persönlich mit ihm sprechen, ohne Betriebsrat oder Personalverantwortliche. Es sei sehr wichtig, primär auf der emotionalen Ebene zu kommunizieren.

Dierberger sieht in der Firmenwagenproblematik eine klassische Drei-Ebenen-Konstellation. Was passiert, wenn der Mitarbeiter alkoholisiert auf einer Dienstfahrt erwischt wird? "Die juristischen Konsequenzen müssen klar sein", so der Coach. Wer muss die Strafe bezahlen, wer muss für einen Schaden aufkommen? Wird auch nur eine Ausnahme von der Regel eingeräumt, sei das gesamte Regelwerk des Unternehmens Makulatur.

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Als zweite Ebene sieht der Coach die sachliche Klärung. Ein verdächtiger Mitarbeiter muss wissen, welche Folgen eine Alkoholfahrt mit dem Dienstwagen für ihn hat. "Ihm muss bewusst sein, dass er gegen eine Regel verstößt und dass dies zu einer Abmahnung führt. Auch hier muss eine eindeutige Linie kommuniziert werden."

Die wichtigste Ebene bleibt für Dierberger aber die emotionale: "Nur wer wirklich begreift, dass ein scheinbares Kavaliersdelikt wie das Feierabendbierchen mit anschließender Autofahrt zum Jobverlust führt, wird sich an die Regeln halten und den Firmenwagen stehen lassen." Auf jeden Fall sollte man dem Betroffenen offen gegenübertreten, ohne ihm das Gefühl zu geben, ihn zu verurteilen. Vorgesetzte sollten immer ihre Unterstützung anbieten, den Kollegen dazu bringen, sich seinem Suchtproblem zu stellen und professionelle Hilfe zu suchen.

Teurer Alkoholkonsum

Pro Jahr entstehen durch Alkohol

  • 16,6 Milliarden Euro direkte Kostenfürs Gesundheitssystem
  • 40 ,4 Milliarden indirekte Kosten (Produktionsausfall, Arbeitslosigkeit, Frührente, vorzeitiger Tod)

Quelle: DHS

Wer hilft?

Suchtprävention lässt sich in Bereiche wie Gesundheitsmanagement und Arbeitsschutz einbinden. Kompetente Anlaufstelle mit Infomaterial und Coachingtipps ist die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen. Broschüren gibt es online unter www.dhs.de