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Alltagsprobleme von Elektroautos Was bei Stromern noch besser ginge

Nissan Leaf Foto: Nissan

E-Autos können sich langsam, aber sicher Marktanteile sichern. Hinderlich sind dabei vor allem fehlende Ladesäulen, doch auch einige kleinere Probleme sind noch nicht aus der Welt.

Jeder spricht von Reichweite, Kosten und Ladesäulenmangel – neben den großen, grundsätzlichen Problem-Themen gibt es aber auch zahlreiche kleinere Ärgernisse, die einen Boom des Elektroautos behindern. Einige davon wären leicht zu beheben, wenn es die etablierten Autohersteller es mit dem Umdenken ernst meinten.

Dass die Nachfrage nach E-Autos trotz Dieselkrise und Erderwärmung wohl überschaubar sein würde, haben sich auch die Autohersteller gedacht. Dass sie ihre Produktionskapazitäten oder Deutschland-Stückzahlen aber offenbar so gering angesetzt haben, dass sogar die maue Nachfrage kaum bedient werden kann – das droht, der E-Mobilität hierzulande den letzten Schwung zu nehmen. Auf Modelle wie den neuen Nissan Leaf, den Elektro-Smart oder den Hyundai Ioniq muss man aktuell schon mal zehn Monate oder länger warten. Potenzielle Bestseller wie der E-Golf sind gar erst im kommenden Jahr wieder bestellbar, Hoffnungsträger wie der Opel Ampera-E faktisch gar nicht zu bekommen. Natürlich liegt das nicht nur an Fehlplanungen, sondern auch daran, dass die Hersteller erst die Märkte beschicken, in denen staatlich großzügig gefördert wird. Der E-Auto-Nachfrage in Deutschland dürfte die Warterei aber einen weitere Dämpfer verpassen.

Dass das E-Auto für die etablierten Hersteller ein Stück weit Neuland ist, lässt sich auch an so etwas scheinbar Trivialem wie der Platzierung des Stromanschlusses ablesen. Der Jaguar I-Pace etwa – in vielerlei Hinsicht ein formidables E-Mobil – hat den Strom-Tankdeckel am vorderen linken Kotflügel. Praktisch für das Laden am Straßenrand – allerdings nur in Ländern mit Linksverkehr. Generell hat der seitliche Steckdosenzugang seine Tücken, werden die meisten Ladesäulen in Deutschland doch frontal angefahren. Gut, wer dann ein langes Kabel hat und dieses auch noch so verlegt, dass Passanten nicht ins Stolpern kommen. Als beste Lösung der Ladefrage dürfte sich auf lange Sicht die Buchse an der Front herausstellen, wie sie etwa bei den E-Auto-Pionieren Nissan Leaf und Renault Zoe zu finden ist. Dazu müssten sich einige Hersteller aber von den althergebrachten Tankdeckel-Denkmustern lösen.

Auch im Kampf gegen die Reichweitenangst einer skeptischen Kundschaft scheinen sich einige Autohersteller zu verfahren. Als Lösung propagiert man immer größere Akku-Kapazitäten, ohne zu bedenken, dass die Langstreckentauglichkeit durch einen anderen Aspekt gleich wieder eingeschränkt wird: durch fehlende Batteriekühlung. Viele Hersteller sparen sich selbige mit dem Hinweis, hierzulande gebe es gar nicht so heiße Sommer, dass sie nötig wäre. Wer aber beispielsweise auf einer längeren Elektroautoreise zum zweiten Mal die Schnellladesäule an der Autobahnraststätte anfährt, merkt, wie heiß sein Stromspeicher auch im gemäßigten Klima werden kann. So heiß nämlich, dass die Software den Stromfluss auf dem Netz zwecks Batterieschonung auf ein Minimum begrenzt – und schon wird aus dem halbstündigen Kaffeestopp eine mehrstündige Zwangspause. "Rapidgate" nennt die Online-E-Auto-Community das Phänomen, das vor allem mit dem Nissan Leaf in Verbindung gebracht wird, prinzipiell aber alle E-Autos ohne Kühlungssystem betrifft. Darunter etwa auch den VW E-Golf. Offen kommuniziert wird das von den Herstellern nicht immer. Ansonsten könnten Kunden mit Langstrecken-Fahrprofil ein gekühltes Modell wählen, wie etwa Tesla sie anbietet.

Damit einem das Problem im konkreten Fall überhaupt auffällt, braucht es allerdings eine vernünftige Ladestatus-Anzeige im Fahrzeug. Eine, die vielleicht auch die aktuell an der Ladesäule abgerufene Ladeleistung in kW anzeigt. Stattdessen gibt es häufig lediglich mehr oder weniger exakte Füllstands-Skalen nach Vorbild der guten alten Tankuhr. Denn traditionell ist es dem Verbrennungsmotornutzer egal, mit welcher Geschwindigkeit der Sprit in seinen Tank fließt. Für den E-Auto-Fahrer spielt die Ladeleistung aber durchaus eine Rolle – und sei es nur für die Beantwortung der Frage, ob man während des Wartens nur einen Cappuccino bestellt oder gleich ein ganzes Mittagessen.

Die aktuelle E-Auto-Community, zu einem Gutteil Überzeugungstäter, stört sich vergleichsweise wenig an den Kinderkrankheiten ihrer Fahrzeuge. Ob das der künftige Mainstream-Kunde genau so locker sieht, ist fraglich. Vielleicht hat daher am Ende die flache Anlaufkurve der E-Mobilität auch ihr Gutes: Ein paar der nervigen Alltagsfehler dürften die Hersteller bis zum Start der nächsten großen Neuheiten-Welle Ende des Jahrzehnts vielleicht abgestellt haben.