Alternative Antriebe Die wahnwitzigsten Antriebe der Geschichte

Historie Alternative Antriebe, Futuristisch: Mercedes C111 von 1970, Wankelmotor Foto: Archiv 15 Bilder

Auf der Suche nach dem perfekten Antrieb gab es in der Geschichte Versuche mit Turbinen-, Raketen- und gar Atomantrieben. ecoFLEET präsentiert eine Rückschau auf die abenteuerlichsten ihrer Art.

Seit Urzeiten dreht der Mensch gerne am Rad. Auf der Suche nach dem richtigen Antrieb lässt er so gut wie nichts aus. Das Dilemma begann vor gut 4.000 Jahren. Jemand klopfte aus Langweile so lange auf einem Stein rum, bis dieser rund genug war, um auf seiner Kante zu rollen. Ein weitestgehend sinnfreier Zeitvertreib, wäre dieser Jemand nicht auf die Idee gekommen, das Teil zu durchbohren und auf einen Holzstock zu stecken. Das war die Erfindung von Achse und Rad. So richtig anzufangen wusste der Mensch damit noch nichts. Das gilt bis heute. Manche Verkehrsteilnehmer haben noch immer Probleme damit. Immerhin aber weiß der Mensch heute, wie sich ein Rad bewegen lässt: mit Energie.

Bislang verfeuert der Mensch dazu Öl. Die Erkenntnis, dass dies aufgrund der knappen Vorräte womöglich ins Auge gehen könnte, ist nicht neu. Die Suche nach Alternativen daher auch kein Phänomen unserer Zeit. Beispiel Elektroantrieb: Schon 1914 zählten zum Fuhrpark der Post 220 Elektrofahrzeuge. "Klar, bei der Post", werden Sie jetzt abwinken: "Dort hatte man ja schon immer ein Faible für die Verlangsamung der Dinge."

Ein Porsche mit 50 km/h Höchstgeschwindigkeit? Mit E-Antrieb!

Gut, dann eben Porsche. 1897 verdingte sich der drittgeborene Spross namens Ferdinand in Wien bei der Hofwagenfabrik Ludwig Lohner & Co. Zusammen mit seinem dortigen Brötchengeber baute er ein Elektromobil, das auf der Pariser Weltausstellung von 1900 für Gesprächsstoff sorgte. Mit 50 km/h und einer Reichweite von mehr als 40 Kilometern im positiven Sinn, mit seinem Batteriegewicht von 410 Kilo im negativen. Ähnliche Diskrepanzen verhagelten wohl auch dem Peugeot VLV (Voiture Legère de Ville, Leichtes Stadtauto) von 1941 die Bilanz. Bei dem zweisitzigen Cabriolet sorgten vier Zwölfvoltbatterien für die beachtliche Reichweite von 80 Kilometern. Dafür brauchte man allerdings auch fast drei Stunden, Tempo 30 war das Höchste der Gefühle. Bis in die Achtziger und Neunziger Jahre hinein die immer gleichen Probleme: Ob BMW mit seinem E1, General Motors mit dem EV 1 oder Mercedes mit dem Elektrotransporter LE 306 – nie standen Energieaufwand und Ertrag in einem akzeptablen Verhältnis zueinander.

Viel gebracht haben diese frühen Elektroausflüge nicht. Die Verlockung, Sprit in einem Hubkolbenmotor zu verfeuern, war einfach zu groß. Die Suche nach Alternativen daher nur etwas für Fantasten. Die saßen überwiegend jenseits des großen Grabens. Tja, die Amis und ihre Autos: Erst haben sie die Fließbandfertigung erfunden, später dann Vehikel gebaut, deren Ausmaße geradezu obszön erschienen. Der Cadillac Fleetwood etwa hatte einen Wendekreis wie ein Fußballplatz. Auch ein Mondauto haben die Amerikaner gebaut. Ob das alles die Menschheit wirklich weiterbrachte, sei dahin gestellt. Probiert hat man jedenfalls einiges.

Nachdem man es in den Fünfzigern noch im Guten und mit Aerodynamikkonzepten à la Dart Car versucht hatte, malträtierte Chrysler 1963 etwa 50 Versuchskunden mit einem Gasturbinenauto. Eigentlich eine interessante Sache, ist die Bauart einer Turbine doch wesentlich unkomplizierter als die eines gewöhnlichen Motors. Dumm nur, dass jedem Hintermann dank höllischer heißer Abgase der Lack von der Haube gebrutzelt wurde. Auch die Tatsache, dass der infernalische Lärm von über 40.000 Umdrehungen das Gefühl vermittelte, im Inneren eines Staubsaugers zu reisen, ließ das Konzept schnell scheitern.

Doch das Land der unbegrenzten Möglichkeiten hielt weitere Schocker für die Autoindustrie der alten Welt parat. Schon mal etwas vom Ford Nucleon gehört? Wie der Name schon befürchten lässt, sollte im Nucleon durch Kernspaltung gespeichertes Wasser in einem Generator zu Dampf erhitzt werden, um gleich mehrere Turbinen anzutreiben. An Atomstationen, so fantasierten die Ford-Ingenieure anno 1958, sollten ausgenudelte Reaktoren gegen neuen getauscht werden, um weiter dampfen zu können. Die gute Nachricht: Selbst die Amerikaner schreckten dann doch davor zurück, so etwas umzusetzen. Die schlechte: Die Franzosen haben es versucht. Genauer gesagt Simca. Über den Verbleib des einzigen – hoffentlich nur als Designmodell gebauten – Atomautos namens Fulgur ist wenig bekannt. Irgendwie beunruhigend, hüten Sie sich daher vor vermeintlichen Oldtimer-Scheunenfunden in der Südsee.

In 20 Sekunden von 0 auf 230? Fritz von Opel hat das geschafft

Wo wir uns gerade der Waffentechnik nähern: Raketenantrieb ist auch so ein Thema. Vergessen Sie ihr Vorurteil von Lammfellsitzauflagen und Hosenträgern: Opel schoss schon Autos mit sattem Feuerstrahl auf die Piste, als Ferruccio Lamborghini noch Matrosenanzüge trug. Fritz von Opel hatte 1927 einen Ingenieur namens Friedrich Sander engagiert. Der hatte bis dato Feststoffraketen für Seenot-Rettungspistolen hergestellt und galt als versierter Fachmann in Sachen Pyrotechnik.

Sie ahnen es, das Unheil nahm seinen Lauf. Jedenfalls sah sich Firmenchef Fritz von Opel schon ein Jahr später höchstpersönlich in einem RAK2 getauften Raketenauto binnen 20 Sekunden auf 230 Sachen katapultiert. 24 hochexplosive 80-Millimeter-Raketen waren dafür nötig. Allerdings reichte diese Armada im Heck gerade mal für 1.800 Meter. Egal, das Publikum auf der Berliner Avus war begeistert.

Was man von Opels Geldgebern und Aktionären nicht behaupten kann. Sie drängten den guten Fritz, doch künftig von solchen Experimenten Abstand zu nehmen und sich normalen Autos zu widmen. Und heute? Nach 4.000 Jahren ist das Rad wieder da, wo es mal angefangen hat. Auf der Suche nach seinem sinnvollsten Antrieb. Das Schöne daran: Aus Ingenieuren werden wieder Fantasten. Noch einmal in die USA, genauer in die Garage von Steve Fambro im kalifornischen Carlsbad.

Dort nämlich entstanden die Pläne für ein Leichtmetallgeschoss auf drei Rädern namens Aptera. Nur 771 Kilo leicht, Spurweite 2,24 Meter und 1,32 Meter hoch. Was aussieht wie das Fliewatüüt der Augsburger Puppenkiste ist ein Elektrofahrzeug mit 22 kWh starken Lithium-Ionen-Akkus. Ein Dreirad mit nur einer statt zwei Achsen als Lösung der Zukunft? Laut der mittlerweile gegründeten Firma Aptera Motors haben schon mehr als 4.000 Menschen eine Bestelloption mit Anzahlung unterzeichnet. Wahnsinn.

Diese Konzepte hatten Erfolg

Nicht alles, was als Antriebsalternative entwickelt wurde, wanderte in die Mülltonne. Manche Konzepte wie Wankel- oder Festbrennstoffmotoren hatten nennenswerte Erfolge, sind aber Vergangenheit. Andere, wie Hybride, wurden anfangs belächelt und starten jetzt erst durch. Oft wurde schlicht versucht, das Konzept der Hubkolbentechnik zu vermeiden.

Klassisches Beispiel: Der 1933 patentierte Kreiskolbenmotor von Felix Wankel. Unvergessen bleibt die Laufruhe des später damit fahrenden NSU Ro 80. Unvergessen aber auch sein Spritdurst. Während Wankel sich Gedanken über das Wie des Verbrennens machte, sinnierte der Franzose Christian Imbert über die Frage, was man denn so alles verfeuern könnte. So kam ihm die Idee für einen Generator, der ohne große Umwege Holz vergasen kann und damit einen Motor antreibt. Umgerüstete Mercedes 170 V oder Opel Blitz waren Vertreter dieser Holzvergaser.

Das Problem: 2,5 Kilo Holz entsprachen etwa einem Liter Benzin. Entsprechend groß – um nicht zu sagen unpraktisch - waren die mitzuführenden Vorratsbehälter. Dann doch lieber Solarzellen aufs Dach? Audi probierte so etwas 1989 im Duo, einem Hybridfahrzeug auf Basis des 100 Avant. Der Presse sicherte man zur IAA 1989 "bei ausreichender Resonanz den Produktionsstart in relativ kurzer Zeit" zu. Irgendwie müssen wir da was verpasst haben.