Arbeitsalltag im Jahr 2027 Besser organisiert oder fremd bestimmt?

Daten, Vernetzung, Büro, Office, Mitarbeiter, Stab, Personal Foto: peshkov fotolia

Vernetzte Kalender, Robotershuttles, hochautomatisiertes Fahren: Sieht so unser Alltag in zehn Jahren aus? firmenauto wagt einen Blick in die Zukunft.

Mittwoch, 23. August 2027, 6.47 Uhr, irgendwo in Würzburg. Langsam erwacht Marvin Brauns Schlafzimmer. Golden schimmernde LED an den Wänden tauchen den Raum in ein sanftes Morgenlicht. Leise ertönt künstlicher Vogelgesang. Noch zwei Minuten, dann sollte der Ingenieur wach sein. Dass dies der optimale Zeitpunkt ist, haben Google Cloud Office und das von Marvin Braun getragene Biotracker-Armband gemeinsam entschieden.
Die Berechnung berücksichtigt Brauns Schlafphasen und Googles Stauprognose auf dem Weg zum ersten Tagestermin. Braun hat kaum die Augen geöffnet, als ihm eine Stimme aus dem Off ermahnt, um 8.14 Uhr abfahrtbereit zu sein.

Ein Display im Badezimmer-Spiegel zeigt, was heute ansteht: Als Erstes muss Braun seinen Firmenwagen aus der Werkstatt abholen. Die hatte sich schon vor 14 Tagen gemeldet. Der Online-Abgleich mit dem E-Auto meldete dem Servicebetrieb, dass der Startstrombegrenzer getauscht werden sollte.

Während er sich rasiert, schweift Brauns Blick über die weiteren Positionen des Tagesplans: Werkstatt, Kundenmeeting in München, einkaufen und für ­Katrin kochen. Überschaubar. Allerdings findet das Meeting im knapp 300 Kilometer entfernten München statt. Gleich mehrere Optionen poppen auf, vom Miet­wagen über die Bahnfahrt bis zum teuren, aber schnellen Drohnen-Shuttle.

Doch mit dem Papierkram im Gepäck ist sein Auto immer noch die bequemste Variante. Staus gibt’s dank vernetzter Routenplanung sowieso kaum noch.
Um 8.12 mahnt die Smartwatch den Außendienstler zur Eile: In zwei Minuten steht das autonome Elektrotaxi vor der Haustür. Gebucht ist obere Mittelklasse. Die bietet mehr Komfort als die allgegenwärtigen Elektro-Smarts und er kann sich in Ruhe nochmals seine in der Cloud gespeicherten Notizen anschauen.

Smart Vision EQ Fortwo 2017 Foto: Daimler
Keine Utopie: In zehn Jahren könnten die ersten Autos ohne Fahrer durch die Städte düsen.

Robotertaxis gehören zum Stadtbild

Nach 23 Minuten Fahrt biegt das komfortable Robotaxi auf den Hof der Werkstatt. Dort wartet schon sein Langstrecken-Stromer, ein flacher, tiefschwarzer Wing Sung. Eigentlich gefällt ihm sein Sportwagen in Knallrot besser, doch für den Termin in München ließ er gestern noch schnell die Kunststoffkarosse wechseln. Bezahlen entfällt und auch einen Schlüssel muss Braun nicht holen. Wie gewohnt öffnet er das Auto per Smartphone, die Rechnung für die Reparatur geht digital an die Firma.

»Hallo Marvin, alles klar?«, begrüßt ihn die metallische Stimme des Bordsystems. Auf dem Display poppt schon auf, wohin es geht. Manchmal fühlt sich Braun ein wenig fremdbestimmt, aber sein Firmenwagen ist nun mal mit Cloud Office vernetzt und alle Adressen werden automatisch an das Navi geschickt. Genauso wie die Infos über die Musik, die Braun beim Frühstücken gehört hat. Heute ist der Franke gut gelaunt, ließ den Tag funky beginnen. Pink, Avicii, Songs aus der Jugend. Doch wie so oft trifft sein Auto auch heute wieder den falschen Ton. Das Bordsystem wählt im Streamingdienst eine Oldies-Playlist und beschallt den Innenraum mit Helene Fischer. Voll daneben. Aber dafür stimmen Innen­raum­beleuch­tung, Temperatur und Beduftung. Für die lange Fahrt ließ er online eine größere Batteriekapazität freischalten. 120 kWh müssten hin und zurück reichen.

Auf dem Zubringer zur Autobahn gelten Level-4-Bedingungen. Das bedeutet achtsam bleiben. Selbst fahren muss ­Marvin Braun zwar nicht. Doch im dichten Stadtverkehr verlangt der Gesetz­geber, dass er in einer Gefahrensituation die Kontrolle übernimmt. Warum dies selbst im Jahre 2027 bei hochautomatisierten Autos immer noch juristisch gefordert ist, während lenkradlose Robotaxis auf denselben Stadtstrecken längst vollautonom fahren, ist eine der Merkwürdigkeiten des Verkehrsrechts.

Schlafen oder Arbeiten? Autofahren als Luxus

Auf der Autobahn aber kann er endlich das Lenkrad weg- und den Laptop aufklappen. Vollautomatisch nimmt der Wing Sung Fahrt auf, schert auf die linke der sechs Spuren. Die rechten drei sind nur für Lkw reserviert, die sich in elektronisch gekoppelten Verbünden bis zum Horizont reihen. Kein schöner Anblick.
Der Wing Sung fährt die Sitze in Komfortposition, und auf dem Zentralbildschirm im Cockpit erinnert der drei­dimen­sio­nale Avatar-Assistent daran, dass in Kürze die Videokonferenz mit den Vertriebskollegen startet. Auch die anderen fünf Teilnehmer sind in ihren hochautomatisierten Fahrzeugen oder anderen vernetzten Verkehrsmitteln unterwegs. Während Marvin Braun sich über Preise und Lieferzeiten abstimmt, steuert der Autopilot den Wagen unaufgeregt gen München und stoppt nach drei Stunden vor der Eingangstür seines Kunden. Über sein Smartphone meldet Braun sein Auto im Parksystem an. Ein Klick, schon rollt der Sportwagen automatisch ins Parkhaus und an die freie Ladestation.

Das Meeting ist ein voller Erfolg, gekrönt von einem opulenten Lunch, der Braun allerdings schwer im Magen liegt. Und das, obwohl er auf der Rückfahrt noch jede Menge arbeiten will. Schon kurz hinter München drohen ihm die Augen zuzufallen: Er braucht dringend eine Koffeinspritze. »Google, wo bekomme ich einen Kaffee?« »In vier Kilometern an der Starbucks-Station«, antwortet das Bordsystem. Braun bestellt online einen doppelten Espresso. Kaum nimmt der Wing Sung die Ausfahrt zur Raststätte, surrt schon die Starbucks-Drohne mit dem brühheißen Wachmacher ans Fenster des Autos.
So gestärkt kann er sich der Einkaufsliste widmen, die seine Freundin Katrin in Cloud Office hinterlegt hat. Zwar kauft kaum noch jemand selbst ein. Üblicherweise werden Lebensmittel von Drohnen in Frischeboxen an den Wohnungen ausgeliefert. Aber Braun ist altmodisch: Als Gourmet und Hobbykoch sucht er Obst, Fleisch und Gemüse immer selbst aus.

Kurz vor Nürnberg meldet sich Kollege Hauptmann. In Ansbach braucht er dringend eines der Musterteile. Brauns persönlicher Assi hat schon die Navi umprogrammiert. 20 Minuten Umweg sollten genügen, um endlich die zwölfte Folge von Star Wars zu Ende zu schauen. Und während sich die Jägerflotte der dunklen Seite der Macht zum letzten Gefecht mit der Republik aufmacht, lässt sich Braun in den Feierabend chauffieren.