Assistenzsysteme Mit schlauer Technik sicher ankommen

Foto: Hans-Dieter Seufert

Assistenzsysteme im Firmenwagen: Elektronische Helfer können dazu ­beitragen, die Unfallzahlen zu senken. FIRMENAUTO erklärt,was die einzelnen Systeme bringen und wie sie funktionieren.

Moderne Autos erkennen Gefahren, bremsen selbst und halten die Spur, wenn der Fahrer nicht aufpasst. Totwinkelwarner, automatische Notbremse oder Spurhalteassistent sind kein Privileg der Oberklasse mehr, sondern in der Golf-Klasse angekommen. Sogar ein Autozwerg wie der VW Up verhindert im Stadtverkehr einen Auffahrunfall, indem er selbstständig auf die Bremse geht.

Laut Deutschem Verkehrssicherheitsrat  sind 90 Prozent aller Verkehrsunfälle auf menschliches Versagen zurückzuführen. Viele davon ließen sich mithilfe von Assis­tenzsystemen vermeiden. Automatische Abstandsregler, so zitiert der ADAC verschiedene Studien, könnten die Zahl der schweren Unfälle um 17 Prozent, der Notbremsassistent die Auffahrunfälle mit Personenschaden um 28 Prozent senken. Und serienmäßige Spurhaltehelfer hätten 26 Prozent weniger Unfälle beim Spurwechsel zur Folge.

Parkpiepser? Aber sicher! Radartempomat? Nein danke

Fakt ist aber auch: In den meisten Firmenwagen sind zwar Freisprecheinrichtungen und Parkpiepser eingebaut, mehr aber nicht. Erstere, weil die Handynutzung am Steuer Punkte kostet, Letztere, weil sie Beulen beim Einparken vorbeugen. Weniger Kaskoschäden, niedrigere Versicherungsprämien und kein Ärger bei der Rückgabe des geleasten Autos – dass sich 300 bis 500 Euro für die Einparkhilfe lohnen, leuchtet Fuhrparkleiter und Fahrern gleichermaßen ein.

Wie aber sieht es aus mit Verkehrsschild­erfassung, Radartempomat oder gar Nachtsichtmonitor? Mit Systemen also, die den Preis des Autos schnell um mehrere tausend Euro in die Höhe treiben? Sie bedeuten Kosten, die der Fahrer bei der Privatnutzung des Firmenwagens versteuern muss und welche die Leasing­rate verteuern. "Viele Großkunden prüfen die Anschaffung unter TCO-Gesichtspunkten sehr genau", sagt Gerhard ­Künne, Sprecher der Geschäftsführung von VW Leasing. "Die Akzeptanz ist von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich und hängt maßgeblich vom Einsatzzweck der Fahrzeuge ab. Aber Kunden, die schon einmal die Vorzüge eines Assistenzpakets live erlebt haben, wissen diese sehr zu schätzen."

Verkehrssicherheit endet nicht am Werkstor

Doch ist das kostenbewusste Denken der Flottenbetreiber richtig? Fürsorgepflicht beschränkt sich nicht auf den Arbeitsplatz im Büro. "Verkehrssicherheit endet nicht am Werkstor", sagt Arbeitspsychologe Rüdiger Trimpop von der Uni Jena. So wie sich Unternehmen umweltorientierte Regelungen mit strikten Verbrauchswerten auferlegen, könnten sie Mindeststandards in Sachen Sicherheit in der Car Policy verankern. Nicht jeder Kleinwagen muss gleich als rollender Hochsicherheitstrakt vom Band rollen. Aber ein vernünftig nach Fahrzeugklassen abgestuftes Ausstattungsniveau käme bei der Belegschaft gut an.

Schon heute schauen Neuwagenkäufer genau, wie viele Sterne ein Auto im Crashtest erreicht. Dass für die Fünfsterne-Wertung von Euro NCAP aber nicht nur ein gutes Crashverhalten zählt, wissen die wenigsten. Tatsächlich bringt eine Anschnall-Erinnerung ebenso Pluspunkte wie ein Geschwindigkeitsbegrenzer, egal ob manuell einstellbar oder als adaptiver Tempomat. Zeigt das Navi oder eine Bordkamera zudem die zulässige Höchstgeschwindigkeit an, wird das ebenfalls honoriert. Seit 2014 vergibt Euro NCAP einen Bonus für den Spurhalteassistenten und die automatische Notbremse und ab 2016 gibt es ­zusätzliche Punkte, wenn das Auto querende Fußgänger erkennt.

Strengere gesetzliche Anforderungen und das wachsende Angebot an Assistenzsystemen werden also das Sicherheitsbewusstsein von Autofahrern schärfen. Gut ausgestattete Firmenwagen dürften in drei, vier Jahren schneller einen Käufer finden. Aus Sicht von Martin Endlein vom Marktbeobachter DAT haben dabei Modelle mit serienmäßigem Notbremsassistenten oder anderen Helfern Vorteile. "Komplett ausgestattete Fahrzeuge, bei denen man nicht viele Extras hinzuwählen muss, sind wertstabiler."

Hohe Stückzahlen verlangen nach niedrigeren Preisen

Vorerst liegt es an den Autoherstellern, ­diese Systeme in größeren Stückzahlen auf den Markt zu bringen, auch um die Preise zu senken. Als Anreiz für die Kunden werden gerne einzelne Assistenten zum Sonderpreis in Sicherheitspaketen zusammengepackt. In den Großkundenabteilungen scheint das Thema aber noch nicht angekommen zu sein, wie die Business-Pakete beispielsweise von BMW zeigen. Die Bayern geben ihren Firmenkunden eher subventionierte Komfortextras wie Sitzheizung, Lordosenstütze oder Soundsystem auf den Weg als Abstandstempomat oder Auffahrwarner. Eine Basis-Ausstattung mit Navigation, Freisprechanlage und Park Distance Control decke die Anforderungen an Sicherheit der Geschäftskunden ab und erfülle die jeweiligen Kostenvorgaben des Fuhrparks, heißt es dazu bei BMW.

Peugeot ist wenigstens einen kleinen Schritt weiter: Das Businessmodell des 308 hat wegen der steigenden Nachfrage einen Tempomaten mit Abstandswarner an Bord. Totwinkelwarner seien bei Firmenkunden ebenfalls gefragt, sagt Dirk-Marco Adams von der PSA-Flottenabteilung. "Und wenn wie bei Citroën oder Peugeot ein Notrufsystem serienmäßig im Auto ist, muss der Kunde kein entsprechendes Paket über die Leasinggesellschaft einkaufen."

Doch viele Autofahrer kennen die Systeme entweder gar nicht oder wissen nicht, wie sie funktionieren. Hier sind die Verkäufer gefragt. Sie müssen den Kunden im Autohaus umfassend beraten und den positiven Nutzen der technischen Helfer herausstellen. Was in der Praxis allerdings nur schwer möglich ist: Eine freie Parklücke ließe sich ja noch finden, um schnell die Einparkautomatik vorzuführen. Doch einen Notbremsassistenten mag man eher nicht im fließenden Verkehr testen. Es ist eben einfacher, dem Kunden den positiven ­Effekt eines belüfteten Sitzes oder eines ­ausgefeilten Navi-Systems nahezubringen als den eines Assistenzsystems.