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Audi E-Tron im Fahrbericht Geht doch!

Audi e-tron Foto: Audi 13 Bilder

Für knapp unter 70.000 Euro und mit einer limitierten Sonderedition schickt Audi den Elektro-SUV E-Tron auf die Reise: Mit Alexa an Bord und der Option auf ein nachträgliches Upgrade.

Na endlich! Jahre lang faselten unsere deutschen Premiumhersteller über Elektroautos. Auf der Straße surren aber nur Tesla herum, sogar Jaguar kam mit dem I-Pace zuvor. Audi macht nun den Anfang der aus Deutschland versprochenen "Elektro-Offensive". Dabei tritt der 4,90 Meter lange E-Tron recht unscheinbar ins Rampenlicht. Nach Alleinstellungsmerkmalen muss man suchen: Der Singleframe ist mit Lamellen zugeklebt, hinten fehlen klassische Auspuffendrohre. Und nachts erkennt man ihn am Tagfahrlicht. Der Rest ist typisch Q-Familie. Wie beim neuen Q8 spannen die Designer zwischen die Rückleuchten ein Leuchtenband als Brücke.

Kamerabild statt klassischer Außenspiegel

Ganz so stinknormal ist er dann aber doch nicht. Wo sich üblicherweise dicke Außenspiegel aus der Karosse wölben, stehen beim E-Tron lediglich zwei schmale Streben ab. An deren Spitzen scannen kleine Kameras den toten Winkel. Für den Fahrer ist das auf faustgroßen Bildschirmen im Cockpit zu sehen. Beeindruckende Technik, die Umstellung fällt aber schwerer als gedacht. Aus Gewohnheit geht der Blick immer zuerst zum eigentlichen Außenspiegel.

Audi e-tron Foto: Audi
Anstelle von Außenspiegeln scannen Kameras den toten Winkel. Für den Fahrer ist das auf faustgroßen Bildschirmen im Cockpit zu sehen.

Ob der virtuelle Schnickschnack überhaupt Vorteile bringt? Das Sichtfeld ist größer, okay. In erster Linie verleiht es dem E-Tron aber einen futuristischen Touch. Obwohl die gleiche Infotainmenteinheit wie im A6 oder A8 verbaut ist, wirkt alles durch die zusätzlichen Displays etwas moderner als sonst. Zwei schicke Touchscreens türmen sich an der Mittelkonsole auf. Ein großer digitaler Instrumentkasten macht sich hinterm Steuer breit. Im E-SUV herrscht Oberklasse-Feeling pur. Kein Sparprogramm etwa, um den teuren Elektroantrieb quer zu finanzieren.

Damit wir uns wohlfühlen, fächelt uns der Audi frische Bergluft oder eine Meeresbrise zu, massiert uns das Kreuz und erhellt das Interieur in beruhigenden Farben. Weil Vernetzung im Auto immer wichtiger wird, darf Alexa im E-Tron mitfahren. Über den Amazon-Sprachassistent können wir im Wagen Musik abspielen, aber auch per Sprachkommando daheim die Garage öffnen oder die Wohnung vorheizen.

Sonderausstattung nachträglich freischalten

Mit dem E-Tron führt Audi zudem die Option auf Option ein: Der Kunde kann nachträglich Sonderausstattung hinzubuchen – Extras wie das Digitalradio DAB+ aber auch Assistenzsysteme, oder vom Standard-LED-Scheinwerfer auf die Matrix-Leuchten upgraden. Das funktioniert sogar von unterwegs über das MMI-Multimediasystem.

Dienstwagenfahrer werden den E-SUV wohl aber von Anfang an vollpacken. Rechtzeitig zum Marktstart des Elektro-Audi kommen die nämlich ab 2019 in den Genuss der halbierten Dienstwagensteuer für E-Autos. Sprich, bei der Berechnung des Geldwerten Vorteils wird der halbe Listenpreis herangezogen. Um Ihnen das einmal vor Augen zu halten: Mit dem E-Tron (ab 67.142 Euro netto) sind User Chooser dann so günstig wie mit einem Kompaktwagen unterwegs.

Und sie haben richtig viel Spaß beim Fahren. Mit 2,5 Tonnen ist der E-SUV zwar ein richtiges Schwergewicht, doch davon spürt man nichts. Die Beschleunigung ist brutal – E-Power sei dank. Vom Start weg packen die maximalen 664 Nm Drehmoment zu. Beim Ampelstart zieht er auf den ersten Metern jeden Sportwagen ab. Nach 5,7 Sekunden knackt der Elektro-SUV die 100er-Marke. Schneller als 200 km/h mag der Audi aber nicht, sonst würde den Akkus allzu schnell der Saft ausgehen.

Audi e-tron Foto: Audi
Der E-Tron hat sowohl auf die linken als auch der rechten Seite Ladeanschlüsse unter einer elektrisch öffnenden Klappe.

Über 400 Kilometer Reichweite

Das 700 Kilo schwere Akku-Pack macht sich wie eine Doppelbettmatratze unter den Sitzen breit. Die Kilos sind gleichmäßig auf die Achsen verteilt. Der Schwerpunkt liegt tief, auf einem ähnlichen Niveau wie beim A6. Der SUV kann daher sportlich ums Eck ziehen. Wir cruisen aber lieber entspannt. Weil die Luftfederung jegliche Unebenheiten aus dem Asphalt bügelt. Und der SUV seine Passagiere akustisch rigoros von der Außenwelt abkapselt. Lediglich ein leises Surren der E-Maschine dringt durch. Minimale Wind- und Abrollgeräusche. Es ist so leise, dass wir sogar die kleinen Elektromotoren unserer Sitzmassage hoch und runter wandern hören. Oder das leise Klicken wahrnehmen, wenn der Touchscreen ein Feedback auf den Zeigefinger gibt.

Audi verspricht eine Reichweite von über 400 Kilometern (WLTP). An einer 400-Volt-Drehstromsteckdose mit bis zu 11 kW Leistung braucht der Stromer einen ganzen Arbeitstag (8,5 Stunden) bis die Akkus wieder voll sind. Unterwegs an einer 150-kW-Schnelladesäule ist er nach einer ausgedehnten Kaffeepause (30 Minuten) wieder flott. Energie speist der E-Tron auch während der Fahrt in die 95 kWh große Batterie. Im Schubbetrieb aber auch beim leichten Anbremsen arbeiten die Elektromotoren als Generatoren. Erst wenn der Fahrer stärker auf die Bremse tritt, packen die Scheiben der konventionellen Bremsen zu. Einen Übergang von elektrischer auf hydraulische Bremsung fühlt der Fahrer im Fuß nicht heraus.

Am einfachsten jedoch ist es, wenn der adaptive Fahrassistent stets das erlaubte Tempo abliest und mit vorgegebener Naviroute vor Kurven oder Ortschaften eigenständig herunterbremst – das macht der E-Tron zuverlässig und souverän. Ein Vorgeschmack aufs teilautonome Fahren. Doch bis wir endlich in den Genuss von selbstfahrenden Autos kommen, wird noch viele Jahre drüber gesprochen.

Mittlerweile hat Audi den Konfigurator freigeschaltet. Wie zu erwarten war, lässt sich der Preis für den mindestens 67.000 Euro teuren Stromer mit einigen Extras locker auf eine sechsstellige Summe treiben. Exakt 88.990 Euro kostet die bereits vorkonfigurierte und auf 200 Exemplare limitierte Edition One. Diese bietet als Besonderheiten unter anderem 21-Zoll-Schmiederäder, Sportsitze, Panorama-Glasdach, LED-Matrix-Scheinwerfer; Lederausstattung, Vier-Zonen-Klimaautomatik, Audiosystem von Bang & Olufsen sowie virtuelle Außenspiegel, die dem Fahrer über Kameras Eindrücke vom rückwärtigen Verkehr vermitteln. Die ersten Auslieferungen des E-Tron sollen im März 2019 folgen. Ende 2019 folgt dann eine verschärfte Version, und für 2020 hat Audi den etwas coupéhafteren E-Tron Sportback angekündigt.