Automatisches Notrufsystem Was Sie über E-Call wissen sollten

Volvo XC90 Foto: Karl-Heinz Augustin

Seit März 2018 ist jeder Neuwagen mit einem automatischen Notrufsystem ausgerüstet. Doch es gibt Unterschiede. firmenauto erklärt, welches E-Call-System im Zweifel das bessere ist.

Ob Geschäftswagen oder privat genutztes Auto, ob SUV, Luxuslimousine oder Miniflitzer: Seit März 2018 muss laut EU-Verordnung jedes neu zugelassene Fahrzeugmodell mit E-Call ausgerüstet sein. Bei einem Unfall setzt es automatisch einen Notruf ab: Rettungsmaßnahmen werden schneller eingeleitet und die Zahl der Verkehrstoten verringert. Pro Jahr, so die Hoffnung, soll E-Call bis zu 2 500 Verkehrsteilnehmern das Leben retten. „Das Grundprinzip von E-Call ist einfach – das Thema jedoch erklärungsbedürftig“, sagt Stefan Gross, Leiter Mobility Services von Bosch Service Solutions.

Welche Systeme gibt es?

Der unter Anleitung der EU entwickelte 112 E-Call ist nur eines von mehreren Systemen, die durch die entsprechende EU-Verordnung legitimiert sind. Manche übermitteln nur Fahrzeugdaten, andere bauen eine Sprachverbindug ins Auto auf. Daneben gibt es weitere Systeme von privaten Anbietern wie etwa Bosch, sogenannte TPSP-Systeme Die Abkürzung steht für Third Party Service Provider. Automobilhersteller können solche Systeme zusätzlich im Fahrzeug einsetzen und der Kunde entscheidet, welches System aktiviert werden soll – 112 oder TPSP. Letztere bieten meist zusätzliche Mehrwerte. Genau wie der 112 E-Call erfassen sie die Informationen des gesetzlich definierten Minimaldatensatzes. Dazu zählen Unfallzeitpunkt, GPS-Koordinaten des Unfallorts, Fahrzeug-Identifizierungsnummer, Zeitstempel sowie die Information, ob der Notruf automatisch oder manuell ausgelöst wurde. Darüber hinaus übermitteln TPSP-Systeme zum Beispiel auch die Anzahl der Fahrzeuginsassen oder die Fahrtrichtung.

Welche Daten werden übermittelt?

Datenschutz bewegt viele Verbraucher. Stellt der E-Call hier eine Gefahr dar? Laut Bosch ist diese Sorge unbegründet. Der Notruf wird über eine im Auto verbaute SIM-Karte abgesetzt. Die aber ist passiv und wird erst im Notfall aktiviert. Nur bei einem Unfall oder bei manueller Betätigung des eCalls wählt sie sich in ein Mobilfunknetz ein. Auch dann ist durch die EU-Verordnung genau definiert, welche Daten an den Service-Anbieter beziehungsweise die Rettungsleitstelle übermittelt werden dürfen. Dazu zählen der Minimaldatensatz und darüber hinaus nur Daten wie Fahrzeugtyp oder Anzahl der Insassen, sprich: Informationen, die für die Einschätzung der Unfallsituation wichtig sind. Autofahrer auszuspähen oder gar Bewegungsprofile zu erstellen, ist laut Bosch damit technisch nicht möglich.

E-Call, Funktion Foto: Bosch
E-Call verspricht im Notfall schnelle Hilfe.
Wie schnell kommt Hilfe?

Während der 112-Notruf direkt in einer Rettungszentrale eingeht, wählen TPSP-Dienste erstmal das Service-Center des Dienstleisters an. Jetzt könnte man meinen, dass es wegen der längeren Rettungskette länger dauert, bis Hilfe kommt. Da es bei Unfällen vor allem auf genaue Informationen zu den Verunglückten ankommt, ist das Gegenteil der Fall, sagen die Experten von Bosch. Schon bevor eventuelle Ersthelfer einen Notruf absetzen können, werden die unfallrelevanten Daten an das Service-Center übermittelt. Dieses leitet die Informationen umgehend an die Rettungsleitstelle weiter, die anhand der Daten bereits sehr genau einschätzen kann, welche und wie viele Einsatzkräfte wo benötigt werden. So sei schnell adäquate Hilfe auf dem Weg. Hinzu komme ein weiterer wichtiger Vorteil: Nicht selten betätigen Fahrzeuginsassen, zum Beispiel Kinder, den SOS-Schalter ohne Not. Das Service-Center entlastet die Rettungsleitstellen von solchen Fehlalarmen und wirke so wie ein Filter. Damit können die Helfer den Fokus auf echte Unfälle legen.

Wie funktioniert der E-Call im Ausland?

Manche Autofahrer glauben, der automatische Notruf funktioniert nur im Inland. Stimmt nicht. Außerdem beschäftigen die TPSP-Notrufzentralen in der Regel mehrsprachige Mitarbeiter, die den Verunglückten in der in der Fahrzeugtelematik hinterlegten Sprache anreden. Gleichzeitig gibt ein weiterer Service-Mitarbeiter die Unfallinformationen in der jeweiligen Landessprache an die lokale Leitstelle weiter. Eventuelle Sprachbarrieren entfallen, was in der emotionalen Krisensituation eines Unfalls ein besonders großer Vorteil ist.

Lässt sich der E-Call nachrüsten?

Die EU-Verordnung bezieht sich vorrangig auf den Einsatz von Systemen, die in Neuwagen direkt ab Werk als Komponente fest verbaut werden. Sie unterstützt aber auch die Nachrüstung von Systemen, selbst in älteren Modellen. Bosch hat inzwischen nachrüstbare Systeme auf den Markt gebracht, wie etwa einen Unfallmeldestecker für die 12-Volt-Zigarettenanzünder-Buchse mit dazugehöriger Smartphone-App. Mit diesen Nachrüstlösungen lasse sich ein Notrufservice abbilden, der genauso zuverlässig arbeite wie bei einem neuverbauten System und ebenso nur unfallrelevante Daten erhebe.