Axel Schäfer über Mobilitätswandel Ein Masterplan muss her

Autobahnstau an Baustelle Foto: Panther Media/Tatjana Balzer

Wussten Sie, dass unser Verhalten zu über 90 Prozent automatisiert ist? Schluss mit der 100. Rede über Verkehrswende und Mobilitätswandel, es muss ein großer Plan her, meint unser Kolumnist.

Wir fällen Tag für Tag ungefähr 10.000 Entscheidungen. Natürlich etablieren sich in allen Lebensbereichen Routinen, die das Leben einfacher machen sollen. Das Problem: Haben die Synapsen erst mal ihre feste Bahn gefunden, ist es sehr schwer, den eingeschlagenen Pfad wieder zu verlassen. Denken Sie nur an die guten Vorsätze zu Silvester oder die Versprechen in den Wahlzeiten. Und was nicht an einem selbst scheitert, das scheitert unter Umständen an denen, die es umsetzen müssten. So kann die ein oder andere bombastische Vision von Unternehmen genauso auf der Strecke bleiben wie Sonder-Ruhetage rund um Ostern.

Sicher ist das meiste ernst und gut gemeint. Aber dann kommt die Realität um die Ecke. Damit das mit der viel beschworenen Verkehrs- beziehungsweise Mobilitätswende nicht passiert, müssen einige Hausaufgaben gemacht werden. Wer Verkehr und Mobilität auf nachhaltige Energieträger, sanfte Mobilitätsnutzung und eine Vernetzung verschiedener Formen des Individualverkehrs und des öffentlichen Personennahverkehrs umzustellen versucht, hat keine dünnen Bretter zu bohren.

Eine schöne Rede im Bundestag, doch nach ein paar Tagen ist sie fast vergessen. Obwohl doch so große Veränderungen geplant waren. Um nicht auf ­veraltete Glaubenssätze und Verhaltensmuster reinzufallen, ist Disziplin gefragt. Ein im Konsens erstellter ­Masterplan muss her, der dann Schritt für Schritt abgearbeitet wird. Mit einem Masterplan für den Mobilitätswandel könnten Verbesserungen bei der ökologischen und wirtschaftlichen Nachhaltigkeit, in der Verfügbarkeit und Qualität der Mobilitätsangebote erreicht werden. Dieser Masterplan sollte ein Mobilitätsgesetz beinhalten, in dem regulatorische Rahmenbedingungen auch für die betriebliche Mobilität geschaffen werden.

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Aber die große Frage ist: Wer ist zuständig? Auch das muss aus unserer Sicht grundsätzlich neu geregelt werden. Natürlich ist jedes Unternehmen, jeder Investor in Mobilitätslösungen zu überzeugen, die gewohnten Bestellvorgänge zu hinterfragen. Denn wenn sich die Nachfrage ändert, dann ändern sich auch die Aktivitäten der Anbieter. Aber auch die Rahmenbedingungen müssen stimmen. Zuständigkeiten, Entscheidungs- und Umsetzungskompetenzen müssen klar sein, sodass jemand den Hut aufhat und nicht jeder mit den Fingern auf andere zeigen kann. Dies betrifft die Organisation der verantwortlichen Ministerien genauso wie die Interaktion der nachgeordneten Behörden und Gesellschaften im Bundesbesitz. Der Bund muss die nötigen gesetzlichen Rahmenbedingungen schaffen.

Das wird bisher sträflich vernachlässigt: Die aktive Gestaltung des Mobilitätswandels ist die gemeinsame Aufgabe aller Beteiligten aus Industrie, Politik, Verwaltung, Verbänden und Zivilgesellschaft. Die betriebliche Mobilität ist dabei ein wesentlicher Teil mit hohem Einfluss. Die Kompetenzen und Erfahrungen von Mobilitätsverantwortlichen in den Unternehmen werden zu wenig genutzt. Wenn diese Kräfte miteinbezogen werden, dann geht sie wirklich los: die notwendige und überfällige Mobilitätswende.