Daimler, VW und Co haben es versäumt, früh in die Produktion eigener Batteriezellen zu investieren. Deshalb sind sie abhängig von asiatischen Zulieferern. Doch es gibt Hoffnung in Form einer neuen Batterietechnologie.
Die deutsche Automobilindustrie ist in der Herstellung von Batterien für Elektroautos auf Zulieferer aus dem Ausland angewiesen. Heute übliche Lithium-Ionen-Akkus kommen aus Japan, Südkorea und vor allem China von Unternehmen wie Panasonic, Samsung und dem chinesischen Produzenten CATL. Diese Firmen bilden ein Oligopol aus wenigen marktbeherrschenden Großunternehmen. Allein der Marktanteil chinesischer Batteriezellenhersteller dürfte bei rund 80 Prozent liegen. Zellen für Autobatterien werden in Deutschland nicht gefertigt. "Bisher fehlt es dafür am Know-how, am Zugang zu den relevanten Rohstoffen Mangan, Lithium, Kobalt und an der Infrastruktur für die Produktion", sagt Professor Stefan Reindl, Direktor des Instituts für Automobilwirtschaft an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt in Geislingen.
Hinzu kommen hohe Strompreise für die energieintensive Produktion der Zellen. Bis es in Deutschland qualifizierte Mitarbeiter für die Zellenproduktion, Abbaurechte für die Rohstoffe sowie Produktionsstätten gibt, um effizient Batteriezellen zu fertigen, wird noch einige Zeit vergehen. "Bis dahin bleibt die Abhängigkeit von den heute führenden Batterieherstellern nicht nur auf hohem Niveau, sie wird mittelfristig sogar noch ansteigen", mutmaßt Reindl. Er geht davon aus, dass die deutschen Hersteller sich erst gar nicht an Lithium-Ionen-Akkus versuchen werden, sondern sich gleich auf Feststoffbatterien mit einer höheren Energiedichte konzentrieren.
Die Versorgung mit relevanten Rohstoffen für Batteriezellen ist kompliziert. Beim Lithium sind die Hersteller auf Förderländer wie Chile, Australien und China angewiesen. Große Vorkommen werden auch in Bolivien vermutet; dort haben sich erste deutsche Hersteller Abbaurechte gesichert. Lithium aber ist nicht das große Problem, davon gibt es weltweit ausreichend. Der Engpassrohstoff ist Kobalt. Dieses Metall kommt insbesondere im Kongo vor und wird dort unter sozialen Missständen gefördert. Kobalt ist der Flaschenhals für die Elektromobilität wie Rohöl beim Verbrenner. "Mit Kobalt wird Preis- und Weltpolitik gemacht", sagt Reindl. 2016 war eine Tonne Kobalt noch für 25.000 US-Dollar zu haben gewesen, dann stieg der Preis auf bis zu 95.000 US-Dollar je Tonne. Aktuell liegt er bei 36.000 US-Dollar.
Die Preise für die Batteriezellen haben starken Einfluss auf den Gesamtpreis eines Elektroautos, denn etwa ein Drittel der Herstellungskosten entfällt auf die Akkus. Damit sind die Batterien das weitaus teuerste Teil an einem Elektroauto. "Insgesamt muss es das Ziel der Hersteller sein, den Kosten- beziehungsweise Preisanteil der Batteriespeicher in Autos deutlich zu senken", fordert Reindl. Insofern sollten sie die Forschungs- und Entwicklungskapazitäten hinsichtlich alternativer Speichertechnologien verstärken, um die Abhängigkeit von Rohstoffmärkten und einzelnen Produzenten dauerhaft zu senken. Reindl hält das für möglich mit Feststoffbatterien. Diese Superakkus speichern viel mehr Energie als aktuelle Lithium-Ionen-Batterien, dadurch vergrößert sich die Reichweite. Sie sind sicherer, bezahlbar und ressourcenschonend. In vielversprechenden Projekten wird an alternativen Energiespeichern geforscht. "Allerdings wird es noch einige Zeit dauern, bis massentaugliche Batteriemodule entwickelt sind", so Reindl. Und es müssen Recyclingstrukturen aufgebaut werden, um seltene Rohstoffe zurückzugewinnen.
Die Zellen für Batterien kaufen die deutschen Automobilhersteller aus Asien zu. Daraus fertigen sie an ihren Produktionsstandorten Module und konfigurieren sie mit Elektronik und Informatik. "Eine Produktion der Batterien fernab von der Fahrzeugproduktion verbietet sich durch kostspielige Transport- und Sicherheitsanforderungen für Hochvoltkomponenten", sagt Professor Ralf Wörner, Leiter des Instituts für nachhaltige Energietechnik und Mobilität an der Hochschule Esslingen. Ebenso wichtig seien der Effekt der kalendarischen Alterung von Batteriezellen, der einen Transport über längere Distanzen erschwert, sowie Importbesteuerungen, die die Einfuhr hemmen.
Daher setzen auch die deutschen Automobilhersteller auf räumliche Nähe der Zulieferer, was Abhängigkeiten in erheblichem Maße reduziert. Der Elektroautopionier Tesla ist in diesem Punkt Vorbild für die anderen Hersteller: Im Produktionswerk von Tesla in Nevada fertigt Panasonic Batteriezellen in derselben Fabrik. Tesla teilt auf Nachfrage mit: "Wenn Lieferkette und Batterieherstellung unter einem Dach sind, senkt das die Kosten für die Akkus." Bei den Batterien ist Tesla dem Wettbewerb finanziell weit voraus. Bislang verdienen die Amerikaner aber noch kein Geld mit den Autos, weil die Stückzahlen noch viel zu gering sind. Der Vorteil traditioneller Automobilhersteller gegenüber Tesla liegt in den konventionellen Fahrzeugen, mit denen sie Geld verdienen, um ihre Elektroautoentwicklungen zu finanzieren. "Allerdings schwinden diese Margen in den kommenden fünf Jahren deutlich, weil Mehrausgaben für zukünftige Abgasnachbehandlung und Verbrauchsreduktion nicht an Kunden weitergegeben werden können", vermutet Wörner. Da diese Tendenzen das Hauptvolumen in den wichtigsten Absatzmärkten gleichermaßen beträfen, könne eine unveränderte Produktion von ausschließlich konventionellen Antrieben sehr schnell zum Nachteil gereichen.
Jetzt erhöhen etablierte Automobilhersteller mit leistungsfähigen Elektrofahrzeugen den Wettbewerbsdruck. Jaguar, Audi, Mercedes und Porsche greifen Tesla an. "Nahezu im Monatstakt werden in den kommenden Jahren neue Elektrofahrzeuge etablierter Automobilhersteller vorgestellt", so Stefan Reindl von der Hochschule Geislingen. Die seien in der Lage, die Produktion routinemäßig an neue Modelle anzupassen, um eine ausreichende Lieferfähigkeit bei hoher Produktqualität sicherzustellen. An der Menge hat es bei Tesla stets gemangelt. "Die aktuelle Tesla-Wettbewerbsposition könnte nun rasch ins Wanken kommen", sagt Reindl. Das Ende des Tesla-Monopols hat begonnen.