Beamten Baden-Württemberg Ja, mir san mit’m Radl da

Foto: Jobrad

Dienstwagen ade: Im Rahmen einer Entgeltumwandlung können Baden-Württembergs Landesbeamte ab Sommer ein Dienstrad oder Pedelec beziehen.

Die einen diskutieren noch, die anderen radeln schon: Als erstes Bundesland gibt Baden-Württemberg seinen Beamten, Richterinnen und Richtern die Möglichkeit, Fahrräder statt Dienstwagen zu leasen. Notwendig war im Vorfeld dazu die Novellierung des Landesbesoldungsgesetzes. Andere Länder sind noch nicht so weit, haben die Gesetze noch nicht angepasst, um die rechtlichen Voraussetzungen für Diensträder zu schaffen. Anders im Südwesten: Dort dürfen die mehr als 170.000 Beamten und Richter ihre vom Land geleasten Fahrräder künftig auch privat nutzen.

Das grün-schwarz regierte Bundesland ging eine Kooperation mit dem Freiburger Unternehmen Jobrad ein. Der Marktführer in Sachen Dienstrad gewann die europaweite Ausschreibung des Landes. Jetzt gilt es nur noch zu klären, welche Räder die Beamten überhaupt leasen können. Im Gespräch sind klassische Fahrräder und Pedelecs, aber auch Renn- oder Lastenräder. Via Onlineportal des Landesamts für Besoldung und Versorgung soll das Angebot spätestens im Sommer 2020 stehen.

Die monatliche Leasingrate fürs Bike wird dann vom ­Bruttogehalt abgezogen. Dadurch sinken die zu versteuernden Bruttobezüge, der Dienstradnutzer erhält einen steuerlichen Vorteil. Allerdings muss er den geldwerten Vorteil der privaten Nutzung versteuern, genauso wie beim Dienst­wagen. Die Beamtinnen und Beamten werden das aber angesichts der seit Jahresbeginn besonders attraktiven 0,25-Prozent-Regelung verschmerzen.

Baden-Württembergs grüner Verkehrsminister Winfried Hermann ist jedenfalls begeisterter Unterstützer dieses Dienstradangebots. "Jede Fahrt mit dem Rad oder Pedelec bedeutet Mobilität mit null CO2-Emissionen", sagt er. Hermann geht davon aus, dass rund ein Drittel der Beamten und Richter das Leasingangebot wahrnehmen wird.

In die Röhre gucken alle tariflich Angestellten des Landes

"Die Gewerkschaften haben sich leider gegen das Radleasingmodell gewehrt", sagt Hermann. Hintergrund: Auch bei den Tarifangestellten soll die Leasingrate vor dem Bruttogehalt fällig werden. Dadurch sinkt der Bruttoverdienst und damit auch die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung. Die Gewerkschaft Verdi argumentiert: "Bei den derzeit angebotenen Modellen gewinnen nur die Arbeitgeber und die Fahrradhändler wirklich, für die Beschäftigten geht es Richtung Nullsummenspiel. Hauptverlierer sind die Sozialkassen." Wer weniger in die Rentenversicherung einzahlt, spart nur scheinbar. "Die spätere Rentenhöhe, die Ansprüche auf Krankengeld und Arbeitslosenunterstützung leiden", heißt es bei Verdi.

Befürworten würde Verdi dagegen ein Angebot für die tariflichen Angestellten, wenn das Land die Leasingraten on top bezahlen würde. "Dann stehen wir auch für tarifvertragliche Lösungen bereit", heißt es bei der Gewerkschaft. Diese Lösungen wollen jedoch die öffentlichen Arbeitgeber und die meisten privaten Unternehmen bislang nicht. Dabei geben der öffentliche Dienst im Land und viele Kommunen ihren Beschäftigten bereits einen Zuschuss zum ÖPNV/Jobticket, meist 25 Euro. Geld, das auch Zweiradnutzern zustehen könnte. Für die Angestellten hätte das zusätzlich zum Gehalt bereitgestellte Rad noch einen weiteren Vorteil: Sie müssten privates Radeln überhaupt nicht versteuern.

Doch auch so hat Jobrad mit diesem ­Auftrag einen weiteren dicken Fang gemacht. Schon jetzt nutzen über 20.000 Arbeitgeber das Leasingangebot, darunter die Deutsche Bahn, Bosch und SAP. Noch übernimmt die überwiegende Zahl der Mitarbeiter ihr Fahrrad nach Ablauf des Leasingzeitraums. "Wir merken aber, dass der Trend stärker wird, nach Ablauf des Leasings ein neues Dienstrad zu beziehen", sagt Tassilo Holz von Jobrad. Wohl auch, weil sich technisch bei E-Bikes derzeit viel tut. Dennoch dürfte die Tatsache, dass die Räder nach Ablauf des Leasings in der Regel zu einem Preis von 18 Prozent des Neupreises dem bisherigen Nutzer angeboten werden, den einen oder anderen immer noch überzeugen.

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Fakten zum Dienstrad

Arbeitgeber können Diensträder als unentgeltlichen Bonus zusätzlich zum Gehalt stellen. Dann übernimmt die Firma alle Kosten, der Mitarbeiter radelt auch privat kostenlos. Wird das Bike per Gehaltsumwandlung gestellt, wird dem Mitarbeiter die Leasingrate – oder ein Teil davon – vom Gehalt abgezogen. Dann muss der Mitarbeiter die private Nutzung als geldwerten Vorteil versteuern. Der Haken: Bei weniger Bruttogehalt fallen weniger Sozialabgaben an. Das kann sich negativ auf die Rente auswirken.

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