Bunt, schräg, anders: Der erste C4 Cactus fuhr völlig gegen den Strom. Jetzt kommt die Neuauflage, und da setzt Citroen andere Schwerpunkte.
Der erste Citroën C4 Cactus war ein außergewöhnliches Auto, pfiffig gemacht mit viel Platz und vor allem günstig. Jetzt startet die zweite Generation und die hat eine völlig andere Marschrichtung. Die Franzosen wollen wieder zurück zu ihren Wurzeln. Der kompakte Crossover soll nicht nur pfiffig aussehen, sondern vor allem ein hohes Maß an Fahrkomfort bieten. Schließlich gehörte das bequeme und entspannte Reisen einmal zu den Kernpunkten in der Geschichte der Marke.
Auch sonst will sich Citroën künftig stärker von seinen Mitbewerbern unterscheiden. Das reguläre Fließheckmodell C4 wird zum Sommer vom Markt genommen. Seine Rolle übernimmt dann ganz alleine der C4 Cactus, der gegen die kompakte Konkurrenz wie Ford Focus, Renault Mégane oder Opel Astra antreten muss. Die höhere Positionierung bringt auch einen höheren Preis. Ab 17.471 Euro (alle Preise ohne Mehrwertsteuer) kostet der neue Cactus knapp 800 Euro mehr. Ob sich die Franzosen da nicht zu weit aus dem Fenster lehnen?
Neues Navi im kunterbunten Innenraum
Optisch macht der auf jeden Fall schon mal was her: Mit seiner neuen Front samt breitem Doppelwinkel im Grill reiht er sich jedenfalls ins aktuelle Citroën-Familienprogramm ein. Sein Markenzeichen, die seitlich angebrachten weichen Kunststoffpolster, die das Fahrzeug gegen Parkrempler schützt, fallen jetzt kleiner aus. Außerdem wirkt der Franzose flacher und etwas gefälliger als bisher.
Innen gibt es einen Mix aus Bewährtem und Neuem. Wie gewohnt befindet sich vor dem Fahrer das rechteckige Display für die Geschwindigkeit und weitere Fahrzeuginfos, auf einen Drehzahlmesser wurde hingegen weiterhin verzichtet.
Innenraum: Oben hui, unten pfui
Gut gefällt uns der freistehende Touchscreen auf der Mittelkonsole. Das Navi des Multimediasystems rechnet flott und empfängt Verkehrsnachrichten in Echtzeit. Smartphones lassen sich anstandslos mit dem Infotainment verbinden. Viele Farben, viele Stoffe – der Innenraum bietet jede Menge Möglichkeiten, ihn nach Lust und Laune einzurichten. Die Materialien oberhalb des Cockpits wirken stimmig, weiter unten blickt der Fahrer jedoch nur auf einfache, ziemlich billig wirkende Plastikflächen.
Butterweiche Komfortsitze
Stolz sind die Franzosen auf ihre neuen Komfortsitze. Auslandend breite, hochverdichtete Polster sollen Fahrer und Beifahrer gut abstützen. Leider klappt das nicht. Man sitzt zwar butterweich und bequem wie auf dem heimischen Sofa. Bis zur nächsten Kurve. Dann klammert sich der Fahrer ans Lenkrad und der Beifahrer, der vergebens nach einem Haltegriff am Dach sucht, an den Türgriff. Nun ist C4 Cactus nicht als kein kurvenfressender Sportwagen konzipiert, aber hier treiben die Franzosen ihren Komfortanspruch doch etwas zu weit.
Hinten wird es für Große eng
Dafür geht das Platzangebot vorne völlig in Ordnung. Hinten geht es dagegen wesentlich enger zu. Erwachsene sitzen hier allenfalls auf der Kurzstrecke gerne und für Personen mit einer Größe von 1,85 Meter wird die Luft über den Köpfen recht dünn. Die kleinen Ausstellfenster verstärken das Gefühl, wie eingemauert zu sitzen. Herkömmliche Fenster, die richtig Luft hereinlassen, fielen der Abspeckkur zum Opfer. Das spart zwar elf Kilo Gewicht, dürfte aber vor allem Kunden mit Kindern ärgern.
Licht und Schatten zeigt auch das Gepäckabteil. Es bietet mit 348 bis maximal 1.170 Litern ordentlich viel Stauraum, doch müssen Gepäckstücke beim Einladen erst einmal über eine hohe Ladekante gewuchtet werden. Einen Zwischenboden, der das ausgleichen würde, gibt es nicht. Werden zudem die geteilten Rücksitzlehnen umgeklappt, entsteht eine unpraktische Stufe. Für echte Transportaufgaben im Fuhrpark taugt der Crossover also nur bedingt.
Drei Motoren zum Verkaufsstart
Zum Verkaufsstart im April gibt es zwei Dreizylinder-Benziner mit 110 und 131 PS sowie einen 100 PS starken Diesel. Vorsicht bei der Bestellung: Die ersten Motoren sind nur nach Euro 6b zertifiziert. Erst ab Mai sollen sie die strenge und ab September verbindliche Euro 6d Temp-Hürde meistern. Auch die für den kleinsten Benziner lieferbare Sechsstufen-Automatik hat nur ein begrenztes Haltbarkeitsdatum und wird gegen Ende des Jahres durch einen moderneren Achtgang-Automaten ersetzt.
Wir haben die ersten Runden mit den beiden Dreizylinder-Benzinern gedreht. Das 131 PS starke Triebwerk gefällt uns gut, hängt gut am Gas und dreht leichtfüßig hoch. Doch auch der kleine Motor kommt mit dem nur 1,1 Tonnen leichten Franzosen gut zurecht und reicht vollkommen aus, um im Verkehr mit zu schwimmen. Dabei fällt besonders auf, dass der Wagen besser gedämmt wurde und angenehm leise läuft.
Der Citroën schwebt über Unebenheiten hinweg
Das Sahnestück aber ist die einzigartige Federung. Die aufwendigen Stoßdämpfer samt hydraulischem Anschlag erinnern an den Fahrkomfort der legendären Citroën-Hydropneumatik. Das Fahrwerk spricht auf Unebenheiten sanftmütig an und packt seine Passagiere förmlich in Watte. Wie auf einer Wolke schwebt dann der C4 Cactus über derbe Schlaglöcher oder Querfugen. Die sehr sensibel ansprechende Komfortabstimmung sorgt allerdings auch dafür, dass die Karosserie des Franzosen nach dem Abfedern auf schlechtem Straßenbelag länger nachschwingt. Außerdem legt sich der C4 Cactus kräftig in die Kurve, was sensiblen Mitfahrern schnell auf den Magen schlagen könnte. Aber wie schon erwähnt: Kurve kann jeder, Komfort jedoch nicht.