Gläserne Ornamente, handgefertigte Türverkleidungen: Im Flaggschiff LS treibt die Toyota-Tochter den Luxus-Gedanken auf die Spitze. Aber reicht das, um gegen S-Klasse oder A8 zu bestehen?
S-Klasse, 7er, A8, Panamera – was anderes steht selten auf den Vorstandsparkplätzen. Dabei gibt’s doch Alternativen. Den Lexus LS etwa. Seit 30 Jahren auf dem Markt, allerdings nur in homöopathischen Stückzahlen. Zumindest in Deutschland. In den USA oder im arabischen Raum läuft die Luxus-Limousine wie geschnitten Brot. Trotzdem fährt der Exot hierzulande unbeirrt Mercedes-, BMW, Audi- und Porsche-Kunden hinterher.
Fahren wie auf Wolke sieben
Seit Januar steht sogar wieder ein neuer LS in den wenigen Showrooms, die Lexus in Deutschland betreibt. Wer die Vorgänger kennt, wird erstaunt zweimal hinschauen. Mit der fünften Generation wurde aus einer eher klobigen eine schnittig flache Limousine mit coupéhaften Zügen. Der neue LS streckt sich auf satte 5,23 Meter, da braucht man keine Langversion. Der wahre Hingucker aber ist die Front des Autos mit dem mächtigen, von 5.000 Waben durchzogenen Kühlergrill und den schlitzartigen LED-Leuchten. Ohne Frage, wer mit diesem Auto vorfährt, will auffallen. Er muss allerdings auch bereit sein, der Toyota-Tochter mindestens 78.400 Euro (ohne Mehrwertsteuer) überweisen. Und dafür gibt es lediglich die Basisversion des LS mit Hinterradantrieb (Allrad: 81.430 Euro).
Wirklich exklusiv wird der Wagen erst in den gehobenen Ausstattungslinien. Dann hebt sich die luftgefederte Karosserie um vier Zentimeter an, sobald der Fahrer die Tür entriegelt. Gleichzeitig fahren die beleuchteten Gurtschlösser um fünf Zentimeter hoch und die äußeren Seitenwangen der Sitze öffnen sich. Alles, damit die Passagiere bequemer einsteigen können.
Für den Chauffeur-Betrieb empfiehlt sich der LS in der gut 107.000 Euro teuren Luxury Line, mit Liegesitz hinten rechts. Dort lässt sich der vom Meeting erschöpfte Besitzer von sieben Massageprogrammen durchkneten, vom Entertainment-System berieseln oder vom Sound der 23 Lautsprecher der High-End-Musikanlage von Mark Levinson in den Schlaf wiegen. Wiegen? Der LS schwebt eher über Fahrbahnunebenheiten. Reifen- oder Windgeräusche? Gibt es praktisch nicht. Sie werden äußerst effektiv durch elektronische Gegengeräusche neutralisiert.
Dem Motor fehlt die Souveränität eines V8
So zieht sich der Begriff von Luxus durch den gesamten Fahrzeugkatalog, und wenn Liebe zum Detail als Luxus gilt, so fährt der Lexus in seinem Segment ganz vorne mit. Da wird beispielsweise meterweise offenporiges Walnussholz verlegt und für 12.700 Euro extra fertigen sogenannte Takumi-Meister Türverkleidungen mit handgeschliffenen gläsernen Applikationen und wie ein Origami gefaltete Stoffverkleidungen. Die Frage nach Spaltmaßen verbietet sich und über Geschmack muss man hier – anders als bei den Vorgängermodellen – kaum streiten. Der LS steht für diskreten Luxus wie wenige andere Autos.
Technisch jedoch glänzt der Lexus nicht in allen Punkten. Natürlich hat er die Assistenz-Armada an Bord, die man von einem Auto dieser Preisklasse erwartet. Er beschleunigt und bremst von alleine im Stau, weicht sogar selbstständig unachtsamen Fußgängern aus, warnt den Fahrer im Head-up-Display an unübersichtlichen Kreuzungen vor Querverkehr. Aber die kleinen Bildschirme und vor allem die komplizierte Menüführung des Bediensystems wollen nicht zum Anspruch passen, den die Marke nach außen trägt. Da es kaum Knöpfe gibt, werden fast alle Funktionen über ein empfindliches Touchpad in der Mittelkonsole gesteuert. Man muss sich konzentrieren und dabei auf den mittleren Bildschirm schauen, um den richtigen Menüpunkt zu treffen. Das lenkt stark ab. Nur um die Sitzheizung zu aktivieren, sind beispielsweise drei Schritte notwendig. Ein Sonderziel in der Navi zu suchen erweist sich für Lexus-Neulinge als fast unlösbare Aufgabe und auch in Sachen Konnektivität sind die deutschen Marken weiter vorne.
Gleiches gilt für den Antrieb. Statt des souveränen, 445 PS starken V8 des Vorgängers nutzt Lexus nun einen 3.5 V6 als Basis für den Hybridmotor. Die beiden E-Motoren und der Verbrenner kommen zusammen auf 356 PS und das Zusammenspiel klappt wie immer bei Toyota und Lexus perfekt. Ob der Wagen bis 140 km/h elektrisch oder mit Verbrenner fährt, ist nicht zu spüren. Und solange man nur mit 130 bis 150 Sachen über die Autobahn säuselt, ist alles in Ordnung. Dann pendelt sich der Verbrauch bei rund neun Litern ein, was für ein Auto dieses Kalibers völlig in Ordnung geht. Aber so richtig dynamisch will es nicht vorangehen. Natürlich kann man den Wagen auch schnell fahren. Spaß macht’s nicht, der Motor wirkt gequält, wird laut, die Verbrauchsanzeige schnellt auf 14 und mehr Liter. Fans des LS wird das sicher nicht abschrecken, zumal die Vorzüge die Nachteile bei weitem überwiegen. Allen voran die Gewissheit, kein Auto wie alle anderen zu fahren.